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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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I. Das Geschäftsjahr 2008
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 25. Oktober 2008
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Mosbrugger, Volker: Bedeuten Evaluationen einen Fortschritt für die Wissenschaften?: persönliche Erfahrungen und Überlegungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.67591#0096
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25. Oktober 2008

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internen Traditionen und Machtkämpfen befangenen Wissenschaftler vor Ort;
Verhärtungen, Unbeweglichkeiten, Stillstand, aber auch tradierte Fehlentwicklungen
können so oft leichter überwunden werden.
Ungeachtet ihres großen Potentials bergen Strukturevaluationen jedoch auch
besondere Gefahren. Mehrfach habe ich erlebt, wie externe Expertengruppen auf-
grund ihrer Unkenntnis der Details und speziellen Strukturen vor Ort, Empfehlun-
gen abgaben, die sich in der konkreten Praxis als nicht durchführbar erwiesen. Dar-
über hinaus spielen auch hier die charakteristischen menschlichen Schwächen (s.o.)
eine nicht zu unterschätzende Rolle. Es ist nur allzu verständlich und allenthalben
zu beobachten, dass Gutachter vielfach pro domo agieren, für ihr Fach kämpfen oder
diejenigen Strukturen versuchen durchzusetzen, die sie in ihrer eigenen Einrichtung
gerne hätten. So lehrt die Erfahrung, dass Strukturevaluationen oft nicht wirklich
ergebnisoffen sind („Sage mir die Peers und ich sage Dir das Ergebnis...“), ein „Miss-
brauch“ durch Gutachter und Auftraggeber ist nicht immer leicht auszuschließen.
So gilt eben auch für Strukturevaluationen: sie sind notwenig und hilfreich,
können aber den hohen Erwartungen in der Regel nicht wirklich gerecht werden.
Fazit
„Bedeuten Evaluationen einen Fortschritt für die Wissenschaften“ — diese eingangs
gestellte Frage ist vermutlich falsch formuliert: Evaluationen im Sinne einer Bewer-
tung von wissenschaftlicher Leistung durch andere als Entscheidungsgrundlage für
die Zuteilung von Ressourcen und Ehrungen gibt es vermutlich so lange wie es
finanzierte Wissenschaft gibt. Evaluationen sind somit integraler Bestandteil der Wis-
senschaft und notwendig für eine „Evolution der Wissenschaft“. Evaluationen spie-
len daher in der Entwicklung der Wissenschaften eine durchaus ähnliche Rolle wie
die Selektion in der biologischen Evolution. Ähnlich wie die Natürliche Selektion
sind aber auch Evaluationen streng genommen zukunftsblind und alles andere als
fehlerfrei.
Ist die Bedeutung von Evaluationen für den Fortschritt der Wissenschaften
offenkundig, bleibt die optimale Form der Evaluation strittig. Was wir brauchen ist
eine „Wissenschaft der Evaluation“, die sich wissenschaftlich seriös mit den Stärken
— und Schwächen der verschiedenen Evaluationsverfahren und -kriterien auseinan-
der setzt,
— ausreichend Freiräume für „spielerische Wissenschaft“, da vor allem sie die wirk-
lichen Innovationen schafft (ihre Rolle ist vergleichbar der Rolle der Mutation in
der biologischen Evolution),
— Spitzen-Gutachter, die sich nicht nur durch wissenschaftliche Exzellenz, sondern
auch durch „persönliche Größe“ auszeichnen.
Gleichwohl sollten wir uns mit einer bekannten Lehre aus der Optimierungstheorie
abfinden: Bei einer Multikriterien-Optimierung wie es die Suche nach der optima-
len Evaluationsform darstellt, gibt es naturgemäß nicht eine einzige optimale
Lösung, sondern zahlreiche, mehr oder weniger vergleichbar gute Lösungen.
 
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