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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0020
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1.1. Religiöse Anfänge: Augustiner-Chorherr in Cantimpre

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wortgewaltigen Predigten Jakobs von Vitry, die Thomas von Cantimpre zum Eintritt
in das Stift Cantimpre bewogen (s. dazu auch Abschnitt I.2.); ebenso möglich ist aber,
dass Thomas seinem eigenen Werdegang mit der Verbindung zum prominenten
Jakob von Vitry Glanz zu leihen versuchte.
Über die Geschichte des Augustiner-Chorherrenhauses berichtet Thomas in sei-
ner „Vita des Johannes von Cantimpre“, die der Lebensgeschichte des ersten Abtes
von Cantimpre gewidmet ist, mehr.14 So sei die erste Kapelle in Cantimpre von einem
reichen Bürger von Cambrai gestiftet worden, der auf diese Weise an seinen verstor-
benen Sohn habe erinnern wollen. Mit der Verantwortung für die entsprechenden
Gottesdienste sei der für seinen heiligmäßigen Lebensstil bekannte Johannes von
Cantimpre betraut worden. Dieser habe die großzügige Zuwendung als göttliches
Zeichen gedeutet und damit sogleich eine Kirche samt dazugehörigem Stift errichten
lassen; dank der Hilfe des Bischofs von Cambrai sei Johannes schließlich auch mit
dem Pfarrrecht für das umliegende Gebiet ausgestattet worden.15
Auch ohne die Ausschmückungen des Thomas lässt sich die Gründungsgeschich-
te des Stiftes in frühen Urkunden nachvollziehen. 1180 gestattete Roger von Wavrin,
der Bischof von Cambrai, die Einrichtung eines Stiftes, das vor den Toren von Cam-
brai auf einem Gebiet aus dem Besitz Hugos III. von Oisy errichtet werden und der
Augustinusregel in der Tradition von St. Victor in Paris folgen sollte. Die Abtei er-
hielt überdies die Verantwortung für die umliegende Pfarrei von Saint-Sauveur.16 Be-
reits zwei Jahre später kam eine weitere Aufgabe hinzu: 1182 bestätigte Bischof Ro-
ger die Errichtung der von Cantimpre abhängigen Priorei in Beilingen nahe Brüssel.17
In den folgenden Jahren und auch im Laufe des 13. Jahrhunderts erhielt das Stift von
Cantimpre von zahlreichen adeligen Familien der Region (z.B. die Familien d’Oisy
oder Montmirail) großzügige Zuwendungen in Form von Besitzübertragungen oder
Stiftungen.18
Bellinghen, Thomas van Beilingen. Zur Tätigkeit Jakobs von Vitry als Prediger und Beichtvater in
den Niederlanden s. auch Carpenter, A New Heaven, S. 124-125.
14 Zum Werk s. Godding, Vie apostolique.
15 Thom. Cantimpr. Vita loannis 1,5-6 sowie 1,12-14.
16 Der Text der Urkunde von 1180 ist abgedruckt in: Bruyelle, Abbaye de Notre-Dame, S. 300f. Zur
Geschichte von Cantimpre s. außerdem Gallia christiana III, S. 161-163 sowie Dailliez, L’Abbaye
de Cantimpre, S. 36-38. Zu St. Victor s. neuerdings A Companion, hg. Feiss/Mousseau.
17 Urkunde von 1182 in: Bruyelle, Abbaye de Notre-Dame, S.301f. Zu Beilingen vgl. auch Hachez,
Le prieme de Cantimpre.
18 Eine Übersicht der Schenkungen findet sich bei Bruyelle, Abbaye de Notre-Dame, S. 303f. Vgl.
hierzu auch die Sammlung von Schenkungsdokumenten für Cantimpre und seine Tochterabtei Be-
aumont in: Paris, Bibliotheque nationale de France, sign. NAL 2658 (2658: Documents historiques
(Xllle-XVIIIe s.). Bei dieser Zusammenstellung handelt es sich um die spätmittelalterliche kopiale
Überlieferung (dat. 1425) von Schenkungsurkunden zugunsten von C antimpre, die Johannes I. von
Montmirail und seine Ehefrau Helvide von Dampierre (ca. 1172-1225) in den Jahren 1200-1223
gemeinsam Vornahmen, sowie um Schenkungen, die bis zum Jahr 1253 von weiteren Herren der
Region getätigt wurden. Zur gemeinsamen Ausstattung Cantimpres durch Johannes und Helvide
 
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