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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0177
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176

IV. Die Edition

(und folglich C am Rand vermerkte), oder ob er bei C blieb und die entsprechende
Variante aus A am Rand vermerkte. Reicherts nicht immer konsequente und biswei-
len verworrene Arbeitsweise verursachte einige Fehler, die sich freilich erst bei ge-
nauer Durchsicht seiner Arbeit offenbaren. Wenn er beispielsweise einen Absatz oder
ein Wort aus C beim Abschreiben übersehen hatte, ging Reichert wohl bei der Kor-
rektur zu A davon aus, dass der entsprechende Text in C fehlen müsse und gab des-
halb „om. C“ (= omittit C) an; damit bestätigte er während der Korrektur gleichsam
den eigenen Abschreibfehler.
Anders als die Handschrift D (= Würzburg), die an verschiedenen Stellen des Ap-
parats als Variante auftaucht, verwendete Reichert die Handschrift aus Bologna
nicht. Möglicherweise bedeutet der Hinweis „B. Boi.“ in seiner „Legende“ auf Blatt
1 einfach, dass er diesen Codex kannte und verwenden wollte. In seinem kritischen
Apparat kommt B jedoch nicht vor, und auch sonst gibt es keine Indizien dafür, dass
Reichert diese Handschrift konsultiert oder eingearbeitet hat. Es ist deshalb anzuneh-
men, dass Reichert einfach auf die ihm in Rom und später in Franken zugänglichen
Exemplare zurückgriff und verstarb, bevor er seine Arbeit fertigstellen bzw. das Ex-
emplar aus Bologna berücksichtigen konnte.
Trotz einiger Unstimmigkeiten erarbeitete Reichert eine hilfreiche Textgrundlage,
die Einblick in verschiedene Überlieferungen des „Bienenbuchs“ gewährt und des-
halb auch bei der Erstellung dieser Edition herangezogen wurde.
IV.2. Auf der Suche nach dem roten Faden:
Die Erarbeitung des Editionskonzepts
Die Entschlüsselung der Herangehensweise von Benedikt Maria Reichert verweist
auf eine grundlegende Herausforderung, die auch am Anfang dieses Editionsvorha-
bens stand: die begründete Auswahl von Handschriften und mithin die Definition
eines Editionskonzepts, das sowohl dem Textgehalt als auch der Überlieferung ange-
messen ist.
Für die vorliegende Edition des „Bienenbuchs“ wurde eine eigene Form gefun-
den. Sie basiert auf fünf Handschriften, die in zeitlicher und geographischer Di-
vergenz wichtige Überlieferungsgruppen des Textes zwischen dem 13. und
15. Jahrhundert repräsentieren. Jede Handschrift steht stellvertretend für eine be-
stimmte Lesart in Bezug auf Textumfang, Textstruktur und regionale Überlieferun-
gen; Vollständigkeit ist dabei nicht angestrebt. Vielmehr soll der Nutzer auf diese
Weise einen Eindruck vom zeitgenössischen Umgang ebenso wie von späteren Be-
arbeitungen des Textes bekommen. Damit wird ein Editionsmodell vorgeschlagen,
das auch für andere Texte mit ähnlicher Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte
anwendbar sein könnte.
 
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