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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0370
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366 | III. Die Abtei Saint-Martin in Tournai

dungsurkunde.1472 Oger galt als besonders gelehrt und beliebt beim Bischof und den
Großen, zudem pflegte er sowohl mit Bernhard von Clairvaux als auch mit Guerric
von Igny, einem ehemaligen Kanoniker von Tournai, eine innige Freundschaft.1473
Da die Lage des Mont-Saint-Medard wegen der Wasserknappheit für ein Kloster
nicht geeignet war, erhielt Oger die Erlaubnis des Bischofs, sein Kloster an eine
andere Stelle zu verlegen. 1132 wählte er das linke Scheldeufer und errichtete dort
eine Kirche zu Ehren des heiligen Nikolaus.1474 1134 wurde Saint-Nicolas-des-Pres
in die Kongregation von Arrouaise eingegliedert.1475
Die Gründung der Regularkanonikergemeinschaft von Saint-Nicolas-des-Pres
wurde von Anfang an von den Kanonikern der Kathedrale unterstützt und war
sicherlich selbst ein entscheidender Impuls für die correctio des Domkapitels. Am
12. März 1135 erließ Bischof Simon von Vermandois im Beisein der Äbte von Saint -
Amand d’Elnone, Saint-Nicolas-des-Pres, Saint-Martin, Sint-Baafs in Gent, Saint-
Elois in Noyon und Lobbes auf Initiative des Kapitels Statuten, die die Kanoniker
zum gemeinschaftlichen Leben verpflichteten: Neue Kanoniker mussten fortan mit
einem Eid schwören, in Tournai zu leben. Wer die Statuten nicht befolgte, sollte
seine Präbende verlieren.1476
Durch die Errichtung des Regularkanonikerstifts von Saint-Nicolas-des-Pres
und die correctio des Kathedralkapitels verlor Saint-Martin seine Monopolstellung
als Gemeinschaft, die vor allem für all jene Kanoniker eine Anlaufstelle war, die sich
für ein strengeres und reguliertes Leben in der Gemeinschaft entschieden hatten.
Diese Gruppe, die wie Hermann durchscheinen lässt, auch hinsichtlich ihrer Schen-
kungen durchaus ein Gewinn für die Gemeinschaft war, hatte nun entsprechende
Möglichkeiten in Saint-Nicolas, wo die Bekehrten zudem ihren Stand als Kanoni-
ker beibehalten konnten.1477
Einige Urkunden gehen auf diese spezifische Situation ein. 1131 hielt es Abt
Hermann für besonders ratsam, den gesamten Klosterbesitz vom Papst bestäti-
gen zu lassen.1478 In einer Urkunde von 1132 erfährt man zudem, dass Hermann

1472 Ebd.
1473 Guerric war bis 1120/25 Kanoniker in Sainte-Marie, bekehrte sich und trat in das Kloster von Clair-
vaux ein, bevor er 1138 zweiter Abt von Igny wurde. Vgl. dazu J. Morson, Who was Guerric of Igny?,
S. 57-75; A. Noblesse-Rocher, L’experience de Dieu.
1474 Hermann, Liber, c. 101, S. 168.
1475 Zur Geschichte des Stifts vgl. J. Vos, L’abbaye de Saint-Medard; U. Berliere, Saint-Nicolas-des-Pres,
Monasticon beige, S. 428-439; B. Meijns, Aken of Jeruzalem?, S. 779-781, 806-809.
1476 J. Pycke, Le chapitre cathedral, S. 116. Eine wirkliche vita communis lässt sich aber erst Ende des
12. Jh.s mit einem eigenen Refektorium für das Kapitel fassen (ebd., S. 110).
1477 Im Zusammenhang mit der Bekehrung Amands von Castello bemerkt Hermann, dass die Gemein-
schaft durchaus von ihren reichen Schenkungen profitiert hätte, wenn Odo sie nicht abgelehnt hätte.
1478 A. d’Herbomez, Chartes, D 48, S. 50-51.
 
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