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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0123
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3. Die Veränderungen durch die correctio | 119

von Cluny auf besondere Weise. Darin hält der Papst Pontius vor, gegen ihn op-
poniert und Drohungen ausgesprochen zu haben. Daher sei er nicht bereit, ihn zu
einer persönlichen Unterredung zu empfangen. Stattdessen verweist er in der An-
gelegenheit Sithius an Johannes von Therouanne und Abt Lambert, denen er seine
Entscheidung kürzlich mitgeteilt hatte.505
Mit diesen beiden Schreiben war der päpstliche Standpunkt also klar umrissen:
Die 1099/1100 vorgenommene Übertragung Saint-Bertins wurde für nichtig erklärt.
Umso erstaunlicher ist daher der Inhalt einer Urkunde Graf Balduins VII. und
seiner Regentin Clementia, die wenig später, am 12. April 1112, in Ypern ausgestellt
wurde. Darin bestätigen die Gräfin und ihr Sohn die von ihr und ihrem Gatten
einst getätigte Übertragung Saint-Bertins an Cluny. 506 Sproemberg hat dieses Zu-
geständnis dahingehend interpretiert, dass der gräfliche Hof dem Abt von Cluny
einen »ehrenvollen Rückzug« ermöglichen wollte.507 Im Wissen um die fehlende
rechtliche Grundlage der Übertragung und um die Unterstützung des Papstes, kann
diese Urkunde als ein geschickter Schachzug des gräflichen Hofes angesehen wer-
den, um einerseits guten Willen zu zeigen und andererseits jegliche weitere Provo-
kation zu vermeiden.
Die hier vorgestellten Texte machen deutlich, dass der gräfliche Hof eine Ab-
hängigkeit Saint-Bertins von Cluny strikt ablehnte. Ob hierin allerdings ein nach
dem Tod Roberts II. einsetzender Politikwechsel zu sehen ist, ist mehr als fraglich.
Schließlich deutete bereits Roberts Bestätigungsurkunde von 1100 an, dass auch er
eine völlige Abhängigkeit der Abtei nie vorgesehen hatte.508 Angesichts der weite-
ren Entwicklung kann man über die Motive für die einst getätigte Übertragung nur
mutmaßen. So wäre denkbar, dass es sich dabei lediglich um eine geschickte Taktik
gehandelt hatte, die darauf abzielte, die in jener Zeit äußerst begehrte und bekannte
monastische Lebensweise von Cluny in Flandern zu etablieren, ohne sich in der

505 M. Sdralek, Wolfenbiittler Fragmente, S. 115: »Predecessores tui viri religiosi fuerunt, quos ecclesia
Romana speciali dilectione diligere curavit, magnis quoque munire privilegiis studuit. Nunc autem tuis
temporibus res in contrarium versa est. Non enim nos latent verborum iactationes et impugnationes,
quas contra nos emittere non vereris et sic ad nos venire festinas. Significamus igitur nos in presentia-
rum quibusdam causis emergentibus tecum loquendi oportunitatem minime habere. Quodsi de negotio
abbatie S. Bertini tractare disponis, mittimus te ad religiosos viros episcopum scilicet Travanensem et
S. Bertini abbatem. Hi noverunt, quod super hoc iudicio fratrum nostrorum nuper actum est. Nos autem
quicquid inde dictante iuxta sanctiones predecessorum nostrorum statutum est nec mutare possumus
nec debemus.«
506 E Vercauteren, Actes des comtes de Flandre, D 56, S. 139-140.
507 H. Sproemberg, Alvisus, S. 109; ebenso Recueil des chartes et documents de Saint-Martin des Champs,
Bd. 1, Nr. 141, S. 222.
508 Siehe dazu oben S. 109-111.
 
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