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III. Die Rezeptionsgeschichte
eingeforderten „neuen“ Frömmigkeitsverständnis und der Vorstellung von der Ver-
vollkommnung des Lebens durch die Lektüre geistlichen Schrifttums („Schriftapos-
tolat“) waren ihre Klöster zumeist mit umfassenden Bibliotheken ausgestattet, in
deren Beständen sich bedeutendes Predigtmaterial fand.214
In diesem zeitlichen und religionsgeschichtlichen Kontext lassen sich auch jene
Handschriften verorten, in denen die von Ernst von Pardubitz verfassten Gebetsfor-
meln enthalten sind: So gehörte eine Handschrift der Bibliothek des Augustiner-
Chorherrenstiftes Raudnitz (Roudnice), dem Zentrum der böhmischen Reform-
bewegung,215 und eine weitere dem von Raudnitz aus gegründeten Stift Wittingau
(Tfebon).216 Der dritte Codex entstand zu Beginn des 15. Jahrhunderts im Umfeld des
Prager Domkapitels,217 während der vierte von einem Johanniterbruder aus Breslau
(Wroclaw) abgeschrieben wurde.218
214 S. hierzu Zemek, Die Augustiner-Chorherren; Machilek, Die Raudnitzer Reform; Machilek, Die
Augustiner-Chorherren; Mezey, Die Devotio moderna sowie Orlowski, Arnost z Pardubic.
215 Praha, Knihovna Närodniho muzea, cod. XII F 3. Der Schreibervermerk auf fol. 274r belegt, dass
die Handschrift nicht im Stift geschrieben wurde (Explicit Uber secundus qui intytulatus uniuersa-
le bonum de apibus et est de subditisfinitusper manus nycolay dich bohemuli de Jermyrpresbiteri
anno domini m ccc° Ixxxvii in die sancti apollinari hora nona in czybuss). In seiner Arbeit über
das gleichfalls in der Handschrift überlieferte Horologium Sapientiae des Heinrich Seuse gibt
Pius Künzle an, dass der Codex „ursprünglich aus dem Augustinerkloster in Czybuss [= Cibuz bei
Jaromef]“ stamme. Vgl. Künzle, Heinrich Seuses Horologium Sapientiae, S. 173. Für administrati-
ve oder personelle Verbindungen der Pfarrei Cibuz zum nahegelegenen Augustinerkloster Jaromef
gibt es nach Auskunft von Dr. Michal Dragoun (Prag) jedoch keine Belege. Die Handschrift XII
F3 scheint demnach nicht in einem (Reform-)KIoster der Augustiner-Chorherren angefertigt, son-
dern erst zu Beginn des 15. Jahrhunderts von der Raudnitzer Gemeinschaft im schlesischen Exil
erworben worden zu sein. S. hierzu Burkhardt, Tomas z Cantimpre.
216 Praha, Närodni knihovna Ceske republiky, cod. XII B 2. Die Handschrift war eine Stiftung durch
die Herren von Rosenberg für das Kloster Wittingau, vgl. den Besitzvermerk auf fol. 172r: Liber
monasterii S. Egidii in Witignaw comparatus per nobiles dominos de rosemberk primos ipsius
monasterii fundatores. Zur Klosterbibliothek s. Hlaväcek, Studie k dejinäm knihoven. Im Wittin-
gauer Bibliotheksinventar aus dem Jahr 1415 ist die Handschrift als Nr. 70 (Item Apiarius) bereits
verzeichnet. Vgl. ebd., S. 48. Zum Kloster Wittingau/Tfebon s. auch Kadlec, Kläster augustiniäns-
kych, Kadlec, Wittingau-Tfebon sowie Machilek, Die Raudnitzer Reform.
217 Praha, Archiv Prazskeho Hradu / Archiv Metropolitni kapituly u sv. Vita, cod. O XXV. S. hierzu
Podlaha, Soupis rukopisü I, S. 267f. Die Handschrift befindet sich heute in der Bibliothek des
Metropolitankapitels Prag (Archiv der Prager Burg) und stammt dem Besitzvermerk auf fol. 12r
zufolge (Liber mgri lohannis Herttemberger de Cubito) aus dem Besitz des Johannes Herttem-
berger de Cubito, der von 1480 bis 1498 canonicus in St. Veit (Prag) und königlicher Kaplan war.
Zu Herttemberger de Cubito s. Series praepositorum, hg. Podlaha, S. 108. Zur Handschrift s.
Podlaha, Soupis rukopisü II, S. 489-490. S. zur Bibliothek auch Podlaha, Die Bibliothek des Me-
tropolitankapitels. Für seine freundliche Auskunft zu Cod. O XXV sei Dr. Marek Suchy (Archiv
der Prager Burg) gedankt.
218 Wroclaw, Biblioteka uniwersytecka, cod. IV F 187, fol. 27v: modice interstitio transeamus. Amen
domine Lesum. Explicit Uber primus de apibus qui vocatur et intytulatur ab auctore universale
bonum de apibus vel tractatus de rege apum, id est prelati fidelium. Finitus per fratrem ordinis
sancti lohannis lerosoUmitanam seu de Rodano in civitate vel in opido Reychinbach anno ab in-
carnatione domini Mo CCCCo XLI in die beatissimorum apostolorum Philippi et Jacobi. Deus sit
III. Die Rezeptionsgeschichte
eingeforderten „neuen“ Frömmigkeitsverständnis und der Vorstellung von der Ver-
vollkommnung des Lebens durch die Lektüre geistlichen Schrifttums („Schriftapos-
tolat“) waren ihre Klöster zumeist mit umfassenden Bibliotheken ausgestattet, in
deren Beständen sich bedeutendes Predigtmaterial fand.214
In diesem zeitlichen und religionsgeschichtlichen Kontext lassen sich auch jene
Handschriften verorten, in denen die von Ernst von Pardubitz verfassten Gebetsfor-
meln enthalten sind: So gehörte eine Handschrift der Bibliothek des Augustiner-
Chorherrenstiftes Raudnitz (Roudnice), dem Zentrum der böhmischen Reform-
bewegung,215 und eine weitere dem von Raudnitz aus gegründeten Stift Wittingau
(Tfebon).216 Der dritte Codex entstand zu Beginn des 15. Jahrhunderts im Umfeld des
Prager Domkapitels,217 während der vierte von einem Johanniterbruder aus Breslau
(Wroclaw) abgeschrieben wurde.218
214 S. hierzu Zemek, Die Augustiner-Chorherren; Machilek, Die Raudnitzer Reform; Machilek, Die
Augustiner-Chorherren; Mezey, Die Devotio moderna sowie Orlowski, Arnost z Pardubic.
215 Praha, Knihovna Närodniho muzea, cod. XII F 3. Der Schreibervermerk auf fol. 274r belegt, dass
die Handschrift nicht im Stift geschrieben wurde (Explicit Uber secundus qui intytulatus uniuersa-
le bonum de apibus et est de subditisfinitusper manus nycolay dich bohemuli de Jermyrpresbiteri
anno domini m ccc° Ixxxvii in die sancti apollinari hora nona in czybuss). In seiner Arbeit über
das gleichfalls in der Handschrift überlieferte Horologium Sapientiae des Heinrich Seuse gibt
Pius Künzle an, dass der Codex „ursprünglich aus dem Augustinerkloster in Czybuss [= Cibuz bei
Jaromef]“ stamme. Vgl. Künzle, Heinrich Seuses Horologium Sapientiae, S. 173. Für administrati-
ve oder personelle Verbindungen der Pfarrei Cibuz zum nahegelegenen Augustinerkloster Jaromef
gibt es nach Auskunft von Dr. Michal Dragoun (Prag) jedoch keine Belege. Die Handschrift XII
F3 scheint demnach nicht in einem (Reform-)KIoster der Augustiner-Chorherren angefertigt, son-
dern erst zu Beginn des 15. Jahrhunderts von der Raudnitzer Gemeinschaft im schlesischen Exil
erworben worden zu sein. S. hierzu Burkhardt, Tomas z Cantimpre.
216 Praha, Närodni knihovna Ceske republiky, cod. XII B 2. Die Handschrift war eine Stiftung durch
die Herren von Rosenberg für das Kloster Wittingau, vgl. den Besitzvermerk auf fol. 172r: Liber
monasterii S. Egidii in Witignaw comparatus per nobiles dominos de rosemberk primos ipsius
monasterii fundatores. Zur Klosterbibliothek s. Hlaväcek, Studie k dejinäm knihoven. Im Wittin-
gauer Bibliotheksinventar aus dem Jahr 1415 ist die Handschrift als Nr. 70 (Item Apiarius) bereits
verzeichnet. Vgl. ebd., S. 48. Zum Kloster Wittingau/Tfebon s. auch Kadlec, Kläster augustiniäns-
kych, Kadlec, Wittingau-Tfebon sowie Machilek, Die Raudnitzer Reform.
217 Praha, Archiv Prazskeho Hradu / Archiv Metropolitni kapituly u sv. Vita, cod. O XXV. S. hierzu
Podlaha, Soupis rukopisü I, S. 267f. Die Handschrift befindet sich heute in der Bibliothek des
Metropolitankapitels Prag (Archiv der Prager Burg) und stammt dem Besitzvermerk auf fol. 12r
zufolge (Liber mgri lohannis Herttemberger de Cubito) aus dem Besitz des Johannes Herttem-
berger de Cubito, der von 1480 bis 1498 canonicus in St. Veit (Prag) und königlicher Kaplan war.
Zu Herttemberger de Cubito s. Series praepositorum, hg. Podlaha, S. 108. Zur Handschrift s.
Podlaha, Soupis rukopisü II, S. 489-490. S. zur Bibliothek auch Podlaha, Die Bibliothek des Me-
tropolitankapitels. Für seine freundliche Auskunft zu Cod. O XXV sei Dr. Marek Suchy (Archiv
der Prager Burg) gedankt.
218 Wroclaw, Biblioteka uniwersytecka, cod. IV F 187, fol. 27v: modice interstitio transeamus. Amen
domine Lesum. Explicit Uber primus de apibus qui vocatur et intytulatur ab auctore universale
bonum de apibus vel tractatus de rege apum, id est prelati fidelium. Finitus per fratrem ordinis
sancti lohannis lerosoUmitanam seu de Rodano in civitate vel in opido Reychinbach anno ab in-
carnatione domini Mo CCCCo XLI in die beatissimorum apostolorum Philippi et Jacobi. Deus sit