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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0083
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II. Das Werk

die Voraussetzung für ein dauerhaft friedliches Leben in der Gemeinschaft gegeben
(BUA 1,21-22).
Konsequenterweise stehen am Ende des Zyklus über das Vorsteheramt die Er-
schöpfung und der Tod des Vorstehers (BUA 1,23-25). Ähnlich wie schon über die
Zuweisung seines Amtes kann der Bienenkönig auch nicht über dessen Ende bestim-
men - beide Zäsuren sind von Gott vorherbestimmt. In beredter Weise gibt von die-
sem Dilemma ein Exempel über eine schwäbische Priorin Ausdruck, die aufgrund
ihrer Erkrankung von ihrem Amt entbunden werden will; anstelle einer Erlösung von
der Amtspflicht folgt eine (temporäre) Erlösung von der Krankheit (BUA 1,24,2).
Dem Tod jedoch kann auch der Bienenkönig nicht entgehen, und entsprechend der
engen Verbindung mit dem Volk versetzt sein Ende die Bienengemeinschaft in tiefe
Bestürzung und Trauer (BUA 1,25).
Die hier skizzierte ideale klösterliche Gemeinschaft gründet auf der Führung
durch einen qualifizierten Vorsteher und auf dem Gehorsam der Gemeinschaft. Erst
die Symbiose aus der Selbstverantwortlichkeit und treuen Untergebenheit der Ge-
meinschaft einerseits und der guten Führung des Vorstehers andererseits vermag den
Frieden zu schaffen, nach dem alle gemeinschaftlich streben. Dabei gelten klare
Normvorstelhmgen für alle Beteiligten, und entsprechend werden Verstöße unmittel-
bar geahndet. Auch der beständige Rekurs auf das Prinzip der wechselseitigen Ver-
antwortung und Abhängigkeit kann deshalb nicht darüber hinwegtäuschen, dass in
erster Linie das Bild einer streng hierarchischen und radikal normierten Gemein-
schaft skizziert wird.
Das Bienenvolk
In logischer Ergänzung der in Buch I formulierten Erkenntnisse zum Bienenkönig
steht das Bienenvolk in seiner ganzen Vielfalt im Zentrum von Buch II. Gleich zu
Beginn wird verdeutlicht, dass es sich keinesfalls um eine homogene, sondern um
eine stark untergliederte Gemeinschaft handelt, in der jeder Untergruppe eine be-
stimmte Aufgabe zugewiesen ist.
In den Kapiteln BUA 11,1-7 wird die Dreigliederung in verdiente (Mutter-)Bienen,
junge Bienen und Drohnen vorgestellt.182 Erneut erfolgt eine Verbindung der jeweili-
gen Aufgaben in der Gemeinschaft mit bestimmten physiologischen Merkmalen wie
Alter oder Körpergröße. So zeichnen sich die „Mutterbienen“, deren Aufgabe der
Zusammenhalt der Gemeinschaft mit Liebe und Fürsorge ist, durch eine besondere
Größe aus; in Analogie dazu stehen zahlreiche Exempel über prominente Vertreter
der Predigerordens (BUA 11,1). Die jüngeren Bienen dagegen sind zur Arbeit und zur
Versorgung der Gemeinschaft verpflichtet - übertragen auf die religiöse Gemein-
schaft werden neben körperlicher Arbeit auch Lieder und Gebete genannt (BUA 11,2).
182 S. für die folgenden Ausführungen Sweetman, Dominican preaching, S. 179 sowie Pollini, Les
proprietes, S. 279-284.
 
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