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Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0056
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3. BESONDERHEIT, BEDEUTUNG
UND REZEPTION
3.1 „Wissenschaftlichkeit“ Gerhochs oder zum Umgang
mit den Autoritäten
Nachdem im vorangegangenen Kapitel Entstehungskontext, Quellen und der konkre-
te Inhalt des Opusculum erörtert wurden, steht nun die Frage nach der Besonderheit
von Gerhochs Konzeption sowie nach der Bedeutung und Rezeption des Werkes im
Mittelpunkt.
Auf die außergewöhnliche literarische Konzeption des Opusculum, das sich auch
im Layout der beiden überlieferten Handschriften - beide sind zweispaltig angelegt -
widerspiegelt, wurde bereits hingewiesen.289 Denn zur Absicherung seiner Forderun-
gen auf Reform des Weltklerus, führt Gerhoch zahlreiche Zitate aus patristischen
und kanonistischen Autoritäten am Rand des Haupttextes an. Gerhoch hat diese
Autoritätenzitate, wie er selbst schreibt, falls passend direkt in den Text inseriert oder
als Randglosse dem Haupttext beigefügt.290 Gerhoch möchte Haupttext und Rand-
glossen im Zusammenhang verstanden wissen und legt daher großen Wert darauf,
dass die Autoritätenzitate auch in Zukunft nicht von seiner Reformschrift abgetrennt
werden.291 Diese Bitte des Autors wurde vom jeweiligen Kopisten der beide heute
überlieferten Abschriften des Opusculum durchaus respektiert, obwohl das genaue
Abschreiben der teilweise sehr langen Glossen sicherlich hohe Konzentration erfor-
dert hat. Nach eigener Aussage dienen die Autoritätenzitate Gerhoch zur Absiche-
rung seines literarischen Gedankenkonstruktes und können daher auch in neuartiger
Manier als eine Art „wissenschaftliches“ Fuß- beziehungsweise Randnotensystem
verstanden werden, mit Hilfe dessen Gerhoch seine Thesen mit historischen Belegen
unterfüttert. In Form einer Inhaltsübersicht mit einer kurzen Zusammenfassung der
einzelnen Kapitel der Neuedition wurde - soweit wie möglich und ohne Vollständig-
keitsanspruch - versucht, dem jeweiligen Kapitel des Haupttextes die inhaltlich pas-
senden Autoritätenzitate zuzuordnen.292 Wie sich aus der Tabelle ablesen lässt, ist
289 Vgl. Einleitung, Kap. 2.2.
290 Auctoritates uero patrum [...] partim textui sermonis nostri competenter inseruimus, partim in
latere apposuimus. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, 1. Prolog, S. 130-132.
291 Verum quia tu, frater in Domino karissime, cuius caritati omnia debeo, que adiuuante Deo pos-
sum, postulas istum libellum tibi legendum et fortasse transscribendum, atque ita potest continge-
re, ut semel emissum uolet irreuocabile uerbum: Rogo te, ut auctoritates, quas ex latere apposui,
tu quoque eures apponere, ut ex his quasi tabulatis uel muris firmis muniatur nostrum edificium ...
Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, 1. Prolog, S. 128-130.
292 Siehe Teilband II, Anhang 1.1.
 
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