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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0099
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98

II. Das Werk

Herrschaftseliten ebenso berücksichtigt wie Stadtbewohner, Bauern, Bettler und
arme Leute.238
Der erzählerische Stellenwert dieser Gruppen lässt sich indes recht klar differen-
zieren. Mitglieder europäischer Königsfamilien, allen voran des französischen Kö-
nigshauses zur Lebenszeit des Autors, erfüllen mehrheitlich eine rahmende Funktion.
Durch die Hinweise auf prominente Könige oder ihre Familien werden im „Bienen-
buch“ zahlreiche Episoden zeitlich verortet oder kontextualisiert. Eine besondere Rol-
le nehmen dabei - und das ist im Hinblick auf den Zeitbezug zu Thomas von Cantim-
pre nicht weiter verwunderlich - Ludwig IX. (1214-1270) und seine Familie ein. So
stehen die Person Ludwigs oder der mit ihr verbundene Ruhm im Mittelpunkt mehre-
rer exemplarischer Erzählungen, wobei diesen entweder Autorität verliehen werden
soll oder konkret vom Vorbildcharakter des Königs berichtet wird.239 Überdies klingt
in mehreren Geschichten die Dankbarkeit des Dominikaners Thomas für die Unter-
stützung der königlichen Familie gegenüber den Mendikanten an.240
In deutlich geringerem Umfang kommen die königlichen Familien Englands oder
Deutschlands im „Bienenbuch“ zur Sprache, nämlich vorrangig bei bedeutsamen Er-
eignissen241 oder aber bei familiären Verbindungen zu Adeligen aus Frankreich,
Flandern oder Brabant.242 Die beiläufigen Verweise auf die Herrscher des Lateini-
schen Kaiserreiches in BUA 11,29,39 bestätigen diesen Eindruck: In der Erzählung
geht es um die Grafentochter Yolanda von Vianden (ca. 1231-1283), die sich gegen
den Willen ihrer Eltern, Heinrichs I. von Vianden und Margarethes von Courtenay,
für ein Leben bei den Marienthaler Dominikanerinnen entscheidet. Welche soziale
Sprengkraft dieser Entschluss birgt, deckt Thomas von Cantimpre mit einem Hin-
weis auf Yolandas adeligen Familienhintergrund und die damit zusammenhängende
Bestimmung der Grafentochter für eine gute Eheverbindung auf:
238 Zur Einordung und Würdigung der von Thomas behandelten gesellschaftlichen Gruppen s. auch
Kirsch, Des Thomas von Chantimpre Buch.
239 S. etwa Thom. Cantimpr. BUA 11,54,14 sowie Le Goff, Ludwig der Heilige, S. 319-340.
240 S. die besonders pragmatische Danksagung an Ludwig in Thom. Cantimpr. BUA 11,57,65 oder
die Anmerkung über Ludwigs Bruder Alfons von Poitiers (1220-1271) in Thom. Cantimpr. BUA
11,10,23: Huius crudelissimi edicti quatuor magistriprecipue fuerunt Parisius infatigabiles incen-
tores, qui simplicitatem scolarium Parisius contra dictos fratres feraliter concitarunt, in tantum,
ul nisi se piissimus ac devotissimus rex Francie, Ludovicus, necnon et frater eins, pius comes
Pictavie, Alfonsus, antequam ipse rex a transmarinis rediret in Galliam, murum, inquam, se pro
fratribus posuissent, abdicatos fratres rebus et corporibus exterminassent. S. dazu auch Le Goff,
Ludwig der Heilige, S. 288-302.
241 S. beispielsweise den Bericht eines Ritters in Thom. Cantimpr. BUA 11,51,4, in dem der Kon-
flikt zwischen England und Frankreich als Rahmenhandlung fungiert: Miles vivens fui peccator
immanissimus ea tempestate, qua Richardus rex Anglie contra Philippum regem Francie prelia
concitavit.
242 S. z. B. Thom. Cantimpr. BUA 11,29,30, wo Isabella von Frankreich als Verlobte Konrads von
Staufen vorgestellt wird: Hec desponsata Conrado, filio Frederici Romanorum imperatoris, in
virginitate permanere innuba preelegit.
 
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