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Gerhohus; Becker, Julia [Editor]; Insley, Thomas [Transl.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0148
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Über das Bauwerk Gottes - 6. Kapitel

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dieser Baumeister, dass er nicht vollenden könnte, was er zu bauen
begonnen hat. Immer noch wird nämlich von ihm Jerusalem wie eine Stadt,
die teilhat am Selbstsein, gebaut.4 Lasst uns sehen, was diese Teilhabe ist
und was unter Selbstsein verstanden wird. Wenn der Mensch bei der ersten
Versuchung siegreich gewesen wäre, wären weder er selbst noch seine 5
Nachkommenschaft der Verdammnis und dem Tod unterworfen; und im
ganzen Menschengeschlecht gäbe es keine Teilhabe, weil der Segen des
Schöpfers, der sprach Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde so
erfüllt würde, dass keiner außer allein den Erwählten geboren würde. Aus
diesen würde das Bauwerk Gottes, das Gott geplant hat, vollendet werden; 10
und so gäbe es keine Spaltung und keine Aufteilung. Es würde nicht, wie
wir jetzt sehen, den einen dies, den anderen das, sondern allen würde
dasselbe, nämlich das Selbstsein zusagen. Selbstsein aber ist Gott gemäß
jenem Ausspruch: Du aber bleibst, wie du bist, und deine Jahre nehmen
kein Ende. Wenn also der Mensch Gott, die wahre Nahrung der 15
vernunftbegabten Seele, vollkommen und dauerhaft in sich aufgenommen
und das Gift des Rats der Schlange gänzlich zurückgewiesen hätte, würde
das Menschengeschlecht allein im Segen Gottes bis zu der vorbestimmten
Zahl der Erwählten wachsen und sich vermehren, und würde sich ohne den
Schweiß seines Angesichts von seinem täglichen Brot nähren. Doch da sich 20
ja auf Einflüsterung des Teufels die Sünde einschlich, traf der gute Gott gute
Verfügungen über die Sünde des Menschen und den sündigen Menschen
und es erging folgende Verwünschung, dass der Frau gesagt wurde: Ich will
dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du
Kinder gebären; dem Mann aber: Im Schweiße deines Angesichts sollst du 25
dein Brot essen. Wegen dieses gerechten und unwiderruflichen
Verwünschungsspruches also werden viele außer den Erwählten geboren;
die, da sie ja das Selb st sein nicht in sich aufnehmen wollen, nicht nur von
den Erwählten, sondern auch untereinander und gegeneinander durch
unversöhnliche Zwietracht getrennt werden. Die Erwählten aber, da sie ja, 30
wenn auch mit Mühe und im Schweiße ihres Angesichts, danach trachten,
vom Brot der Liebe genährt zu werden, fühlen untereinander dasselbe und

4> Dieses Bild findet sich auch bei einem weiteren Zeitgenossen Gerhochs: Hugo de Folieto (um
1100--1174), De claustro animae, Migne PL 176, lib. IV, cap. 21, Sp. 160.
 
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