Akadenriekonferenzen für junge Wissenschafter
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rende Wirkung des Christentums, hier auf das römische Kaiserreich. Die Entschei-
dung Konstantins für das Christentum sei bei aller Kontingenz mit Erwartungen
nach Herrschaftsstabilisierung verbunden gewesen. Diese Hoffnungen habe das
Christentum allerdings nur zum Teil einlösen können. Auf administrativer Ebene
stellte die Kirche teilweise eine unterstützende Kraft dar, und das Christentum wirk-
te sich unmittelbar auf die Legitimitätsstiftung des Kaisertums aus. Andererseits
erwies sich die Institution Kirche als von den kaiserlichen Strukturen unabhängig,
und theologische Streitigkeiten konnten durch kaiserliches Eingreifen zu politischen
Konflikten eskalieren.
Während Lotz-Heumann undTiersch die prekären Auswirkungen konfessio-
neller bzw. religiöser Monopolisierungstendenzen thematisierten, zeigte Antje
Flüchter (Frühe Neuzeit, jetzt Heidelberg) mit Blick auf das indische Mogulreich
des 16. Jahrhunderts, wie sich dort eine religiöse Ambiguitätstoleranz herrschaftssta-
bilisierend auswirkte. Aufgrund weitausgreifender Eroberungen sah der Mogul Akbar
sich mit der Herausforderung konfrontiert, zahlreiche nicht-islamische Territorien in
sein Reich integrieren zu müssen. In der Konsequenz führte Akbar nicht nur eine
religiöse Toleranz ein, die alle Religionen in seinem Herrschaftsbereich gleich stell-
te, sondern strengte auch transkonfessionelle Religionsgespräche an. Diese offene
Religionspolitik überdauerte jedoch keine zwei Generationen. Flüchter stellte zu
Diskussion, ob im Sinne einer connected history konfessionelle Homogenisierungs-
bestrebungen und Konfessionsneutralität sowohl in Europa als auch in Indien als Teil
eines globalen Prozesses gesehen werden können.
Um die Formierung der Gesellschaft ging es im letzten Tagungsabschnitt. Die
Schwierigkeiten bei der Integration von existierenden Eliten in verdichtete Herr-
schaftsstrukturen waren das gemeinsame Thema der Vorträge von John Weisweiler
und Jeroen Duindam. Für die spätantike kaiserliche Verwaltung des 4. Jahrhunderts
arbeitete Weisweiler (Alte Geschichte, Cambridge UK) heraus, dass kaiserliche Ent-
scheidungen immer die Unterstützung der lokalen Eliten benötigten, um eine
Chance auf Durchsetzung zu haben. Im Gegenzug traten diese an die kaiserliche
Verwaltung heran, um ihre eigenen Interessen zu verteidigen. Durch den in der kai-
serlichen Verwaltung einsetzenden Rationalisierungsprozess habe die Unterstützung
der lokalen Eliten an Bedeutung zugenommen, da man sich ihrer bei der Durch-
setzung des neuen Systems versichern musste. Durch einen komparatististischen
Zugang schärfte Jeroen Duindam (Frühe Neuzeit, Utrecht) dann die Charakteristi-
ka des Verhältnisses von Herrscher und Eliten im frühneuzeitlichen Europa. Dabei
zeigte sich im Vergleich zu osmanischen und chinesischen Verhältnissen z.B. der
starke Einfluss der Erblichkeit des Elitestatus im europäischen Adel. Kulturenüber-
greifend bestätigte sich, dass auch theoretisch allgewaltige Herrscher in höchstem
Maße abhängig von den gesellschaftlichen Eliten waren.
In Bezug auf die Bevölkerung rückte schließlich sowohl im Beitrag für die
Spätantike als auch dem für die Frühe Neuzeit die Frage nach der Konstruktion von
Gesellschaft durch die Herrschenden und deren Konfrontation mit gesellschaftlicher
Realität in den Mittelpunkt. Dabei zeigte Peter Sarris (Alte Geschichte, Cambridge
UK) am Beispiel der Annäherung der coloni adscripti an den Sklavenstatus, dass solche
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rende Wirkung des Christentums, hier auf das römische Kaiserreich. Die Entschei-
dung Konstantins für das Christentum sei bei aller Kontingenz mit Erwartungen
nach Herrschaftsstabilisierung verbunden gewesen. Diese Hoffnungen habe das
Christentum allerdings nur zum Teil einlösen können. Auf administrativer Ebene
stellte die Kirche teilweise eine unterstützende Kraft dar, und das Christentum wirk-
te sich unmittelbar auf die Legitimitätsstiftung des Kaisertums aus. Andererseits
erwies sich die Institution Kirche als von den kaiserlichen Strukturen unabhängig,
und theologische Streitigkeiten konnten durch kaiserliches Eingreifen zu politischen
Konflikten eskalieren.
Während Lotz-Heumann undTiersch die prekären Auswirkungen konfessio-
neller bzw. religiöser Monopolisierungstendenzen thematisierten, zeigte Antje
Flüchter (Frühe Neuzeit, jetzt Heidelberg) mit Blick auf das indische Mogulreich
des 16. Jahrhunderts, wie sich dort eine religiöse Ambiguitätstoleranz herrschaftssta-
bilisierend auswirkte. Aufgrund weitausgreifender Eroberungen sah der Mogul Akbar
sich mit der Herausforderung konfrontiert, zahlreiche nicht-islamische Territorien in
sein Reich integrieren zu müssen. In der Konsequenz führte Akbar nicht nur eine
religiöse Toleranz ein, die alle Religionen in seinem Herrschaftsbereich gleich stell-
te, sondern strengte auch transkonfessionelle Religionsgespräche an. Diese offene
Religionspolitik überdauerte jedoch keine zwei Generationen. Flüchter stellte zu
Diskussion, ob im Sinne einer connected history konfessionelle Homogenisierungs-
bestrebungen und Konfessionsneutralität sowohl in Europa als auch in Indien als Teil
eines globalen Prozesses gesehen werden können.
Um die Formierung der Gesellschaft ging es im letzten Tagungsabschnitt. Die
Schwierigkeiten bei der Integration von existierenden Eliten in verdichtete Herr-
schaftsstrukturen waren das gemeinsame Thema der Vorträge von John Weisweiler
und Jeroen Duindam. Für die spätantike kaiserliche Verwaltung des 4. Jahrhunderts
arbeitete Weisweiler (Alte Geschichte, Cambridge UK) heraus, dass kaiserliche Ent-
scheidungen immer die Unterstützung der lokalen Eliten benötigten, um eine
Chance auf Durchsetzung zu haben. Im Gegenzug traten diese an die kaiserliche
Verwaltung heran, um ihre eigenen Interessen zu verteidigen. Durch den in der kai-
serlichen Verwaltung einsetzenden Rationalisierungsprozess habe die Unterstützung
der lokalen Eliten an Bedeutung zugenommen, da man sich ihrer bei der Durch-
setzung des neuen Systems versichern musste. Durch einen komparatististischen
Zugang schärfte Jeroen Duindam (Frühe Neuzeit, Utrecht) dann die Charakteristi-
ka des Verhältnisses von Herrscher und Eliten im frühneuzeitlichen Europa. Dabei
zeigte sich im Vergleich zu osmanischen und chinesischen Verhältnissen z.B. der
starke Einfluss der Erblichkeit des Elitestatus im europäischen Adel. Kulturenüber-
greifend bestätigte sich, dass auch theoretisch allgewaltige Herrscher in höchstem
Maße abhängig von den gesellschaftlichen Eliten waren.
In Bezug auf die Bevölkerung rückte schließlich sowohl im Beitrag für die
Spätantike als auch dem für die Frühe Neuzeit die Frage nach der Konstruktion von
Gesellschaft durch die Herrschenden und deren Konfrontation mit gesellschaftlicher
Realität in den Mittelpunkt. Dabei zeigte Peter Sarris (Alte Geschichte, Cambridge
UK) am Beispiel der Annäherung der coloni adscripti an den Sklavenstatus, dass solche