3. Die Veränderungen durch die correctio | 147
Saint-Bertin und nicht zuletzt den Willen der geistlichen und weltlichen Herren
Flanderns konnten sich die Cluniazenser nicht behaupten.639
Nach dem Sturz Simons wählten die Brüder mit Zustimmung des Grafen, des
Bischofs und nicht zuletzt Lamberts Johannes zum Abt. Dieser, so wird präzisiert,
war ein Regularkanoniker, der sich erst seit kurzem zum Mönchtum bekehrt hatte
und zudem die lingua Theutonica sprach.640 Die hier genannten Kriterien sind auf-
schlussreich. Sie zeigen, dass man ganz bewusst einen Kandidaten aus der Gegend
bevorzugte, der nicht nur die dortige Sprache beherrschte, sondern auch Erfahrun-
gen im flandrischen Herrschaftsgefüge hatte sammeln können. Der Hinweis, dass er
einst Regularkanoniker war, steht nicht zuletzt dafür, dass er sich auch im Mönch-
tum für ein Leben nach der Regel einsetzte. Zudem dürfte er als Kanoniker mit der
Verwaltung von Besitz vertraut gewesen sein und die nötigen Beziehungen mit den
Großen geknüpft haben.641 Johannes II. kann somit als eine wirkliche Alternative
zu einem Cluniazenser gesehen werden. Doch bereits nach wenigen Monaten er-
hoben sich die Mönche von Sithiu, wie Simon bemerkt, mit der gewohnten Leicht-
fertigkeit gegen ihren Abt und wollten diesen weniger durch Anschuldigungen,
als durch Gewalt absetzen. Mithilfe seiner Männer sei es ihm schließlich gelungen,
die Verschwörer gefangen zu nehmen und in verschiedene Klöster zu schicken.642
Auch wenn Simon nicht präzisiert, wer diese conspiratores waren, impliziert die
Formulierung levitate solita, dass wie in seinem eigenen Fall wieder einmal die
Cluniazenser zum Aufruhr gegen den Abt animiert hatten.643 Im Gegensatz zu
Simon genoss Johannes II. allerdings die nötige Unterstützung von außen, was noch
639 Ob sich bei dem genannten Motiv, selbst in höhere Ämter zu streben, die Trennung der Gemeinschaft in
Cluniazenser und Nicht-Cluniazenser so scharf vornehmen lässt, wie es Simon glauben macht, ist frag-
lich. Andernfalls ist schwer zu erklären, weshalb sich Simon nicht mit dem Rückhalt der flandrischen
Mönche im Amt halten konnte.
640 Simon, Gesta, II, c. 108, S. 657: »[...] coadunatis undecunque fratribus et comite cum presule accersito,
ab ipso accepta licentia, quendam lohannem, persona honorabilem, lingua Theutonica disertum, nuper
de canonico regulari monachum effectum, magno clamoris strepitu communiter eligunt, abbate Lam-
berto adhuc vivente et reclamante.«
641 Kanonikerstifte spielten zahlenmäßig in der Grafschaft Flandern eine größere Rolle, als Klöster. Die
Grafen wie auch die Großen griffen bei der Verwaltung ihres Besitzes und anderer Tätigkeiten gerne auf
Kanoniker zurück; vgl. dazu B. Meijns, Aken of Jeruzalem?, S. 433-660.
642 Simon, Gesta, II, c. 112, S. 658: »Dumque securitatem et prosperitatem sibi opinaretur affuturam, su-
bito Sithienses levitate solita contra eum conspirantes, eum deponere vi, non accusatione, nituntur. Sed
praemunitus hominum suorum consilio, conspiratores captos per diversa coenobia dispersit.«
643 Es stellt sich hierbei die Frage, warum Simon die Gelegenheit nicht nutzt, die Cluniazenser in diesem
Zusammenhang erneut als Unruhestifter darzustellen. Ein Grund hierfür könnte u. a. das gespannte
Verhältnis zu Abt Johannes II. sein. Simon macht seine Abneigung gegenüber Johannes II. immer wieder
deutlich, so gleich zu Beginn, wo es heißt, dass er »sich in Sicherheit und Reichtum wähnte.« (Simon,
Gesta, II, c. 112, S. 658).
Saint-Bertin und nicht zuletzt den Willen der geistlichen und weltlichen Herren
Flanderns konnten sich die Cluniazenser nicht behaupten.639
Nach dem Sturz Simons wählten die Brüder mit Zustimmung des Grafen, des
Bischofs und nicht zuletzt Lamberts Johannes zum Abt. Dieser, so wird präzisiert,
war ein Regularkanoniker, der sich erst seit kurzem zum Mönchtum bekehrt hatte
und zudem die lingua Theutonica sprach.640 Die hier genannten Kriterien sind auf-
schlussreich. Sie zeigen, dass man ganz bewusst einen Kandidaten aus der Gegend
bevorzugte, der nicht nur die dortige Sprache beherrschte, sondern auch Erfahrun-
gen im flandrischen Herrschaftsgefüge hatte sammeln können. Der Hinweis, dass er
einst Regularkanoniker war, steht nicht zuletzt dafür, dass er sich auch im Mönch-
tum für ein Leben nach der Regel einsetzte. Zudem dürfte er als Kanoniker mit der
Verwaltung von Besitz vertraut gewesen sein und die nötigen Beziehungen mit den
Großen geknüpft haben.641 Johannes II. kann somit als eine wirkliche Alternative
zu einem Cluniazenser gesehen werden. Doch bereits nach wenigen Monaten er-
hoben sich die Mönche von Sithiu, wie Simon bemerkt, mit der gewohnten Leicht-
fertigkeit gegen ihren Abt und wollten diesen weniger durch Anschuldigungen,
als durch Gewalt absetzen. Mithilfe seiner Männer sei es ihm schließlich gelungen,
die Verschwörer gefangen zu nehmen und in verschiedene Klöster zu schicken.642
Auch wenn Simon nicht präzisiert, wer diese conspiratores waren, impliziert die
Formulierung levitate solita, dass wie in seinem eigenen Fall wieder einmal die
Cluniazenser zum Aufruhr gegen den Abt animiert hatten.643 Im Gegensatz zu
Simon genoss Johannes II. allerdings die nötige Unterstützung von außen, was noch
639 Ob sich bei dem genannten Motiv, selbst in höhere Ämter zu streben, die Trennung der Gemeinschaft in
Cluniazenser und Nicht-Cluniazenser so scharf vornehmen lässt, wie es Simon glauben macht, ist frag-
lich. Andernfalls ist schwer zu erklären, weshalb sich Simon nicht mit dem Rückhalt der flandrischen
Mönche im Amt halten konnte.
640 Simon, Gesta, II, c. 108, S. 657: »[...] coadunatis undecunque fratribus et comite cum presule accersito,
ab ipso accepta licentia, quendam lohannem, persona honorabilem, lingua Theutonica disertum, nuper
de canonico regulari monachum effectum, magno clamoris strepitu communiter eligunt, abbate Lam-
berto adhuc vivente et reclamante.«
641 Kanonikerstifte spielten zahlenmäßig in der Grafschaft Flandern eine größere Rolle, als Klöster. Die
Grafen wie auch die Großen griffen bei der Verwaltung ihres Besitzes und anderer Tätigkeiten gerne auf
Kanoniker zurück; vgl. dazu B. Meijns, Aken of Jeruzalem?, S. 433-660.
642 Simon, Gesta, II, c. 112, S. 658: »Dumque securitatem et prosperitatem sibi opinaretur affuturam, su-
bito Sithienses levitate solita contra eum conspirantes, eum deponere vi, non accusatione, nituntur. Sed
praemunitus hominum suorum consilio, conspiratores captos per diversa coenobia dispersit.«
643 Es stellt sich hierbei die Frage, warum Simon die Gelegenheit nicht nutzt, die Cluniazenser in diesem
Zusammenhang erneut als Unruhestifter darzustellen. Ein Grund hierfür könnte u. a. das gespannte
Verhältnis zu Abt Johannes II. sein. Simon macht seine Abneigung gegenüber Johannes II. immer wieder
deutlich, so gleich zu Beginn, wo es heißt, dass er »sich in Sicherheit und Reichtum wähnte.« (Simon,
Gesta, II, c. 112, S. 658).