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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0107
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106

II. Das Werk

BUA 11,2,3 zum Ausdruck. In der Replik gegenüber einem Mann, der aufgrund der
Mongoleneinfälle um die Sicherheit Brabants besorgt ist, lässt Thomas eine fromme
Nonne Brabant als „Land der Heiligen“ beschreiben, das aufgrund der Menge an
lokalen Heiligen und Klöstern vor jedwedem Angriff geschützt sei.278 Durch solche
Erzählungen wird Brabant gleichsam zum Inbegriff eines rechtschaffenen und got-
tesfürchtigen Lebens, das für andere Menschen Vorbild und Ansporn zugleich ist.
Im Unterschied dazu kommt Flandern (Flandrid) deutlich seltener zur Sprache.
Zu den in Flandern gelegenen Orten und Klöstern, die Thomas von Cantimpre expli-
zit nennt, gehören Saint-Omer, Brügge, Torhout, Lille oder Marquette. In ähnlich
geringem Umfang - jedenfalls verglichen mit Brabant - finden die Regionen rund um
Köln oder Trier samt lokalen Adeligen Erwähnung (z. B. die Grafen von Geldern oder
von der Mark). Dennoch zeigen auch deren Berücksichtigung wie auch die des Rau-
mes zwischen Cambrai und Paris, dass primär der Lebensweg des Thomas von Can-
timpre für seinen Blick auf die Menschen und Lebensformen seiner Zeit prägend war.
Erkennbar ist das „Bienenbuch“ somit das Werk eines Einzelnen, der seinen eige-
nen Lebensweg vollkommen im Schaffen als Autor aufgehen ließ. Entsprechend ge-
ben nicht politische Grenzen von Königreichen oder Herzogtümern, nicht Ordenspro-
vinzen oder kirchliche Diözesangrenzen den geographischen oder sozialen Rahmen
der Erzählung vor.279 Strukturierend wirken allein die Biographie und das Personen-
netzwerk des Thomas von Cantimpre. Persönliche Kontakte oder eine narrative Pro-
minenz wiegen mithin schwerer als soziales Ansehen oder politische Macht. Als Pre-
digermönch und Seelsorger durchwanderte Thomas von Cantimpre das mittelalterliche
Brabant sowie die angrenzenden Regionen, und erlebte bzw. erfasste diese in bestän-
digem Diskurs mit anderen Menschen. Indem er aus diesem biographischen Erfah-
rungsschatz das „Bienenbuch“ zusammenstellte, erschuf er gleichsam narrativ eine
Region - die Region seiner eigenen Lebenswelt, die er in lebendigen exemplarischen
Erzählungen der Nachwelt als ein buntes Panorama der Alltags- und Vorstellungs-
welt im 13. Jahrhundert hinterließ.

278 Thom. Cantimpr. BUA 11,2,3: Nihil iam, karissime, verearis, quia tot sunt in terra ista anime
beatorum et in hiis maxime claustris, quod nullus est hie Tartarorum exercitus formidandus, sanc-
tarum orationum iaculis repellendus.
279 S. hierzu auch die Überlegungen bei Tervooren, Van der Masen, S. 15-26.
 
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