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Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0018
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1.2 Literarisches Schaffen

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unter anderem aus dem Tractatus in psalmum LXXVIII hervorgeht, musste Gerhoch
zeitweilig aus Reichersberg fliehen.36 Dort starb er nach seiner Rückkehr Ende Juni
1169.37 Zum Nachfolger im Propstamt wurde Gerhochs Bruder Arno berufen, der
bereits vorher das Stift als Dekan geleitet hatte und dem Stift nun als Propst bis zu
seinem Tod im Jahr 1175 vorstand.38
1.2 Literarisches Schaffen
Das literarische Schaffen Gerhochs erstreckt sich im Wesentlichen auf fünf Schwer-
punktbereiche: die Reform des Weltklerus, die Gültigkeit der Schismatikersakramen-
te, die christologische Lehre der französischen Scholastiker, der Psalmenkommentar
und das Wirken des Antichristen in der Weltgeschichte.39 40 Im Zentrum Gerhochs
energischer Bemühen steht dabei, die Verwirklichung der reinen vita apostolica
durchzusetzen und die Verstrickung des Klerus in weltlichen Angelegenheiten zu
beenden. In diesem Kontext ist neben seinem hier edierten Erstlingswerk, dem Opus-
culum de aedificio Dei,w in welchem Gerhoch dem nicht reguliert lebenden Weltkle-
rus den Kampf ansagt, auch der Dialogus inter clericum saecularem et regulärem41
zu verstehen, der diese Thesen noch einmal in Form eines Streitgespräches zwischen
einem Regularkanoniker und einem Weltklerikers zu rechtfertigen und schärfen ver-
sucht. Die darin aufgeworfene Frage nach der Gültigkeit der Schismatiker Sakramente
entwickelt Gerhoch im Liber de simoniacis und verteidigt darin seine Sakramenten-
lehre gegenüber seinem größten Kontrahenten: Bernhard von Clairvaux (1090-
1153).42 Den Kampf gegen die christologisehen Lehren der französischen Scholasti-
ker, vor allem gegen Petrus Abaelard (1079-1142) und Gilbert von Poitiers (ca.
1080-1155), nimmt Gerhoch in seinem um 1141 entstandenen Werk De glorificatione
36 Quibus malis quia ego pusillus coepi obniti scriptis ac dictis, ecce sum expositus persecutioni,
quia compellor a loco mihi commisso fugere ... Gerhoch von Reichersberg, Tractatus in psalmum
LXXVIII, Migne PL 194, Sp. 484. Der Ort seines Exils ist nicht bekannt, Classen vermutet Alders-
bach, Klosterneuburg oder Admont. Vgl. Classen, Gerhoch, S. 290-292.
37 Annales Reicherspergenses, ed. Wattenbach, MGH SS 17, S. 490. In den Reichersberger Annalen
folgt direkt nach der Nachricht über seinen Tod eine ausführliche Vita Gerhochs (Ebd., S. 490-
495).
38 Frater ipsius domnus Arno, decanus eiusdem congregationis, in locum eins substitutus est, una-
nimiter a fratribus in prepositum electus 3. Kal. lulii. Annales Reicherspergenses, ed. Watten-
bach, MGH SS 17, S. 490. Vgl. Classen, Gerhoch, S. 309-310.
39 Im Folgenden werden die wichtigsten Werke Gerhochs kurz vorgestellt, dabei besteht kein An-
spruch auf Vollständigkeit. Hierin wird sich vor allem an den bis heute grundlegenden Studien von
Peter Classen und Damien Van den Eynde orientiert.
40 Classen, Gerhoch, S. 40-57 und 407 (Opus 1); Van den Eynde, L’ceuvre, S. 13-19, 40-47.
41 Classen, Gerhoch, S. 407-408 (Opus 3); Van den Eynde, L’ceuvre, S. 22-27.
42 Classen, Gerhoch, S. 78-89 und S. 407 (Opus 4); Van den Eynde, L’ceuvre, S. 34-43, 79-87. Diese
Streitschrift Gerhochs hat sich als Autograph erhalten: Fichtenau, Studien, S. 30-36.
 
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