182 | TÄTIGKEITSBERICHTE
Leider stellen die meisten (ca. 90%) fossilen Riffkorallen kein vollständig
geschlossenes System für U und Th dar, so dass das Th/U-Alter nachträglich ver-
fälscht wird. Diese Störungen werden mit dem Begriff diagenetische Veränderungen
bezeichnet. Um die nachträglichen Störungen des Systems zu korrigieren, wurde im
Rahmen der Dissertation von Denis Scholz ein Isochronenverfahren entwickelt, das
es ermöglicht, auch für stark veränderte Korallen, die Uran aus dem umgebenden
Gestein aufnahmen, noch ein glaubwürdiges Th/U-Alter zu bestimmen (Scholz et
al., 2004). Im Rahmen der Diplomarbeit von Kerstin Bohn wurde im vergangenen
Jahr dieses Verfahren erfolgreich an drei extrem diagenetisch veränderten Korallen
der Gattung Porites aus Baja California, Mexiko, angewendet. Die Datierung ergab
Alter zwischen 110 (+16 —12) und 134 (+12 —9) ka (ka: tausend Jahren), was zeigt,
dass alle Korallen während des letzten Interglazials entstanden sind. Dies stellt die
erste zuverlässige Datierung von Korallen aus Baja California dar.
Des Weiteren wurden fossile Acropora palmata Korallen aus Barbados unter-
sucht, die aus dem Marinen Isotopenstadium (MIS) 6.5 stammen. MIS 6.5 war eine
Phase außergewöhnlichen Klimas innerhalb der letzten 200 ka. Auch diese Korallen
zeigen Anzeichen für diagenetische Veränderungen, die aber leider nicht mit dem
Isochronenverfahren korrigiert werden können, weil das Uran offensichtlich inner-
halb einer Probe umgelagert wurde. Durch die Anwendung weiterer Kriterien
konnten dennoch aus einer großen Anzahl von Th/U-Bestimmungen einzelne Pro-
ben mit glaubwürdigem Alter identifiziert werden. Diese zeigen, dass im Stadium
MIS 6.5 zwischen 168,9 + 1,4 und 176 ± 2,8 ka der Meeresspiegel bei —50 ± 11 m
relativ zum heutigen Niveau lag (Scholz and Mangini, in Druck).
FOR 668: Forschergruppe Datierte Speläotheme: Archive der Paläoumwelt
In Heidelberg haben wir 1995 erste Stalagmiten datiert. Der jetzige Stand der For-
schung zeigt, dass wir mit präzise datierten Stalagmiten ein Archiv für den Nieder-
schlag haben, aus dem man qualitativ (d.h. „mehr“ oder „weniger“) die Nieder-
schlagsmenge ableiten kann. Die Bedeutung des Niederschlags für die Entwicklung
des Klimas ist beim letzten Workshop der DEKLIM Gruppe in Mainz (März 2005)
hervorgehoben worden. So haben mehrere Klima-Modellierer betont, dass der Nie-
derschlag einen großen Einfluss auf die Vegetation und somit auf die Albedo hat. Bis-
her ist eine quantitative Rekonstruktion des Niederschlags aus Proxy-Daten nicht
möglich.
Das Ziel der Forschergruppe ist es, die grundlegenden Mechanismen, die das
Wachstum und die Zusammensetzung von Speläothemen kontrollieren, durch kom-
binierte Feld- und Laborexperimente zu verstehen. Dies gilt insbesondere für die
Beeinflussung der Sauerstoffisotopie durch kinetische Prozesse. Das Verständnis die-
ser grundlegenden Mechanismen wird erstmals ermöglichen, eine zeitlich hochauf-
gelöste Information zur Intensität des Niederschlags und der Temperatur in der Ver-
gangenheit zu gewinnen, womit Speläotheme zu einem exakt datierten kontinenta-
len Archiv mit quantitativer Klimainformation avancieren werden. Durch
Anwendung an spätquartären Speläothemen soll die zeitliche und räumliche Varia-
Leider stellen die meisten (ca. 90%) fossilen Riffkorallen kein vollständig
geschlossenes System für U und Th dar, so dass das Th/U-Alter nachträglich ver-
fälscht wird. Diese Störungen werden mit dem Begriff diagenetische Veränderungen
bezeichnet. Um die nachträglichen Störungen des Systems zu korrigieren, wurde im
Rahmen der Dissertation von Denis Scholz ein Isochronenverfahren entwickelt, das
es ermöglicht, auch für stark veränderte Korallen, die Uran aus dem umgebenden
Gestein aufnahmen, noch ein glaubwürdiges Th/U-Alter zu bestimmen (Scholz et
al., 2004). Im Rahmen der Diplomarbeit von Kerstin Bohn wurde im vergangenen
Jahr dieses Verfahren erfolgreich an drei extrem diagenetisch veränderten Korallen
der Gattung Porites aus Baja California, Mexiko, angewendet. Die Datierung ergab
Alter zwischen 110 (+16 —12) und 134 (+12 —9) ka (ka: tausend Jahren), was zeigt,
dass alle Korallen während des letzten Interglazials entstanden sind. Dies stellt die
erste zuverlässige Datierung von Korallen aus Baja California dar.
Des Weiteren wurden fossile Acropora palmata Korallen aus Barbados unter-
sucht, die aus dem Marinen Isotopenstadium (MIS) 6.5 stammen. MIS 6.5 war eine
Phase außergewöhnlichen Klimas innerhalb der letzten 200 ka. Auch diese Korallen
zeigen Anzeichen für diagenetische Veränderungen, die aber leider nicht mit dem
Isochronenverfahren korrigiert werden können, weil das Uran offensichtlich inner-
halb einer Probe umgelagert wurde. Durch die Anwendung weiterer Kriterien
konnten dennoch aus einer großen Anzahl von Th/U-Bestimmungen einzelne Pro-
ben mit glaubwürdigem Alter identifiziert werden. Diese zeigen, dass im Stadium
MIS 6.5 zwischen 168,9 + 1,4 und 176 ± 2,8 ka der Meeresspiegel bei —50 ± 11 m
relativ zum heutigen Niveau lag (Scholz and Mangini, in Druck).
FOR 668: Forschergruppe Datierte Speläotheme: Archive der Paläoumwelt
In Heidelberg haben wir 1995 erste Stalagmiten datiert. Der jetzige Stand der For-
schung zeigt, dass wir mit präzise datierten Stalagmiten ein Archiv für den Nieder-
schlag haben, aus dem man qualitativ (d.h. „mehr“ oder „weniger“) die Nieder-
schlagsmenge ableiten kann. Die Bedeutung des Niederschlags für die Entwicklung
des Klimas ist beim letzten Workshop der DEKLIM Gruppe in Mainz (März 2005)
hervorgehoben worden. So haben mehrere Klima-Modellierer betont, dass der Nie-
derschlag einen großen Einfluss auf die Vegetation und somit auf die Albedo hat. Bis-
her ist eine quantitative Rekonstruktion des Niederschlags aus Proxy-Daten nicht
möglich.
Das Ziel der Forschergruppe ist es, die grundlegenden Mechanismen, die das
Wachstum und die Zusammensetzung von Speläothemen kontrollieren, durch kom-
binierte Feld- und Laborexperimente zu verstehen. Dies gilt insbesondere für die
Beeinflussung der Sauerstoffisotopie durch kinetische Prozesse. Das Verständnis die-
ser grundlegenden Mechanismen wird erstmals ermöglichen, eine zeitlich hochauf-
gelöste Information zur Intensität des Niederschlags und der Temperatur in der Ver-
gangenheit zu gewinnen, womit Speläotheme zu einem exakt datierten kontinenta-
len Archiv mit quantitativer Klimainformation avancieren werden. Durch
Anwendung an spätquartären Speläothemen soll die zeitliche und räumliche Varia-