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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0185
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IV. Die Edition

Korreliert man die textimmanenten Kriterien mit weiteren Aspekten wie Datie-
rung und Provenienz, ergibt sich für beide Gruppen ein passendes Bild. Die Hand-
schriften der „roten“ Gruppe entstanden ausnahmslos im 14. und 15. Jahrhundert in
Bayern, Böhmen und Österreich.52 Die Handschriften der „grünen“ Gruppe stam-
men geographisch sogar aus einem noch engeren Raum, der sich von Paris (P4) im
Süden über Bourgfontaine (P2) bis nach Douai (Do2), Valenciennes (Val) und Has-
non bei Valenciennes (Dol) im Norden erstreckt. Die Nähe der zuletzt genannten drei
Orte ist dabei besonders interessant und lässt direkte Kontakte oder mögliche Tausch-
prozesse annehmen. Zeitlich ist die Streuung dieser Handschriften vom späten 14. bis
späten 15. Jahrhundert derjenigen der „roten“ Gruppe vergleichbar. Auch im Hin-
blick auf die religiöse Zugehörigkeit ist ein breites Spektrum von Franziskanern (Val)
über benediktinische Gemeinschaften (Dol, P4) bis hin zu Dominikanern (Do2) und
Kartäusern (P2) zu konstatieren. Über die Leitfehleranalyse im Einzelnen hinausge-
hend zeichnen aber auch weitere textuelle Charakteristika die „grüne“ Gruppe aus:
So ist beispielsweise die Textstruktur in den zugehörigen Handschriften besonders
sorgfältig ausdifferenziert, etwa durch die Kennzeichnung von Kapiteln und die Ein-
führung von Unterkapiteln. Überdies wird als Beginn von BUA 11,1 in allen Codices
der „grünen“ Gruppe der Abschnitt distribuuntur in tribus ordinibus (Bestand der
Vorrede zu BUA II) gezählt.
Eine eindeutige Klassifizierung der übrigen Handschriften war weitaus schwieri-
ger, ließ sich doch die Mehrheit entweder keiner genau zu definierenden Gruppe zu-
ordnen oder einzelne Codices wechselten die Gruppenzugehörigkeit. Immerhin
konnten aber zwei weitere feste Gruppen identifiziert werden: Kontinuierlich standen
nämlich die ältesten Handschriften (Bo, Me, Cf und Nav, in den Abbildungen gelb
markiert) zusammen, ebenso wie die Überlieferungsträger der „längeren“ Fassung
(Bl, B5, C, Dol, G, L2, PI und W2, in den Abbildungen orange markiert).53 Auch in
den 2014 erstellten Dendrogrammen lassen sich diese Gruppen stets in ihren Grund-
zügen erkennen (vgl. Anhang 5.3. und 5.4.).
Der Befund von insgesamt vier recht stabilen Gruppen legte nahe, je einen Vertre-
ter pro Gruppe in eine Probeedition einzubinden. Dafür war jeweils ein möglichst
„typischer“ Repräsentant auszuwählen, also eine Handschrift, die nicht maßgeblich
von der Gesamtgruppe abweicht. Für eine Probeedition des Textausschnittes BUA
1,1-1,8 wurden auf dieser Grundlage fünf Handschriften ausgewählt: Bo als Ver-
treterin der ältesten Handschriften (zudem die älteste vollständig und ohne Lagen-
verlust erhaltene Handschrift), W2 als Vertreterin einer „längeren“ Fassung (s. hierzu
52 Für eine genauere Analyse s.u. Abschnitt IV.2.5., „Gruppenspezifika“.
53 Es ist zu betonen, dass die Etablierung einer „Langfassungsgruppe“ nicht allein auf dem gemein-
samen Charakteristikum der ergänzten Stellen beruht (s.o. Abschnitt „Vollständigkeitsprüfung“).
Wie ein Abgleich mehrerer Stellen im Haupttext zeigt (z. B. BUA 11,13,3 oder BUA 11,23,2), über-
liefert diese Gruppe auch einige Passagen eigenständig.
 
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