3. Die Veränderungen durch die correctio | 139
1109 in Saint-Vaast eingeführt worden sein, wohl nur sehr bedingt zur Anwendung
gekommen war.599
Tutsch weist außerdem auf eine Consuetudines-Handschrift aus der zweiten
Hälfte des 12. Jahrunderts hin, die aus der Abtei von Sint-Truiden stammt und
jener aus Saint-Vaast/Saint-Bertin in auffallender Weise ähnelt.600 Vor allem eine
Besonderheit legt die Vermutung nahe, dass die Handschrift aus Sint-Truiden einer
Vorlage aus Saint-Bertin folgte. Die Handschriften aus Arras und Sint-Truiden be-
inhalten neben den Gewohnheiten Bernhards eine Art Brief, in dem Mönche aus
Cluny Ratschläge über die Anwendung und Anpassung ihrer Gewohnheiten in
einer Empfängerabtei erteilten.601 Tutsch hält es aber für unwahrscheinlich, »daß
man aus Cluny geradezu gleichlautende Serienbriefe zu Rückfragen an die eige-
nen Consuetudines verschickt hätte.« Es sei daher »eher anzunehmen, daß man
von Cluny aus das Schreiben ursprünglich entweder nach Sint-Truiden oder Saint-
Bertin geschickt hatte, wo es in die Consuetudines auf genommen und dann weiter-
gegeben wurde.«602
Jacques Stiennon datierte die Handschrift aus Sint-Truiden recht genau auf die
Zeit zwischen 1167 und 1174 und konnte plausibel machen, dass die Handschrift in
enger Verbindung mit Sint-Pieters in Gent steht.603 Bedenkt man, dass diese große
flandrische Abtei 1117 eine correctio erfuhr, an der Mönche aus Saint-Bertin be-
teiligt waren, liegt die Vermutung nahe, dass auch in diesem Zusammenhang eine
Consuetudines-Handschrift aus Sithiu nach Gent und später von dort nach Sint-
Truiden gelangte - eine These, die durch den Hinweis Tutschs auf den in den
beiden genannten Handschriften inserierten Brief untermauert wird.604 Dieser Brief
war somit sicherlich nicht an die Brüder von Sint-Truiden gerichtet, sondern ur-
sprünglich an die Gemeinschaft von Sithiu.
Das Schreiben selbst liefert Antworten auf eine Vielzahl von Problemen und
Unklarheiten, die sich bezüglich der Umsetzung der Gewohnheiten von Cluny er-
geben hatten. So gehen sie beispielsweise auf das Vorziehen des mandatum - die
599 B. Tutsch, Texttradition und Praxis misst die Umsetzung der Consuetudines am Grad der individuellen
Gestaltung und an den Gebrauchsspuren der Handschriften. Die Handschrift aus Saint-Vaast weist in
ihrer Abschrift aus dem 13. Jahrhundert demnach keine klaren Anzeichen dafür auf, dass ihr Text zuvor
im Kloster zur Anwendung gekommen war.
600 Lüttich, BU, ms. 1420 stammt aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts.
601 Lüttich, BU, ms. 1420, fol. 26v-27r, Arras, BM, ms. 864, fol. 25v-26v; vgl. dazu auch. B. Tutsch, Zur
Rezeptionsgeschichte der Consuetudines, S. 81, Anm. 9.
602 B. Tutsch, Die Consuetudines Bernhards, S. 286.
603 Zur Datierung J. Stiennon, Cluny et Saint-Trond, S. 71, 79, zu den Beziehungen mit Sint-Pieters in Gent
ebd.,S. 77-78.
604 Zur correctio von Sint-Pieters siehe unten S. 185-187.
1109 in Saint-Vaast eingeführt worden sein, wohl nur sehr bedingt zur Anwendung
gekommen war.599
Tutsch weist außerdem auf eine Consuetudines-Handschrift aus der zweiten
Hälfte des 12. Jahrunderts hin, die aus der Abtei von Sint-Truiden stammt und
jener aus Saint-Vaast/Saint-Bertin in auffallender Weise ähnelt.600 Vor allem eine
Besonderheit legt die Vermutung nahe, dass die Handschrift aus Sint-Truiden einer
Vorlage aus Saint-Bertin folgte. Die Handschriften aus Arras und Sint-Truiden be-
inhalten neben den Gewohnheiten Bernhards eine Art Brief, in dem Mönche aus
Cluny Ratschläge über die Anwendung und Anpassung ihrer Gewohnheiten in
einer Empfängerabtei erteilten.601 Tutsch hält es aber für unwahrscheinlich, »daß
man aus Cluny geradezu gleichlautende Serienbriefe zu Rückfragen an die eige-
nen Consuetudines verschickt hätte.« Es sei daher »eher anzunehmen, daß man
von Cluny aus das Schreiben ursprünglich entweder nach Sint-Truiden oder Saint-
Bertin geschickt hatte, wo es in die Consuetudines auf genommen und dann weiter-
gegeben wurde.«602
Jacques Stiennon datierte die Handschrift aus Sint-Truiden recht genau auf die
Zeit zwischen 1167 und 1174 und konnte plausibel machen, dass die Handschrift in
enger Verbindung mit Sint-Pieters in Gent steht.603 Bedenkt man, dass diese große
flandrische Abtei 1117 eine correctio erfuhr, an der Mönche aus Saint-Bertin be-
teiligt waren, liegt die Vermutung nahe, dass auch in diesem Zusammenhang eine
Consuetudines-Handschrift aus Sithiu nach Gent und später von dort nach Sint-
Truiden gelangte - eine These, die durch den Hinweis Tutschs auf den in den
beiden genannten Handschriften inserierten Brief untermauert wird.604 Dieser Brief
war somit sicherlich nicht an die Brüder von Sint-Truiden gerichtet, sondern ur-
sprünglich an die Gemeinschaft von Sithiu.
Das Schreiben selbst liefert Antworten auf eine Vielzahl von Problemen und
Unklarheiten, die sich bezüglich der Umsetzung der Gewohnheiten von Cluny er-
geben hatten. So gehen sie beispielsweise auf das Vorziehen des mandatum - die
599 B. Tutsch, Texttradition und Praxis misst die Umsetzung der Consuetudines am Grad der individuellen
Gestaltung und an den Gebrauchsspuren der Handschriften. Die Handschrift aus Saint-Vaast weist in
ihrer Abschrift aus dem 13. Jahrhundert demnach keine klaren Anzeichen dafür auf, dass ihr Text zuvor
im Kloster zur Anwendung gekommen war.
600 Lüttich, BU, ms. 1420 stammt aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts.
601 Lüttich, BU, ms. 1420, fol. 26v-27r, Arras, BM, ms. 864, fol. 25v-26v; vgl. dazu auch. B. Tutsch, Zur
Rezeptionsgeschichte der Consuetudines, S. 81, Anm. 9.
602 B. Tutsch, Die Consuetudines Bernhards, S. 286.
603 Zur Datierung J. Stiennon, Cluny et Saint-Trond, S. 71, 79, zu den Beziehungen mit Sint-Pieters in Gent
ebd.,S. 77-78.
604 Zur correctio von Sint-Pieters siehe unten S. 185-187.