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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0141
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140

III. Die Rezeptionsgeschichte

deren Seitenzahlen abgestimmt ist. Da die Sammelhandschrift neben diesem
Register Predigttexte und weitere Verzeichnisse enthält, ist anzunehmen, dass
auch Wann mit seiner Registrierungsarbeit potentiellen Predigtstoff zugänglich
machen wollte. Dazu passt auch, dass er gleichfalls ein Register zu Johannes
Niders Formicarius anfertigte (s. hierzu auch Kapitel III.3.5, „Gemeinschaftsvor-
stellungen im Wandel“).133
Seine Vorlage, das aus Tegernsee entliehene Exemplar des „Bienenbuchs“, gab
Wann übrigens nicht ganz unbeschadet zurück: Der Text weist am Rand verschie-
dentlich Notizen und Kommentare auf, die mutmaßlich aus der Hand Wanns stam-
men. Das ist typisch für viele Handschriften, in denen nachträglich eingefügte Über-
schriften, korrigierende Glossen und weiterführende Kommentare davon künden,
dass das „Bienenbuch“ nicht nur nutzerfreundlich gestaltet war, sondern tatsächlich
auch benutzt, kommentiert oder sogar um weiterführende Anmerkungen ergänzt
wurde. Das Spektrum solcher Leserkommentare reicht von inhaltlichen Anmerkun-
gen über individuelle Angaben des Schreibers, Bezugnahmen späterer Nutzer auf die
eigene Gegenwart bis hin zur Ergänzung von Textpassagen, die inhaltlich oder struk-
turell zum Bonum universale de apibus zu passen schienen.
Eine recht klassische Form der Glossierung stellen kurze Anmerkungen zum In-
halt des Textes dar, die am Rand des jeweiligen Textabschnitts notiert wurden. Mit
ihrer Hilfe konnten sich die Nutzer rasch eine Orientierung verschaffen, welche The-
matik im jeweiligen Abschnitt behandelt wird. Ein Beispiel für diese Form der Glos-
sierung ist die aus dem Prämonstratenserkloster Belval-Bois-des-Dames stammende
Handschrift, die heute in Charleville aufbewahrt wird. Darin finden sich ab dem
Beginn von Buch I auf fol. 35r knappe Randvermerke, die das im Haupttext behan-
delte Thema mit einem Wort oder einem kurzen Satz zusammenfassen; diese An-
merkungen erstrecken sich in unregelmäßigen Abständen über das gesamte Werk.
Dieselbe Hand hat den Haupttext zudem sorgfältig korrigiert und an vielen Stellen
Ergänzungen oder Verbesserungen vorgenommen, so dass sich auch der Prozess des
Kopierens und Überarbeitens gut nachvollziehen lässt.134
Auf durchaus humorvolle Weise tritt im Codex dagegen die Person jenes Schrei-
bers hervor, der im Wiener Dominikanerkloster das Bonum universale de apibus
kopierte (s. Abb. 20). Offenkundig schuldbewusst wandte er sich nämlich gleich zu
Beginn mit folgender Glosse an seine Leser: „Ich bitte dich Leser, wer auch immer
dieses Buch liest, dass du auf die Schrift achtest; denn derjenige, der dieses Buch
133 München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm. 18389. S. dazu Mittelalterliche Bibliothekskataloge
Deutschlands und der Schweiz 4,1, S. 45.
134 Charleville, Bibliotheque municipale, cod. 7, z. B. fol. 35r zu BUA 1,1,1 (quodprelatus debet esse
hone vite et bone fame sowie weiter unten quod Christus est summus prelatus ecclesie cui omnes
prelati obedire tenentur). Umfassende Korrekturen bzw. Ergänzungen von Textstellen wurden bei-
spielsweise auf fol. 73v und fol. 74r vorgenommen (BUA 11,12 und 11,13). Zur Bibliothek von Belval
s. Collin-Roset, Les manuscrits.
 
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