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Arno
Scutum canonicorum: Edition, Übersetzung, Kommentar — Klöster als Innovationslabore, Band 11: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72133#0025
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2. Scutum canonicorum

gedessen kam es zu einer Spaltung der Kanonikerbewegung in den ordo antiquus
und in den ordo novus. Die gemäßigteren Kanoniker des erstgenannten folgten dem
Praeceptum, wohingegen Reformkanoniker und Prämonstratenser nach der gesam-
ten Regel (Ordo monasterii und Praeceptum) lebten. Natürlich schloss diese Spal-
tung die Mischformen nicht aus.78 Springiersbach, Klosterrath und Premontre schlos-
sen sich dem ordo novus an, Rottenbuch, Marbach und Saint-Ruf waren Vertreter des
ordo antiquus?9 Vor allem über personelle Netzwerke strahlten die Einflüsse des
ordo novus und die Rezeption des Ordo monasterii auch in den Salzburger Reform-
kreis aus.80
Die Zitate aus dem Scutum canonicorum legen nahe, dass Arno auf eine Hand-
schrift zurückgreifen konnte, die das Praeceptum longius, also den Gesamttext aus
Praeceptum und Ordo monasterii, überlieferte.81 Da der Reichersberger Dekan an
einer Stelle, an der er die Verstoßung von Konventsmitgliedern behandelt, einen Aus-
schnitt aus einem undatierten Brief von Papst Gelasius II. (amt. 1118-1119) über die
stabilitas loci zitiert,82 lässt sich vermutlich die Regelhandschrift, die Arno zugrunde
lag, etwas näher bestimmen. Denn der Codex Vindobonensis Palatinus 1482, der sich
heute in der Wiener Nationalbibliothek befindet und wahrscheinlich in der ersten
Hälfte des 12. Jahrhunderts im Salzburger Raum geschrieben wurde, enthält neben
dem Ordo monasterii (fol. 157r), dem Praeceptum (foll. 158r-160v) und den Consue-
tudines Springirsbacenses-Rodenses (foll. 25r-73r) genau diesen von Arno zitierten
Gelasius-Brief (fol. 157v) (Abb. 3).83
Bei dieser Handschrift, die sich ehemals im Besitz des Salzburger Domkapitels
befand, handelt es sich nach Meinung von Weinfurter um einen „typischen Regular-
kanonikercodex".84 Genau vor diesem undatierten Brief des Gelasius befindet sich
ein weiterer Brief desselben Papstes an den Propst Richard von Springiersbach, der

Verheijen, S. 417-437. Siehe außerdem die verschiedenen Beiträge im Tagungsband der Akademie
der Augustiner-Chorherren von Windesheim und des Sonderforschungsbereichs 537, der im Projekt
C „Institutionelle Strukturen religiöser Orden im Mittelalter" entstanden ist: Gert MELVILLE/Anne
Müller (Hg.), Regula Sancti Augustini.
78 Der Begriff wurde wesentlich geprägt durch Dereine, Chanoines, Sp. 387-391; Weinfurter, Neuere
Forschung, S. 382.
79 Vgl. Weinfurter, Salzburger Bistumsreform, S. 239-240; ders., Neuere Forschung, S. 382-383.
80 Vgl. hierzu Weinfurter, Salzburger Bistumsreform, S. 270-272; Deutz, Leben, S. 130-141.
81 Eine Zusammenstellung der im Salzburger Raum bis zum 13. Jahrhundert verbreiteten Regelhand-
schriften des Praeceptum und des Praeceptum longius hat bereits Stefan Weinfurter vorgelegt: vgl.
Weinfurter, Salzburger Bistumsreform, S. 246.
82 JL 6649.
83 Zur Datierung und Beschreibung der Handschrift vgl. Consuetudines canonicorum regularium
Springirsbacenses-Rodenses, ed. Weinfurter, CCCM 48, S. XVIII-XIX; Zauner, Statuten, S. 362.
84 Consuetudines canonicorum regularium Springirsbacenses-Rodenses, ed. Weinfurter, CCCM 48,
S. XIX.
 
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