134 | ANTRITTSREDEN
ungeordneten Streuobjekten, z.B. Fremdatomen, in einem Raumbereich lokalisiert
werden können, aus dem sie als klassische Teilchen entkommen könnten. P. W.
Anderson hatte für seine Pionierarbeiten auf diesem Gebiet einige Zeit vorher den
Nobelpreis erhalten. Trotz bedeutender Fortschritte sind bis heute wesentliche
Eigenschaften dieser Systeme nicht verstanden, so dass ich mich bis heute mit dieser
Thematik beschäftige.
Im Jahre 1986 nahm ich einen Ruf auf eine „full professor“-Stelle an der Um-
versity of Florida in Gamesville, USA, an. Ich hatte den Auftrag, dort eine Gruppe
in „Condensed Matter Theory“ aufzubauen. Nach drei Jahren war der Kern der
Gruppe gebildet. Es zog mich nach Deutschland zurück und ich folgte einem Ruf
an die Universität Karlsruhe, als Nachfolger des von mir verehrten Kollegen Albert
Schmid.
In den folgenden Jahren habe ich den Sonderforschungsbereich 195 „Eokali-
sierung von Elektronen in makroskopischen und mikroskopischen Systemen“ mit-
gegründet, ebenso im Jahre 2001 das DFG-Forschungszentrum für „Funktionelle
Nanostrukturen“. Ich war Dekan der Fakultät für Physik und zehn Jahre lang Mit-
glied des Senats unserer Universität. Daneben war ich acht Jahre gewählter Fachgut-
achter der DFG. Ich bin bzw. war Mitherausgeber verschiedener Publikationsorga-
ne, unter anderem der „Springer Tracts in Modern Physics“ und der „Physical
Review Letters“. Ich bin Fellow des Institute of Physics und der American Physical
Society. Im Jahre 2000 wurde mir der Max-Planck-Forschungspreis verliehen, der
mir die Mittel gab, meine internationalen Kooperationen weiter auszubauen.
Zum Abschluss möchte ich kurz das wissenschaftliche Programm skizzieren,
das ich seit einigen Jahren verfolge und an dem ich weiterzuarbeiten gedenke. Es
geht dabei um die Entdeckung und Erfassung qualitativ neuer Verhaltensweisen von
kondensierter Materie mit den Mitteln der theoretischen Physik. Insbesondere inter-
essieren mich Phänomene, die erst durch die Quantennatur der Teilchen möglich
werden, also kein Analogon in der klassischen Physik besitzen.
Em typisches Beispiel dafür ist die Supraleitung, also die Eigenschaft bestimm-
ter Festkörper, den elektrischen Strom verlustfrei zu leiten. Dieses spektakuläre Phä-
nomen wurde vor beinahe 100 Jahren von dem holländischen Tieftemperaturphysi-
ker Kamerlingh Onnes entdeckt. Eine bahnbrechende Theorie der Supraleitung in
Metallen wurde etwa 50 Jahre später von Bardeen, Cooper und Schrieffer aufgestellt
(Bardeen war übrigens mehrfach Gast an unserem Institut). Diese Theorie hat die
gesamte theoretische Physik, insbesondere die Elementarteilchenphysik entschei-
dend beeinflusst. Bis zu diesem Zeitpunkt war Supraleitung auf den Bereich sehr tie-
fer Temperaturen beschränkt. Vor beinahe 20 Jahren wurde überraschend eine neue
Klasse von Supraleitern entdeckt, die bei wesentlich höheren Temperaturen (bis zu
130 Kelvin) supraleitend sind. Der zugrundeliegende Mechanismus ist trotz intensi-
ver Bemühungen von Tausenden von Wissenschaftlern noch ungeklärt. Man kann
aber vermuten, dass Supraleitung auch bei Zimmertemperatur existieren könnte.
Mögliche Mechanismen dafür sind zumindest als Ideen bekannt. Um diese realisie-
ren zu können ist die Herstellung künstlicher Materialien erforderlich, die auf ato-
marer Skala strukturiert sind, wie z.B. Schichtmaterialien, mikroskopisch inhomoge-
ungeordneten Streuobjekten, z.B. Fremdatomen, in einem Raumbereich lokalisiert
werden können, aus dem sie als klassische Teilchen entkommen könnten. P. W.
Anderson hatte für seine Pionierarbeiten auf diesem Gebiet einige Zeit vorher den
Nobelpreis erhalten. Trotz bedeutender Fortschritte sind bis heute wesentliche
Eigenschaften dieser Systeme nicht verstanden, so dass ich mich bis heute mit dieser
Thematik beschäftige.
Im Jahre 1986 nahm ich einen Ruf auf eine „full professor“-Stelle an der Um-
versity of Florida in Gamesville, USA, an. Ich hatte den Auftrag, dort eine Gruppe
in „Condensed Matter Theory“ aufzubauen. Nach drei Jahren war der Kern der
Gruppe gebildet. Es zog mich nach Deutschland zurück und ich folgte einem Ruf
an die Universität Karlsruhe, als Nachfolger des von mir verehrten Kollegen Albert
Schmid.
In den folgenden Jahren habe ich den Sonderforschungsbereich 195 „Eokali-
sierung von Elektronen in makroskopischen und mikroskopischen Systemen“ mit-
gegründet, ebenso im Jahre 2001 das DFG-Forschungszentrum für „Funktionelle
Nanostrukturen“. Ich war Dekan der Fakultät für Physik und zehn Jahre lang Mit-
glied des Senats unserer Universität. Daneben war ich acht Jahre gewählter Fachgut-
achter der DFG. Ich bin bzw. war Mitherausgeber verschiedener Publikationsorga-
ne, unter anderem der „Springer Tracts in Modern Physics“ und der „Physical
Review Letters“. Ich bin Fellow des Institute of Physics und der American Physical
Society. Im Jahre 2000 wurde mir der Max-Planck-Forschungspreis verliehen, der
mir die Mittel gab, meine internationalen Kooperationen weiter auszubauen.
Zum Abschluss möchte ich kurz das wissenschaftliche Programm skizzieren,
das ich seit einigen Jahren verfolge und an dem ich weiterzuarbeiten gedenke. Es
geht dabei um die Entdeckung und Erfassung qualitativ neuer Verhaltensweisen von
kondensierter Materie mit den Mitteln der theoretischen Physik. Insbesondere inter-
essieren mich Phänomene, die erst durch die Quantennatur der Teilchen möglich
werden, also kein Analogon in der klassischen Physik besitzen.
Em typisches Beispiel dafür ist die Supraleitung, also die Eigenschaft bestimm-
ter Festkörper, den elektrischen Strom verlustfrei zu leiten. Dieses spektakuläre Phä-
nomen wurde vor beinahe 100 Jahren von dem holländischen Tieftemperaturphysi-
ker Kamerlingh Onnes entdeckt. Eine bahnbrechende Theorie der Supraleitung in
Metallen wurde etwa 50 Jahre später von Bardeen, Cooper und Schrieffer aufgestellt
(Bardeen war übrigens mehrfach Gast an unserem Institut). Diese Theorie hat die
gesamte theoretische Physik, insbesondere die Elementarteilchenphysik entschei-
dend beeinflusst. Bis zu diesem Zeitpunkt war Supraleitung auf den Bereich sehr tie-
fer Temperaturen beschränkt. Vor beinahe 20 Jahren wurde überraschend eine neue
Klasse von Supraleitern entdeckt, die bei wesentlich höheren Temperaturen (bis zu
130 Kelvin) supraleitend sind. Der zugrundeliegende Mechanismus ist trotz intensi-
ver Bemühungen von Tausenden von Wissenschaftlern noch ungeklärt. Man kann
aber vermuten, dass Supraleitung auch bei Zimmertemperatur existieren könnte.
Mögliche Mechanismen dafür sind zumindest als Ideen bekannt. Um diese realisie-
ren zu können ist die Herstellung künstlicher Materialien erforderlich, die auf ato-
marer Skala strukturiert sind, wie z.B. Schichtmaterialien, mikroskopisch inhomoge-