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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0339
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2. Die restauratio der Abtei von Saint-Martin (1092-1105)
Die restauratio des Martinsklosters in Tournai war nach der Auffassung der Zeit-
genossen keine Neugründung, sondern eine Art von correctio, die darauf abzielte,
dieses ehemalige Kloster sowohl im spirituellen Bereich, als auch in seinen Besit-
zungen wiederherzustellen. An diese restauratio erinnerte Hermann von Tournai
ein halbes Jahrhundert später, in einer Zeit, als das Kloster einer correctio (ab 1136)
unterzogen wurde. Für das Verständnis dieser correctio ist es daher notwendig,
zunächst die Geschichte der restauratio von Saint-Martin nachzuzeichnen, dann
kurz auf Odos Amtszeit als Bischof von Cambrai einzugehen und schließlich die
Abbatiate Segards und Hermanns zu beleuchten.
2.1. Zeitnahe Quellen
Über die Wiederherstellung der Abtei von Saint-Martin in Tournai Ende des
11. Jahrhunderts berichten mehrere Quellen. Dem Ereignis zeitlich am nächsten
steht eine Urkunde Bischof Radbods II. von Noyon-Tournai, die auf das Jahr 1094
datiert.1331 Sie bestätigt letztlich die Gründung der Gemeinschaft von 1092 und do-
kumentiert in ihrer narratio ausführlich die entsprechenden Umstände, die Akteure
und die Probleme der jungen Gemeinschaft.1332
Während diese Urkunde wichtige Einblicke in die Gründungszeit des Klosters
liefert, bietet ein kleiner Text aus der Handschrift Paris, BnF, nov. aq., ms. lat. 2195
ein weiteres wichtiges Zeugnis der ersten Jahre der jungen Gemeinschaft.1333 Auf
dem letzten Folio (119v) dieser aus Saint-Martin stammenden Handschrift findet
sich ein Text, der aus dem Jahr 1105 datiert und in dem die Brüder dokumentierten,
dass Odo in diesem Jahr zum Bischof von Cambrai gewählt worden war, weshalb

1331 A. d’Herbomez, Chartes, D 1, S. 1-3 weist darauf hin, dass das erhaltene Original in einem sehr
schlechten Erhaltungszustand war und für die Edition nicht verwendet werden konnte. Heute ist diese
Urkunde verloren, da das Staatsarchiv in Mons und seine Bestände durch ein Bombardement im Jahr
1944 vollständig zerstört wurden. D’Herbomez stützte sich auf Abschriften aus dem 12., 13. und
18. Jahrhundert (Brüssel, Archives generales du royaume, Cartulaire 119, fol. lOv; Cartulaire 120, S. 9;
Cartulaire 121, S. 1; Cartulaire 130, S. 1025).
1332 Die ersten Gründungsberichte von Klöstern finden sich meist in solchen Bestätigungsurkunden, vgl.
dazu H. Patze, Klostergründungen und Klosterchronik, S. 251-284; K. Kastner, Historiae fundatio-
num, S. 53-64.
1333 V. Leroquais, Les Psautiers manuscrits, Bd. 2, S. 142; H. de Sainte-Marie, S. Hieronymi Psalterium,
S. XLIIL
 
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