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Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0027
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2. Opusculum de aedificio Dei

geradezu ideale Bedingungen für die Abfassung des Opusculum. Vor allem die Bib-
liotheken der Regensburger Klöster St. Emmeram und Prüfening stellten außeror-
dentliche Wissenszentren für die zeitgenössischen Gelehrten dar.89 Während der
Überlieferungsschwerpunkt in St. Emmeram auf Texten lag, die mit der Person Hein-
richs IV in Zusammenhang standen, wurden im Benediktinerkloster Prüfening, das
mit Hirsauer Mönchen besiedelt wurde, vor allem reformnahe Schriften gesammelt
und überliefert.90
Nur die leicht überarbeitete zweite Fassung des Opusculum, die Gerhoch einem
gewissen Priester (Incipit prologus ad quendam presbiterum) gewidmet hat, ist in
zwei Handschriften überliefert. Dabei stammt eine aus dem 12. und eine aus dem
15. Jahrhundert.91 Classen vermutet, dass es sich bei diesem Priester um einen „Ger-
hoch nahestehenden Priester der Diözese Freising, vermutlich Mitglied des Domka-
pitels, vielleicht Lehrer oder Freund aus Gerhochs Schulzeit in Freising, wohl kaum
ein Angehöriger des Stiftes Rottenbuch“ handelt.92 Diesen Freisinger Kleriker bat
Gerhoch die überarbeitete Fassung seines Werkes dem designatus episcopus Frisin-
gensis vorzulegen.93 Bei dem Freisinger Elekten handelt es sich um den designierten
Bischof Otto von Freising (1138-1158), der Widmungsbrief muss also zwischen Ottos
Wahl und Weihe zum Bischof entstanden sein.94 Durch die Übergabe seiner Reform-
schrift an den neugewählten Bischof von Freising und natürlich auch mit deren Lek-
türe verband Gerhoch die Hoffnung, Otto für seine grundlegende Klerikerreform in
der Freisinger Diözese zu gewinnen.95 Inwieweit der Freisinger Bischof Gerhochs
Werke - der Regularkanoniker widmete Otto auch noch seinen späteren Traktat De
glorificatione Filii hominis und den ersten Teil des Psalmenkommentars - rezipiert
hat, lässt sich nicht mehr im Detail nachvollziehen.96 Bekannt ist lediglich, dass das
89 Zur Bedeutung der Stadt Regensburg und ihrer Klöster im sogenannten Investiturstreit vgl. Den-
dorfer, Regensburg im „Investiturstreit“, S. 17-27; Landau, Kanonistische Aktivität, S. 55-74;
Märtl, Regensburg, S. 145-183.
90 Zur Prüfeninger Bibliothek im 12. Jahrhundert vgl. Schmitz, Kloster Prüfening im 12. Jahrhun-
dert, S. 63-206. Der Bibliothekskatalog aus Prüfening von 1165 ist ediert bei: Ineichen-Eder, Mit-
telalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 4, 1, S. 416-427.
91 Siehe hierzu ausführlich Einleitung, Kap. 4.1.1.
92 Classen, Gerhoch, S. 333 (Regest 14). Für die Vermutung Karl Meichelbecks, dass es sich da-
bei um Gerhochs Bruder Arno handeln könnte, gibt es keinen Anhaltspunkt: vgl. Migne PL 194,
Sp. 1187-1188.
93 Gerhoch von Reichersberg, De aedificio dei, 1. Prolog, S. 126.
94 Vgl. Classen, Gerhoch, S. 333-334 (Regest 14); Ehlers, Otto von Freising, S. 139-140; Kirchner-
Feyerabend, Otto von Freising, S. 109.
95 Vgl. Ehlers, Otto von Freising, S. 110-111.
96 Vgl. Classen, Gerhoch, S. 336 (Regest 20) und S. 351-352 (Regest 53). Ein heute verlorener Brief
Ottos von Freising an Gerhoch, in dem er die von Gerhoch angegriffenen Glossen Gilberts ver-
teidigte, belegt, dass Otto sich mit dem ihm gewidmeten Werk De glorificatione Filii hominis
auseinandergesetzt hatte. Vgl. Classen, Gerhoch, S. 337 (Regest 22); Ehlers, Otto von Freising,
S. 112-113.
 
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