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Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0065
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3. Besonderheit, Bedeutung und Rezeption

3.3 Bedeutung und Rezeption
Der Benediktbeurer Mönch Karl Meichelbeck (1669-1734) schreibt im März 1718 an
Bernhard Pez (1683-1735), dem späteren Editor der Werke Gerhochs in seinem The-
saurus anecdotorum novissimus, dass er die Schrift Gerhochs von Reichersberg De
aedificio Dei nicht mitsenden wird, da „es einhellige Meinung der Benediktbeurer
sowie vieler anderer Gelehrter, auch unter den Regularkanonikern [sei], dass das
Werk niemals ohne schwere Beleidigung der gegenwärtigen Päpste, Könige, Fürsten,
Bischöfe, Säkularkanoniker und überhaupt des gesamten unregulierten Klerus veröf-
fentlicht werden kann.“332 Meichelbeck, der Bernhard Pez auf der Suche nach Hand-
schriften immer wieder mit Material versorgte, berichtet von den vielen Verfolgun-
gen, denen Gerhoch aufgrund seines Eifers für die apostolische Lebensweise und
seiner heftigen Kritik an allen „Pseudo-Kanonikern“ ausgesetzt war. Er legt Bern-
hard Pez nahe, das Opusculum niemals zu veröffentlichen und Verständnis dafür zu
haben, dass er ihm die Handschrift nicht mitschicke.333 Am Ende seines Briefes muss
er allerdings zugeben, dass es sehr lohnenswert sei, eine bessere Abschrift dieses
Werkes zu finden, da „der Codex für jeden Gelehrten, der sich für die alte kirchliche
Disziplin interessiert, höchst lesenswert [sei] ,“334
Wie der Brief Karl Meichelbecks zeigt, sorgte das Opusculum nicht nur unter
zeitgenössischen Klerikern für Aufsehen, sondern war auch noch Anfang des
18. Jahrhunderts äußerst umstritten. Zwar gehen Gerhochs Reformforderungen ge-
gen Simonie, Nikolaitismus und Verweltlichung der Kirche im Großen und Ganzen
konform mit den Zielen der Kirchenreformer, doch macht er sich durch die Vehe-
menz, mit der er diese Forderungen durchzusetzen versucht, angreifbar. Gerhoch
betont vor allem die Bedeutung der Bischöfe für das Gelingen der Reform und bringt
konkrete Vorschläge für die Verwaltung des Bischofsamtes ein. Der Bischof solle
sich nach dem Vorbild Christi vollkommen aus weltlichen Verstrickungen zurück-
332 Sed quid de opere illo praestantissimo, quod Gerochus Ule scripsit De aedificio Dei? Parce, pru-
dentissime vir! Non veniet cum Metropole Communis enim nostrum omnium et plurium aliorum
doctorum virorum, etiam canonicorum regularium, opinio est opus istud nequaquam in lucem edi
posse absque gravissima offensione hodiernorumpontificum, regum, principum, uti etiam episco-
porum, canonicorum, quos vocamus, saecularium, et omnino clericorum extra communitatem vi-
ventium vel certe non depromptorum e clericali quodam contubernio. Brief von Karl Meichelbeck
an Bernhard Pez (22. März 1718): Stockinger/Wallnig/Fiska/Peper/Mayer (Hg.), Die gelehrte
Korrespondenz der Brüder Pez, Bd. 2: 1716-1718, S. 880.
333 Hunc tu, vir prudentissime, librum nunquam dabis in lucem. Itaque quod Metropoli non adiunga-
tur, feres, uti speramus, pro tua notissima prudentia patienter. Brief von Karl Meichelbeck an
Bernhard Pez (22. März 1718): Stockinger/Wallnig/Fiska/Peper/Mayer (Hg.), Die gelehrte Kor-
respondenz der Brüder Pez, Bd. 2: 1716-1718, S. 880.
334 Codex enim est, qui ab homine erudito et veteris disciplinae ecclesiasticae conspiciendae amante
legi et aestimari maxime mereatur. Brief von Karl Meichelbeck an Bernhard Pez (22. März 1718):
Stockinger/ Wallnig/Fiska/Peper/Mayer (Hg.), Die gelehrte Korrespondenz der Brüder Pez,
Bd. 2: 1716-1718, S. 880.
 
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