Akademiekonferenzen für junge Wissenschafter
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einer „Protobürokratie“ im 4. Jh. n. Chr. und trat dafür ein, Bürokratie als heuristi-
schen Begriff für die behandelte Zeit zwar nicht abzulehnen, ihn jedoch zu relati-
vieren. Vielmehr müssten neben einer Protobürokratie im Rahmen der Militärver-
waltung auch andere Kräfte wie die Monarchie und die traditionellen Eliten berück-
sichtigt werden. Die Amtervergabe gehörte dabei zu einem System von Ehrungen,
deren Bezugspunkt die Nähe zum Kaiser war. Hierdurch sollte einer Entpersonali-
sierung der Herrschaft entgegengewirkt und die traditionellen Eliten in die Herr-
schaft einbezogen werden. Auch Toby Osborne (Frühe Neuzeit, Durham) wies in
seinem Vortrag über die Entwicklungen der frühneuzeitlichen Diplomatie am Bei-
spiel Savoyens auf die Ambivalenz zwischen intensiviertem Verwaltungsapparat und
Interessen adliger Eliten hin. Er hob hervor, dass die Entwicklung der Diplomatie im
Europa des 16. Jahrhunderts eben nicht eine Bürokratisierung hervorbrachte, son-
dern vielmehr eine komplexe Interaktion zwischen der regierenden Dynastie und
den in ihrem Dienst stehenden Familien. So zeigte sich der diplomatische Dienst, in
Parallele zu militärischen und kirchlichen Karrieren, als eine Strategie zur Erhaltung
und Steigerung von Prestige und Status.
Mit einem Vergleich der führenden Magistraturen der hohen Kaiserzeit und
des 4. Jahrhunderts versuchte Werner Eck (Alte Geschichte, Köln) eine Antwort auf
die Frage, ob und wie sich in der römischen Bürokratie ein Prinzip durchsetzte, das
sich mit „Professionalität“ beschreiben ließe; dabei wurde deutlich, dass es für die aus
dem Senatsadel stammenden Beamten keine Form von „theoretischer“, vorberei-
tender Schulung gab, sondern dass man sich die notwendigen Kenntnisse für die
Führung von Behörden primär durch akkumulierte Praktiken und Erfahrungen
aneignete. Birgit Emich (Frühe Neuzeit, Freiburg) setze sich dagegen explizit von
der bis dahin impliziten Auseinandersetzung mit Max Weber ab und plädierte für
einen systemtheoretischen Ansatz. In ihrer Untersuchung zur Institutionalisierung
von Patronagebeziehungen im Sekretariat des Papstnepoten zeichnete sie im Rück-
griff auf organisationssoziologische Überlegungen die Entwicklung von Behörden
als Zurückdrängung beschränkter informeller Kommunikation, die durch persönli-
che Interaktion charakterisiert ist. Dabei demonstrierte Emich, wie selbst die eigent-
lich der informellen Kommunikation zuzurechnende Patronage in die organisatio-
nale Kommunikation der päpstlichen Behörden des 16. Jahrhunderts integriert
wurde. Diese „Formalisierung des Informellen“ erhöhte nicht nur die Reichweite
der Klientelnetzwerke, sondern garantierte auch die Stabilisierung der jungen
Behörden selbst.
Der Frage nach dem Verhältnis von Zentralgewalt und lokalem Regiment ging
der folgende Tagungsteil nach. Sebastian Schmidt-Hofner (Alte Geschichte, Heidel-
berg) und Christian Wieland (Frühe Neuzeit, Freiburg) gingen dabei auf die Rolle
des Rechtswesens für die Entwicklung der Staatlichkeit ein. In Anwendung des
Modells der Justiznutzung aus der Frühneuzeitforschung auf die Alte Geschichte
entwickelte Schmidt-Hofner die These, dass in der römischen Kaiserzeit weder fak-
tisch noch der Intention nach von einer Zentralisierung oder Systematisierung des
Justizsystems von oben die Rede sein könne. Vielmehr habe die Nachfrage der
Bevölkerung den Motor für die Entwicklung des Justizwesens dargestellt. Dass dabei
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einer „Protobürokratie“ im 4. Jh. n. Chr. und trat dafür ein, Bürokratie als heuristi-
schen Begriff für die behandelte Zeit zwar nicht abzulehnen, ihn jedoch zu relati-
vieren. Vielmehr müssten neben einer Protobürokratie im Rahmen der Militärver-
waltung auch andere Kräfte wie die Monarchie und die traditionellen Eliten berück-
sichtigt werden. Die Amtervergabe gehörte dabei zu einem System von Ehrungen,
deren Bezugspunkt die Nähe zum Kaiser war. Hierdurch sollte einer Entpersonali-
sierung der Herrschaft entgegengewirkt und die traditionellen Eliten in die Herr-
schaft einbezogen werden. Auch Toby Osborne (Frühe Neuzeit, Durham) wies in
seinem Vortrag über die Entwicklungen der frühneuzeitlichen Diplomatie am Bei-
spiel Savoyens auf die Ambivalenz zwischen intensiviertem Verwaltungsapparat und
Interessen adliger Eliten hin. Er hob hervor, dass die Entwicklung der Diplomatie im
Europa des 16. Jahrhunderts eben nicht eine Bürokratisierung hervorbrachte, son-
dern vielmehr eine komplexe Interaktion zwischen der regierenden Dynastie und
den in ihrem Dienst stehenden Familien. So zeigte sich der diplomatische Dienst, in
Parallele zu militärischen und kirchlichen Karrieren, als eine Strategie zur Erhaltung
und Steigerung von Prestige und Status.
Mit einem Vergleich der führenden Magistraturen der hohen Kaiserzeit und
des 4. Jahrhunderts versuchte Werner Eck (Alte Geschichte, Köln) eine Antwort auf
die Frage, ob und wie sich in der römischen Bürokratie ein Prinzip durchsetzte, das
sich mit „Professionalität“ beschreiben ließe; dabei wurde deutlich, dass es für die aus
dem Senatsadel stammenden Beamten keine Form von „theoretischer“, vorberei-
tender Schulung gab, sondern dass man sich die notwendigen Kenntnisse für die
Führung von Behörden primär durch akkumulierte Praktiken und Erfahrungen
aneignete. Birgit Emich (Frühe Neuzeit, Freiburg) setze sich dagegen explizit von
der bis dahin impliziten Auseinandersetzung mit Max Weber ab und plädierte für
einen systemtheoretischen Ansatz. In ihrer Untersuchung zur Institutionalisierung
von Patronagebeziehungen im Sekretariat des Papstnepoten zeichnete sie im Rück-
griff auf organisationssoziologische Überlegungen die Entwicklung von Behörden
als Zurückdrängung beschränkter informeller Kommunikation, die durch persönli-
che Interaktion charakterisiert ist. Dabei demonstrierte Emich, wie selbst die eigent-
lich der informellen Kommunikation zuzurechnende Patronage in die organisatio-
nale Kommunikation der päpstlichen Behörden des 16. Jahrhunderts integriert
wurde. Diese „Formalisierung des Informellen“ erhöhte nicht nur die Reichweite
der Klientelnetzwerke, sondern garantierte auch die Stabilisierung der jungen
Behörden selbst.
Der Frage nach dem Verhältnis von Zentralgewalt und lokalem Regiment ging
der folgende Tagungsteil nach. Sebastian Schmidt-Hofner (Alte Geschichte, Heidel-
berg) und Christian Wieland (Frühe Neuzeit, Freiburg) gingen dabei auf die Rolle
des Rechtswesens für die Entwicklung der Staatlichkeit ein. In Anwendung des
Modells der Justiznutzung aus der Frühneuzeitforschung auf die Alte Geschichte
entwickelte Schmidt-Hofner die These, dass in der römischen Kaiserzeit weder fak-
tisch noch der Intention nach von einer Zentralisierung oder Systematisierung des
Justizsystems von oben die Rede sein könne. Vielmehr habe die Nachfrage der
Bevölkerung den Motor für die Entwicklung des Justizwesens dargestellt. Dass dabei