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Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0140
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Über das Bauwerk Gottes - 2. Kapitel

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oder Auge, die Teile des menschlichen Körpers sind, ohne das Ganze
erblicken würde, könnte er wenig Schönheit an diesen finden. Obwohl aber
diese Teile, getrennt von ihrem Ganzen, den Augen und den Gemütern der
sie Erblickenden eher Scheußlichkeit als Liebreiz darbieten, so schmücken
sie dennoch bei der Unversehrtheit ihres Ganzen die Gesamtheit, so dass 5
nicht bestritten wird, dass die Nase Zierde und das Auge mit Zierde Nutzen
gewährt und geurteilt wird, dass nicht sie selbst, sondern der, der solche
tadelt, getadelt werden muss. So zeigt sich also der, der in der Schöpfung
irgendetwas gleichsam als überflüssig tadelt, als ein Blinder und
Tadelnswerter. Denn wenn er ohne Blindheit das Ganze sehen würde, würde 10
er nichts an den Werken Gottes tadeln und mit dem Psalmisten sagen: Treu
ist der Herr in all seinen Worten und heilig in all seinen Werken. Er sagt
nicht heilig in einigen, sondern in all seinen Werken, denn nichts ist
überflüssig von all seinen Werken. Dies ist jener große Bau der ganzen Welt
und die allgemeine Werkstätte, in der durch Gottes wundersames Wirken 15
ein bestimmtes Bauwerk errichtet wird. Nach dessen Vollendung wird der
Hammer zerbrochen und die Werkstätte selbst wird gemäß dem Zustand, in
dem sie sich jetzt offenkundig befindet, gänzlich zerstört werden. Die Stadt
Gottes aber, die in der erwählten vernunftbegabten Schöpfung besteht, wird
weder jetzt noch dann zerstört werden, sondern wird jetzt mit 20
unwiderruflichem Fortschritt gebaut und wird dann ohne Minderung
bestehen bleiben.
3. Aber weil die zukünftige und dauerhafte Beständigkeit dieser Stadt
feststeht, lasst uns deren weltliche Verfassung behandeln und an ihrem 25
bisher unvollkommenen Teil durch Gottes Offenbarung sehen, wie sie von
Anbeginn der Welt erbaut wird. Stellen wir uns also vor die Augen unseres
Geistes und unseres Glaubens jenen allermächtigsten Baumeister, dessen
 
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