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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2005 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2005
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Dold, Albrecht: Dieter Puppe (16.12.1930 - 13.8.2005)
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https://doi.org/10.11588/diglit.67593#0142
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Dieter Puppe | 155

Seine frühen Arbeiten beziehen sich auf konkrete Einzelprobleme, Fragen der Kno-
tentheorie und Abbildungen von Mannigfaltigkeiten in Sphären. In der Knoten-
theorie wird untersucht, welche wesentlichen verschiedenen Möglichkeiten der Ver-
knotung von Kurven im Raum es gibt und wie man diese durch sogenannte Inva-
rianten unterscheidet. Die Aufklärung des Zusammenhangs zwischen zwei Arten
solcher Invarianten wurde Gegenstand seiner Diplomarbeit, die zugleich seine erste
Veröffentlichung wurde.
Nach noch einer weiteren Arbeit zur Knotentheorie hat er sich anderen Tei-
len der Topologie zugewandt. Sem Hauptinteresse galt jetzt den großen Theorien
und allgemeinen Methoden der algebraischen Topologie, vor allem der Homotopie-
theorie, und einem damals noch ganz jungen Grenzgebiet zwischen Topologie und
Algebra, der Homologischen Algebra. In seiner großen Arbeit über Homotopie-
mengen und ihre induzierten Abbildungen führt er eine exakte Folge ein, die jeder
stetigen Abbildung zwischen topologischen Räumen zugeordnet werden kann und
die heute allgemein als „Puppe-Sequenz“ bezeichnet wird. Sie ist grundlegend für
viele Homotopiefragen und über der Topologie hinaus von fundamentaler Bedeu-
tung. Der Erfolg führte zu zahlreichen Auslandsaufenthalten. Schon 1957/58 arbei-
tete er am berühmten Institute for Advanced Studies in Princeton, später als Gast-
wissenschaftler u.a. in den USA, Mexiko und am Institut des Hautes Etudes in Bures
surYvette. 1960 folgte er einem Ruf nach Saarbrücken, 1968 nach Heidelberg.
Eine Reihe von Puppes Arbeiten bezieht sich auf die Theorie der Kategorien
und Funktoren. Diese Begriffe wurden von Samuel Eilenberg und Saunders MacLane
in den vierziger Jahren als Hilfsmittel in die Topologie eingeführt. In den folgenden
Jahrzehnten ist daraus eine selbständige Disziplin entstanden, eine Entwicklung, an
der Puppe wesentlichen Anteil hatte. In einer gemeinsamen Abhandlung mit
Albrecht Dold wird im Rahmen semisimplizialer Begriffsbildungen die Theorie
der derivierten Funktoren von additiven auf beliebige Funktoren verallgemeinert.
Daraus ergeben sich wichtige Anwendungen auf dem Gebiet der Topologie. Zusam-
menfassende Darstellungen über Homotopietheorie und Kategorien hat Puppe in
mehreren Bänden der Lecture Notes in Mathematics veröffentlicht.
Als Dieter Puppe an seinem sechzigsten Geburtstages, im Rahmen eines
Gesellschaftsspieles, gebeten wurde, seine wichtigsten Charaktereigenschaften zu
benennen, nannte er Pedanterie und em starkes Bedürfnis nach Harmonie. Die
Pedanterie muss man bei ihm aber als überaus positiv einstufen. Er war in der Tat
akribisch genau in seinen Arbeiten und Vorlesungen. Diese Vorlesungen wurden
dann mit soviel sprudelndem Enthusiasmus in breiten Bahnen vorgetragen, dass die
Akribie nur zum besseren Verständnis beigetragen hat. Er war ein herausragender
Lehrer, der viel von seinen Schülern verlangte und sich sehr für sie einsetzte. Schüler
in aller Welt verdanken ihm Anregung und Erfolg. Viele von ihnen wurden später
Lehrstuhlinhaber in Deutschland, den Vereinigten Staaten und Mexiko.
Dieter Puppe hat sich stets der Lehre und der Wissenschaftsorganisation ver-
pflichtet gefühlt. Wichtige Gremien der Universität Heidelberg, des Landes und des
Bundes schulden ihm Dank für seine Mitarbeit. Puppe hat in den schweren Jahren
nach 1968 intensiv im Verwaltungsrat der Universität mitgearbeitet. Puppe war stark
 
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