18
I. Der Autor
in dem er es immerhin bis zum Subprior brachte, wie auch seine gesamte Vita, die
von kontinuierlichen Verbindungen zu städtischen und adeligen Eliten sowie zu ganz
unterschiedlichen religiösen Häusern der Region Brabant/Flandern kündet,11 ist ein
urkundlicher Niederschlag von Thomas’ Aktivitäten grundsätzlich denkbar.
Vorerst jedoch ist man bei der biographischen Spurensuche auf die Angaben in
Thomas’ eigenen Werken angewiesen. Ihre Zusammenschau macht deutlich, dass
man das Leben des Thomas von Cantimpre anhand zweier bedeutender Zäsuren un-
terteilen kann - anhand seines Eintritts in das Augustiner-Chorherrenstift Cantimpre
einerseits und seines Wechsels in den Dominikanerkonvent von Löwen andererseits.
Dabei handelt es sich keinesfalls um eine artifizielle Einteilung, die sich willkürlich
institutioneller Kriterien bedient; vielmehr orientieren sich sowohl die Selbstbezeich-
nungen des Thomas als auch Darstellungen seiner Person in den folgenden Jahrhun-
derten konsequent an diesen beiden Lebensetappen.
LI. Religiöse Anfänge: Augustiner-Chorherr in Cantimpre
Thomas’ Beitritt zum Augustiner-Chorherrenstift Cantimpre nahe Cambrai erfolgte
wohl im Jahr 1217. In seiner „Vita des Johannes von Cantimpre“ berichtet Thomas
von Matthäus, dem zweiten Abt von Cantimpre, der im Februar 1218 gestorben sei:
Er selbst habe den alternden Abt kurz nach seinem Eintritt in das Stift kennenge-
lernt - die Datierung scheint vor diesem Hintergrund also plausibel.12
Eine denkbare Motivation für den Schritt nach Cantimpre benennt einmal mehr
der Autor selbst. Im „Bienenbuch“ erzählt Thomas nämlich, er habe als junger Mann
(„ich hatte noch nicht einmal das Alter von fünfzehn Jahren“) bei dem berühmten
Prediger Jakob von Vitry (ca. 1160/70-1240) eine Kreuzzugspredigt gehört. Dieser
Hinweis erlaubt zugleich eine Eingrenzung von Thomas’ Geburtsdatum: Da Jakob
von Vitry 1213 und 1214 in den südlichen Niederlanden gegen die Albigenser sowie
die Sarazenen im Heiligen Land gepredigt hatte, muss Thomas von Cantimpre um
1200/01 geboren worden sein.13 Möglicherweise waren es also tatsächlich die
11 Zu den religiösen Netzwerken in Nordfrankreich und Brabant s. Volti, Les couvents des ordres
mendiants. S. außerdem Kapitel II.4. sowie die Karte in Anhang 09.
12 Thom. Cantimpr. Vita loannis 1,15,9-10: Hunc ipse in primordio conuersionis mee, licet senio
confectum, uidi. S. dazu auch Deboutte, Thomas van Cantimpre. Zijn opleiding, hier S. 284.
13 Vgl. dazu Sweetman, Dominican preaching, S. 11 unter Verweis auf Deboutte, Thomas van Can-
timpre. Zijn opleiding, S. 288. Im „Supplementum zur Vita der Maria von Oignies” findet sich mit
entsprechender Angabe ein Beleg für die Wirkung, die Jakob von Vitry auf Thomas von Cantim-
pre ausübte: Nondum enim annorum quindecim aetatem attigeram, cum vos necdum Praesulem
in Lotharingiae partibus praedicantem audiens, tanta veneratione dilexi, ut me solius nominis
vestri laetificaret auditus: ex tune mecum vestri amor individuus perseverat. Thom. Cantimpr.
Supplementum, S. 581. Eine abweichende Datierung (1187) bietet (jedoch wenig begründet) van
I. Der Autor
in dem er es immerhin bis zum Subprior brachte, wie auch seine gesamte Vita, die
von kontinuierlichen Verbindungen zu städtischen und adeligen Eliten sowie zu ganz
unterschiedlichen religiösen Häusern der Region Brabant/Flandern kündet,11 ist ein
urkundlicher Niederschlag von Thomas’ Aktivitäten grundsätzlich denkbar.
Vorerst jedoch ist man bei der biographischen Spurensuche auf die Angaben in
Thomas’ eigenen Werken angewiesen. Ihre Zusammenschau macht deutlich, dass
man das Leben des Thomas von Cantimpre anhand zweier bedeutender Zäsuren un-
terteilen kann - anhand seines Eintritts in das Augustiner-Chorherrenstift Cantimpre
einerseits und seines Wechsels in den Dominikanerkonvent von Löwen andererseits.
Dabei handelt es sich keinesfalls um eine artifizielle Einteilung, die sich willkürlich
institutioneller Kriterien bedient; vielmehr orientieren sich sowohl die Selbstbezeich-
nungen des Thomas als auch Darstellungen seiner Person in den folgenden Jahrhun-
derten konsequent an diesen beiden Lebensetappen.
LI. Religiöse Anfänge: Augustiner-Chorherr in Cantimpre
Thomas’ Beitritt zum Augustiner-Chorherrenstift Cantimpre nahe Cambrai erfolgte
wohl im Jahr 1217. In seiner „Vita des Johannes von Cantimpre“ berichtet Thomas
von Matthäus, dem zweiten Abt von Cantimpre, der im Februar 1218 gestorben sei:
Er selbst habe den alternden Abt kurz nach seinem Eintritt in das Stift kennenge-
lernt - die Datierung scheint vor diesem Hintergrund also plausibel.12
Eine denkbare Motivation für den Schritt nach Cantimpre benennt einmal mehr
der Autor selbst. Im „Bienenbuch“ erzählt Thomas nämlich, er habe als junger Mann
(„ich hatte noch nicht einmal das Alter von fünfzehn Jahren“) bei dem berühmten
Prediger Jakob von Vitry (ca. 1160/70-1240) eine Kreuzzugspredigt gehört. Dieser
Hinweis erlaubt zugleich eine Eingrenzung von Thomas’ Geburtsdatum: Da Jakob
von Vitry 1213 und 1214 in den südlichen Niederlanden gegen die Albigenser sowie
die Sarazenen im Heiligen Land gepredigt hatte, muss Thomas von Cantimpre um
1200/01 geboren worden sein.13 Möglicherweise waren es also tatsächlich die
11 Zu den religiösen Netzwerken in Nordfrankreich und Brabant s. Volti, Les couvents des ordres
mendiants. S. außerdem Kapitel II.4. sowie die Karte in Anhang 09.
12 Thom. Cantimpr. Vita loannis 1,15,9-10: Hunc ipse in primordio conuersionis mee, licet senio
confectum, uidi. S. dazu auch Deboutte, Thomas van Cantimpre. Zijn opleiding, hier S. 284.
13 Vgl. dazu Sweetman, Dominican preaching, S. 11 unter Verweis auf Deboutte, Thomas van Can-
timpre. Zijn opleiding, S. 288. Im „Supplementum zur Vita der Maria von Oignies” findet sich mit
entsprechender Angabe ein Beleg für die Wirkung, die Jakob von Vitry auf Thomas von Cantim-
pre ausübte: Nondum enim annorum quindecim aetatem attigeram, cum vos necdum Praesulem
in Lotharingiae partibus praedicantem audiens, tanta veneratione dilexi, ut me solius nominis
vestri laetificaret auditus: ex tune mecum vestri amor individuus perseverat. Thom. Cantimpr.
Supplementum, S. 581. Eine abweichende Datierung (1187) bietet (jedoch wenig begründet) van