Hermann Berger
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Aufenthalt. Zunächst galt es nun, am Südasien-Institut in Heidelberg das Fach Indo-
logie neu aufzubauen, und zwar von Grund auf und nach Gesichtspunkten, die
von überkommenen Vorbildern an deutschen Universitäten deutlich abwichen. Alt-
und mittelindische Sprachen und Texte blieben für die Indologie die Basis der aka-
demischen Ausbildung, es gelang sogar schon nach wenigen Jahren, mit Pandit Para-
meshvara Aithal einen traditionell ausgebildeten indischen Pandit auf Dauer an das
Südasien-Institut zu binden und damit Sanskrit nicht nur als Medium traditioneller
Gelehrsamkeit, sondern auch als noch lebende Sprache am Südasien-Institut zu
etablieren. Aber neuindische Sprachen und Literaturen (Hindi, Urdu,Tamil, Bengali)
traten hinzu, ebenso wie Philosophie und Volksreligion Indiens. Assistent Bergers
wurde Günther D. Sontheimer, der sich bei Duncan Derret in London auf alt-
indisches Recht spezialisiert hatte und später die Erforschung der Volksreligion im
Dekhan vorantrieb.Verantwortlich für moderne Sprachen wurde Lothar Lutze, dem
sich nacheinander Kamil Zvelebil und Ayyadurai Dhamotharan für Tamil sowie
Mujahid Zaidi für Urdu beigesellten. Ihnen allen hat Hermann Berger großzügig
Raum zur Entwicklung eigener Forschungsinteressen gewährt. Es war seine Über-
zeugung, dass man sich in Freiheit am besten entfaltet. Folglich ließ er auch in Bezug
auf die Lehre jedem seiner Mitarbeiter in gemeinsamer Absprache seinen eigenen
Weg. Das Arbeitsklima war freundlich und kollegial. Neue Initiativen, wie die For-
schungen Günther Sontheimers bei den Dhangars im Dekhan, die Einladungen
indischer Dichter durch Lothar Lutze, oder das Orissa-Projekt im Rahmen des Son-
derforschungsbereichs 11 der DFG wurden zugelassen und moralisch unterstützt,
ohne dass Hermann Berger sich selber in diesen Bereichen engagiert hätte. An Ver-
waltungsaufgaben hatte er wenig Interesse, war aber dennoch stets bereit, interessan-
te Initiativen zu unterstützen.
Sich auch in der Verwaltung zu engagieren, blieb Hermann Berger allerdings
nicht erspart.Turnusgemäß hatte er die Leitung des Südasieninstituts in den 70er Jah-
ren zu einer Zeit zu übernehmen, die durch interne Spannungen belastet war. Es war
dies für ihn eine schwierige Zeit, die ihm wenig Ruhe für seine Forschungen ließ
und seine ohnehin häufig labile Gesundheit stark strapazierte. Um Schaden vom SAI
abzuwenden, musste er sich in zermürbende Rechtsstreitigkeiten einlassen, die ihm
zutiefst zuwider waren und die er dennoch nicht umgehen konnte. Das Südasien-
Institut ging jedoch letztlich gestärkt und regeneriert aus dieser Krise hervor. Sein
Wirken als Dekan der Fakultät für Kulturwissenschaften 1979—81 war nach diesen
Erfahrungen deutlich weniger belastend und anschließend konnte sich Berger wie-
der mit neuem Elan seinen Forschungen zuwenden.
Als Universitätslehrer war Hermann Berger sicherlich einer der unkonventio-
nellsten in der Bundesrepublik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das äußerte
sich nicht nur in seiner sprudelnden und plastischen, oft bayrisch-drastischen Rede-
weise und in seiner ungewöhnlichen Körpersprache, auch nicht nur in seiner konse-
quenten Weigerung, die kostbare Zeit für seine Forschung der Teilnahme an Kon-
gressen oder an Mitgliederversammlungen der Deutschen Morgenländischen
Gesellschaft zu opfern. Es äußerte sich auch in der Vielzahl seiner Interessen und
gelegentlich sogar in der Wahl der Inhalte seiner Lehre. Denn abgesehen von höchst
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Aufenthalt. Zunächst galt es nun, am Südasien-Institut in Heidelberg das Fach Indo-
logie neu aufzubauen, und zwar von Grund auf und nach Gesichtspunkten, die
von überkommenen Vorbildern an deutschen Universitäten deutlich abwichen. Alt-
und mittelindische Sprachen und Texte blieben für die Indologie die Basis der aka-
demischen Ausbildung, es gelang sogar schon nach wenigen Jahren, mit Pandit Para-
meshvara Aithal einen traditionell ausgebildeten indischen Pandit auf Dauer an das
Südasien-Institut zu binden und damit Sanskrit nicht nur als Medium traditioneller
Gelehrsamkeit, sondern auch als noch lebende Sprache am Südasien-Institut zu
etablieren. Aber neuindische Sprachen und Literaturen (Hindi, Urdu,Tamil, Bengali)
traten hinzu, ebenso wie Philosophie und Volksreligion Indiens. Assistent Bergers
wurde Günther D. Sontheimer, der sich bei Duncan Derret in London auf alt-
indisches Recht spezialisiert hatte und später die Erforschung der Volksreligion im
Dekhan vorantrieb.Verantwortlich für moderne Sprachen wurde Lothar Lutze, dem
sich nacheinander Kamil Zvelebil und Ayyadurai Dhamotharan für Tamil sowie
Mujahid Zaidi für Urdu beigesellten. Ihnen allen hat Hermann Berger großzügig
Raum zur Entwicklung eigener Forschungsinteressen gewährt. Es war seine Über-
zeugung, dass man sich in Freiheit am besten entfaltet. Folglich ließ er auch in Bezug
auf die Lehre jedem seiner Mitarbeiter in gemeinsamer Absprache seinen eigenen
Weg. Das Arbeitsklima war freundlich und kollegial. Neue Initiativen, wie die For-
schungen Günther Sontheimers bei den Dhangars im Dekhan, die Einladungen
indischer Dichter durch Lothar Lutze, oder das Orissa-Projekt im Rahmen des Son-
derforschungsbereichs 11 der DFG wurden zugelassen und moralisch unterstützt,
ohne dass Hermann Berger sich selber in diesen Bereichen engagiert hätte. An Ver-
waltungsaufgaben hatte er wenig Interesse, war aber dennoch stets bereit, interessan-
te Initiativen zu unterstützen.
Sich auch in der Verwaltung zu engagieren, blieb Hermann Berger allerdings
nicht erspart.Turnusgemäß hatte er die Leitung des Südasieninstituts in den 70er Jah-
ren zu einer Zeit zu übernehmen, die durch interne Spannungen belastet war. Es war
dies für ihn eine schwierige Zeit, die ihm wenig Ruhe für seine Forschungen ließ
und seine ohnehin häufig labile Gesundheit stark strapazierte. Um Schaden vom SAI
abzuwenden, musste er sich in zermürbende Rechtsstreitigkeiten einlassen, die ihm
zutiefst zuwider waren und die er dennoch nicht umgehen konnte. Das Südasien-
Institut ging jedoch letztlich gestärkt und regeneriert aus dieser Krise hervor. Sein
Wirken als Dekan der Fakultät für Kulturwissenschaften 1979—81 war nach diesen
Erfahrungen deutlich weniger belastend und anschließend konnte sich Berger wie-
der mit neuem Elan seinen Forschungen zuwenden.
Als Universitätslehrer war Hermann Berger sicherlich einer der unkonventio-
nellsten in der Bundesrepublik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das äußerte
sich nicht nur in seiner sprudelnden und plastischen, oft bayrisch-drastischen Rede-
weise und in seiner ungewöhnlichen Körpersprache, auch nicht nur in seiner konse-
quenten Weigerung, die kostbare Zeit für seine Forschung der Teilnahme an Kon-
gressen oder an Mitgliederversammlungen der Deutschen Morgenländischen
Gesellschaft zu opfern. Es äußerte sich auch in der Vielzahl seiner Interessen und
gelegentlich sogar in der Wahl der Inhalte seiner Lehre. Denn abgesehen von höchst