2.4 Inhalt des Opusculum
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rät Gerhoch grundsätzlich zur Vorsicht (Kapitel 112-114). Diese wird in der Regel
nach gesetzmäßiger Ermahnung, Vorladung und Abwarten der Vorladungsfrist aus-
gesprochen, wirke aber sofort, sobald eine Handlung ausgeführt wird, die unter An-
drohung der Exkommunikation verboten worden war (ipso facto)--4 Daher sei es
zudem die Pflicht der Bischöfe und Priester, die Öffentlichkeit darüber zu informie-
ren, welche Vergehen mit dem Bannspruch gestraft würden.254 255
Nach den Ausführungen über die Buße beschäftigt sich Gerhoch in den Kapiteln
118 bis 129 mit der Einhaltung und idealen Nachahmung der apostolischen Lebens-
weise in Bezug auf die einzelnen Stände (Mönche, Kleriker, Nonnen, Witwen, Ver-
heiratete, Richter, Krieger etc.). Zunächst geht Gerhoch dabei noch einmal auf die
Unterscheidung zwischen vita monastica und vita canonica ein und hebt in Kapitel
118 hervor, dass die Vorbilder der beiden Lebensweisen unterschiedliche - Petrus für
die Kanoniker und Paulus für die Mönche -, aber doch gleichwertige seien. Bei den
Kanonikern stünde das Tätigsein in der Welt (cura animarunf bei den Mönchen die
Kontemplation des verbum Dei im Vordergrund. Beide Formen würden durch die
Ausübung der vita apostolica zum ewigen Leben führen.256 Auch die Büßenden soll-
ten sich der apostolischen Lebensweise anschließen und versuchen, es den Aposteln
gleichzutun. Falls dies nicht möglich sei, sollten sie die Jünger ebendieser nachah-
men. Denn die Imitation der Lebensweise der Jünger der Apostel sei für alle mög-
lich.257 Wer beim Dienst an den Bedürftigen selbst verarmt, soll ins Armenhaus auf-
genommen und vom vierten Teil der Zehnten versorgt werden.258 Im Anschluss
(Kapitel 130-134) beschreibt Gerhoch, wie die Befolgung der apostolischen Regel
für Verheiratete, Richter, Verwalter und Krieger aussehen kann, damit niemand ohne
Regel und ohne Ordnung lebt.259 Dazu müsse jedoch jeder Christ „das von den
254 Nam secundum iudicium conscriptum legitima commonitione, uocatione, induciarum expectati-
one quasi arcus trahitur, ut sagitta excommunicationis in rebellem recte librata fortius mittatur.
Attamen, si aliquid sub anathemate sciturprohibitum, quam cito illud ab aliquo committitur, sciat
se continuo excommunicatum. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 112, S. 412. Vgl.
Classen, Gerhoch, S. 46, Anm. 51.
255 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 114, S. 414.
256 Feliciter ergo et non fallaciter apostolicam uitam profitetur, qui aut cum Augustino Petrum aut
cum Benedicto Paulum comitatur uel certe, ut omnem excusationem tollamus, comitari et imitari
totis uiribusper Dei gratiam conatur. Iste sine alterutro duce in apostolica uita regatur, sine nunc
illum in uerbi Studio, nunc istum in operis exercitio sequens, uere apostolicam uitam ducit; immo
duciturper uitam apostolicam ad uitam qternam, si, quq retro sunt, obliuiscens in anteriora sem-
per semetipsum extendit. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 118, S. 422.
257 Videmus apostolorum ardua exempla paucis imitabilia; considerauimus eorundem apostolorum
discipulos et discipulas, usque adeo cunctis imitabiles, ut non solum a coniugio liberi possint in
domibus suis manentes eos imitari, sed etiam coniugati ... Gerhoch von Reichrsberg, De aedificio
Dei, cap. 124, S. 432. Vgl. auch Fischer, Vita apostolica, S. 89.
258 Vgl. Gerhoch von Reichrsberg, De aedificio Dei, cap. 122, S. 430.
259 ... ut nemo irregulariter et inordinate incederepermittatur ... Gerhoch von Reichersberg, De aedi-
ficio Dei, cap. 130, S. 444. Vgl. Classen, Gerhoch, S. 46.
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rät Gerhoch grundsätzlich zur Vorsicht (Kapitel 112-114). Diese wird in der Regel
nach gesetzmäßiger Ermahnung, Vorladung und Abwarten der Vorladungsfrist aus-
gesprochen, wirke aber sofort, sobald eine Handlung ausgeführt wird, die unter An-
drohung der Exkommunikation verboten worden war (ipso facto)--4 Daher sei es
zudem die Pflicht der Bischöfe und Priester, die Öffentlichkeit darüber zu informie-
ren, welche Vergehen mit dem Bannspruch gestraft würden.254 255
Nach den Ausführungen über die Buße beschäftigt sich Gerhoch in den Kapiteln
118 bis 129 mit der Einhaltung und idealen Nachahmung der apostolischen Lebens-
weise in Bezug auf die einzelnen Stände (Mönche, Kleriker, Nonnen, Witwen, Ver-
heiratete, Richter, Krieger etc.). Zunächst geht Gerhoch dabei noch einmal auf die
Unterscheidung zwischen vita monastica und vita canonica ein und hebt in Kapitel
118 hervor, dass die Vorbilder der beiden Lebensweisen unterschiedliche - Petrus für
die Kanoniker und Paulus für die Mönche -, aber doch gleichwertige seien. Bei den
Kanonikern stünde das Tätigsein in der Welt (cura animarunf bei den Mönchen die
Kontemplation des verbum Dei im Vordergrund. Beide Formen würden durch die
Ausübung der vita apostolica zum ewigen Leben führen.256 Auch die Büßenden soll-
ten sich der apostolischen Lebensweise anschließen und versuchen, es den Aposteln
gleichzutun. Falls dies nicht möglich sei, sollten sie die Jünger ebendieser nachah-
men. Denn die Imitation der Lebensweise der Jünger der Apostel sei für alle mög-
lich.257 Wer beim Dienst an den Bedürftigen selbst verarmt, soll ins Armenhaus auf-
genommen und vom vierten Teil der Zehnten versorgt werden.258 Im Anschluss
(Kapitel 130-134) beschreibt Gerhoch, wie die Befolgung der apostolischen Regel
für Verheiratete, Richter, Verwalter und Krieger aussehen kann, damit niemand ohne
Regel und ohne Ordnung lebt.259 Dazu müsse jedoch jeder Christ „das von den
254 Nam secundum iudicium conscriptum legitima commonitione, uocatione, induciarum expectati-
one quasi arcus trahitur, ut sagitta excommunicationis in rebellem recte librata fortius mittatur.
Attamen, si aliquid sub anathemate sciturprohibitum, quam cito illud ab aliquo committitur, sciat
se continuo excommunicatum. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 112, S. 412. Vgl.
Classen, Gerhoch, S. 46, Anm. 51.
255 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 114, S. 414.
256 Feliciter ergo et non fallaciter apostolicam uitam profitetur, qui aut cum Augustino Petrum aut
cum Benedicto Paulum comitatur uel certe, ut omnem excusationem tollamus, comitari et imitari
totis uiribusper Dei gratiam conatur. Iste sine alterutro duce in apostolica uita regatur, sine nunc
illum in uerbi Studio, nunc istum in operis exercitio sequens, uere apostolicam uitam ducit; immo
duciturper uitam apostolicam ad uitam qternam, si, quq retro sunt, obliuiscens in anteriora sem-
per semetipsum extendit. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 118, S. 422.
257 Videmus apostolorum ardua exempla paucis imitabilia; considerauimus eorundem apostolorum
discipulos et discipulas, usque adeo cunctis imitabiles, ut non solum a coniugio liberi possint in
domibus suis manentes eos imitari, sed etiam coniugati ... Gerhoch von Reichrsberg, De aedificio
Dei, cap. 124, S. 432. Vgl. auch Fischer, Vita apostolica, S. 89.
258 Vgl. Gerhoch von Reichrsberg, De aedificio Dei, cap. 122, S. 430.
259 ... ut nemo irregulariter et inordinate incederepermittatur ... Gerhoch von Reichersberg, De aedi-
ficio Dei, cap. 130, S. 444. Vgl. Classen, Gerhoch, S. 46.