I. Der Autor. Hagiograph, Naturkundler, Geschichtensammler
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Immerhin: Folgt man der Argumentation des belgischen Historikers und Archi-
vars Alphonse Wauters (1817-1898), so beurkundete Thomas von Cantimpre im
April des Jahres 1250 die Schenkung von Ländereien im Umland von Brüssel. Der
Urkundentext freilich benennt lediglich vage einen frater Thomas de ordine Predica-
torum in Lovanio, den Wauters in seinem Verzeichnis belgischer Urkunden eindeu-
tig als Dominikanerbruder Thomas von Cantimpre im Konvent von Löwen identifi-
ziert sehen will.7
Diese Zuordnung verweist auf ein für die Geschichte der Mendikanten im
13. Jahrhundert durchaus charakteristisches Problem. Vielfach verfügten die v. a. im
städtischen Milieu angesiedelten Brüder der Dominikaner oder Franziskaner über
enge Kontaktnetzwerke zur Stadtbevölkerung und zu städtischen Eliten und übten
deshalb auch in weltlichen Angelegenheiten wie bei Rechtsstreitigkeiten oder Be-
sitzübertragungen wichtige Funktionen aus, etwa als Streitschlichter oder als Zeu-
gen bei Rechtsakten.8 Namentlich treten in einschlägigen Urkunden vor allem die
Vorsteher der jeweiligen Konvente hervor, die sich dank ihrer Amtsbezeichnungen
über einschlägige Zusammenstellungen meist recht problemlos zuordnen lassen.9
Die urkundliche Nennung untergeordneter oder gar „einfacher“ Brüder ohne eine
besondere Auszeichnung dagegen erschwert eine eindeutige Identifizierung der Ur-
kundenzeugen mit einer bestimmten historischen Person.10
Letztlich bleibt also auch im Falle der von Wauters angeführten Urkunde unklar,
ob hier tatsächlich Thomas von Cantimpre als Urkundenzeuge aufscheint oder nicht.
Berücksichtigt man jedoch Thomas’ Werdegang im Dominikanerkonvent von Löwen,
7 Urkunde vom 7. April 1250, in: Wauters, Histoire des environs de Bruxelles I, S. 200: Ego frater
Thomas de ordine Predicatorum in Lovanio, notum facio tarn presentibus quam futuris, quod ca-
pella Beate Anne in parrochia de Iterbeca, in vico de Peda, tenetur monasterio de Foresto in octo
solidos Bruxellenses, annuo in perpetuum persolvendos ad pitantiam conventus in sollempnitate
beate Anne ... Actum anno Domini M° CC° quinquagesimo, feria Vapost octavas Paschs. Für die
Identifizierung mit Thomas von Cantimpre vgl. Wauters, Table chronologique IV, S. 585.
8 Zu Testamenten als Quelle für die Frühgeschichte der Bettelorden s. Lauwers, Testaments inedits
sowie (mit Bezug auf das Fallbeispiel Mainz) Berger, Die Bettelorden in der Erzdiözese Mainz,
bes. S. 270-273. Zu Urkundenzeugen am Hof von Brabant s. Croenen, L’entourage.
9 Vgl. die Zusammenstellung in: De orde van de Dominicanen, hg. de Mecheleer, S. 377-380.
10 In seinen Historiae Lovaniensium hat der Theologe Johannes Molanus (1533-1585) verschiedene
Beispiele für die Beteiligung der lokalen Dominikaner an Rechtsakten zusammengetragen. Vgl.
etwa Molanus, Historiae, cap. XIV, S. 112 (Et rogavimus religiosum virum, fratrem Philippum,
priorem Fratrum Praedicatorum de Lovanio, qui una cum suo socio fratre Ripone omnibus istis
interfuit et ordinäre coadjuvit, sigillumque suum eidem scripto apposuit. Datum et actum Tungris
in crastino Circumcisionis Domini, anno MCCLXII.)', ebd., cap. XIX, S. 132 (Frater G., priorfrat-
rum Praedicatorum in Lovanio, et magister G., dominus decanus ecclesiae beati Petri in Lovanio,
licet indignus. Noveritis nos vidisse literas vencrabilis patris Conradi, Coloniensis ecclesiae ar-
chiepiscopi. Italiae archicancellarii, etc. Literae in Banco anni 1249), oder ebd. cap. LII, S. 343
(Universis praesentes literas visuris, frater Philippus, prior fratrum Ordinis Praedicatorum, et
magister Franco, canonicus ecclesiae beati Petri, salutem in Domino).
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Immerhin: Folgt man der Argumentation des belgischen Historikers und Archi-
vars Alphonse Wauters (1817-1898), so beurkundete Thomas von Cantimpre im
April des Jahres 1250 die Schenkung von Ländereien im Umland von Brüssel. Der
Urkundentext freilich benennt lediglich vage einen frater Thomas de ordine Predica-
torum in Lovanio, den Wauters in seinem Verzeichnis belgischer Urkunden eindeu-
tig als Dominikanerbruder Thomas von Cantimpre im Konvent von Löwen identifi-
ziert sehen will.7
Diese Zuordnung verweist auf ein für die Geschichte der Mendikanten im
13. Jahrhundert durchaus charakteristisches Problem. Vielfach verfügten die v. a. im
städtischen Milieu angesiedelten Brüder der Dominikaner oder Franziskaner über
enge Kontaktnetzwerke zur Stadtbevölkerung und zu städtischen Eliten und übten
deshalb auch in weltlichen Angelegenheiten wie bei Rechtsstreitigkeiten oder Be-
sitzübertragungen wichtige Funktionen aus, etwa als Streitschlichter oder als Zeu-
gen bei Rechtsakten.8 Namentlich treten in einschlägigen Urkunden vor allem die
Vorsteher der jeweiligen Konvente hervor, die sich dank ihrer Amtsbezeichnungen
über einschlägige Zusammenstellungen meist recht problemlos zuordnen lassen.9
Die urkundliche Nennung untergeordneter oder gar „einfacher“ Brüder ohne eine
besondere Auszeichnung dagegen erschwert eine eindeutige Identifizierung der Ur-
kundenzeugen mit einer bestimmten historischen Person.10
Letztlich bleibt also auch im Falle der von Wauters angeführten Urkunde unklar,
ob hier tatsächlich Thomas von Cantimpre als Urkundenzeuge aufscheint oder nicht.
Berücksichtigt man jedoch Thomas’ Werdegang im Dominikanerkonvent von Löwen,
7 Urkunde vom 7. April 1250, in: Wauters, Histoire des environs de Bruxelles I, S. 200: Ego frater
Thomas de ordine Predicatorum in Lovanio, notum facio tarn presentibus quam futuris, quod ca-
pella Beate Anne in parrochia de Iterbeca, in vico de Peda, tenetur monasterio de Foresto in octo
solidos Bruxellenses, annuo in perpetuum persolvendos ad pitantiam conventus in sollempnitate
beate Anne ... Actum anno Domini M° CC° quinquagesimo, feria Vapost octavas Paschs. Für die
Identifizierung mit Thomas von Cantimpre vgl. Wauters, Table chronologique IV, S. 585.
8 Zu Testamenten als Quelle für die Frühgeschichte der Bettelorden s. Lauwers, Testaments inedits
sowie (mit Bezug auf das Fallbeispiel Mainz) Berger, Die Bettelorden in der Erzdiözese Mainz,
bes. S. 270-273. Zu Urkundenzeugen am Hof von Brabant s. Croenen, L’entourage.
9 Vgl. die Zusammenstellung in: De orde van de Dominicanen, hg. de Mecheleer, S. 377-380.
10 In seinen Historiae Lovaniensium hat der Theologe Johannes Molanus (1533-1585) verschiedene
Beispiele für die Beteiligung der lokalen Dominikaner an Rechtsakten zusammengetragen. Vgl.
etwa Molanus, Historiae, cap. XIV, S. 112 (Et rogavimus religiosum virum, fratrem Philippum,
priorem Fratrum Praedicatorum de Lovanio, qui una cum suo socio fratre Ripone omnibus istis
interfuit et ordinäre coadjuvit, sigillumque suum eidem scripto apposuit. Datum et actum Tungris
in crastino Circumcisionis Domini, anno MCCLXII.)', ebd., cap. XIX, S. 132 (Frater G., priorfrat-
rum Praedicatorum in Lovanio, et magister G., dominus decanus ecclesiae beati Petri in Lovanio,
licet indignus. Noveritis nos vidisse literas vencrabilis patris Conradi, Coloniensis ecclesiae ar-
chiepiscopi. Italiae archicancellarii, etc. Literae in Banco anni 1249), oder ebd. cap. LII, S. 343
(Universis praesentes literas visuris, frater Philippus, prior fratrum Ordinis Praedicatorum, et
magister Franco, canonicus ecclesiae beati Petri, salutem in Domino).