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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0030
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1.3. Wanderjahre: Ausbildung in Paris und Köln

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Seelsorge, Hinwendung zu den Menschen und Reisen durch eine Region - es sind
vor allem diese Themenkreise, bei denen Thomas immer wieder auf das berühmte
Beispiel Jakobs von Vitry rekurrierte. Was zunächst an eine genuin dominikanische
Lebensweise denken lässt, erweist sich somit als viel mehr, als eine neuartige und
damit zeitgemäße Lebensform nämlich, die den Prediger als kommunikatives Binde-
glied für eine ganze Region erscheinen lässt. Das Ideal einer aktiven und mithin
mobilen Lebensgestaltung, die sich außergewöhnlichen Gläubigen wie den Mystike-
rinnen Brabants58 zuwandte und deren Geschichten durch mündliches und schrift-
liches Erzählen weitertrug, prägte auch die weiteren Werke des Thomas von Cantim-
pre nachhaltig (s. zur narrativen Erschließung der Region auch Kapitel II.4).
1.3. Wanderjahre: Ausbildung in Paris und Köln
Mehrere Jahre verbrachte Thomas von Cantimpre an den Studienhäusern in Paris
und in Köln. In seinem gesamten Werk scheinen diese Orte deshalb immer wieder als
Knotenpunkt politisch-intellektueller Debatten und insbesondere dominikanischer
Ordensangelegenheiten und Kontaktnetzwerke auf.59
Eine ungefähre Datierung seines Pariser Aufenthaltes erlaubt zunächst der Prolog
zum Liber de natura rerum, in dem Thomas auf Jakob von Vitry als quondam Aco-
nensem episcopum, nunc vero Tusculanum presulem et Romane curie cardinalem
verweist - Jakob von Vitry starb 1240, so dass Thomas sich in den Jahren vor 1240
in Paris aufgehalten haben muss.60 Dabei scheint er keine universitäre Ausbildung in
Paris durchlaufen zu haben. So wird im Chartularium der Universität Paris lediglich
auf Thomas’ Werke als Quellen zu Pariser Zeitgenossen verwiesen, ein Hinweis auf
eigene akademische Tätigkeiten findet sich dagegen nicht.61
Unstrittig ist dagegen, dass Thomas während seines Aufenthaltes am Pariser Kon-
vent St. Jacques, der ungefähr auf die Jahre 1237-1240 zu datieren ist, mit den großen
klerikal-monastischen Auseinandersetzungen seiner Zeit in Berührung kam.62 Dazu
Achonensis episcopus, postea Romanae curiae Cardinalis in Vita beatae Mariae de Oignies de
ipsa Christina per haec verba commemorat [...]. Zu Leben und Lebensbeschreibung Christinas
vgl. Passenier, The life sowie Bartolomei Romagnoli, Cristina 1 Ammirabile.
58 S. zur Bedeutung weiblicher Frömmigkeit im Werk des Thomas Bartolomei Romagnoli, Agiogra-
fia e mistica, Roisin, La methode hagiographique und Coakley, Thomas of Cantimpre.
59 Grundlegend hierzu: Senner, Die rheinischen studia.
60 Thom. Cantimpr. Ldnr, S. 3. S. dazu auch Deboutte, Thomas van Cantimpre als auditor, hier
S. 196.
61 Vgl. CUP I, S. 330 und 333.
62 Zur Geschichte des Pariser Konvents s. Vicaire, Geschichte, Bd. 2, S. 99-108 sowie Courtenay,
Donation. S. außerdem Gebert, Sankt Viktor von Paris sowie zum Stellenwert für die Domini-
kaner Poirel, Dominicains et Victorins. Zum Einfluss dieser Ereignisse auf das „Bienenbuch“ s.
neuerdings Holloway, Making of an Order.
 
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