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Fussman, Gérard ; Hinüber, Oskar von ; Höllmann, Thomas O. ; Jettmar, Karl ; Bandini, Ditte ; Bemmann, Martin [Bearb.]
Die Felsbildstation Shatial — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 2: Mainz, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.36948#0025
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Im Jahr 1993 erschien ein Beitrag von Th.O. Höhmann über die chinesischen Inschriften am Oberen In-
dus, einschließlich derer von Shatial."^ Einen ersten vorläufigen Plan der Baureste auf dem Ruinenfelsen
veröffentlichten M. Bemmann und H. Hauptmann im selben Jahr.^ 1994 wurde das große Stüpa-En-
semble von Stein 34 von G. Fussman ausführlich besprochen."^ Im gleichen Jahr erschien ein Kommen-
tar von J. Harmatta zu einigen der sogdischen Inschriften."^ Von Jettmar schließlich erschien 1995 ein
Artikel, der sich u.a. mit den religiösen Vorstellungen der Darden befaßt und in diesem Zusammenhang
auf einen möglicherweise tantrischen Hintergrund der zahlreichen Phallos-Darstellungen in Shatial hin-
weist.^

KRITERIEN ZUR DATIERUNG DER FELSBILDER UND INSCHRIFTEN
Bei den Felsbildern im Oberen Industal sind bislang noch keine naturwissenschaftlichen Datierungsme-
thoden angewendet worden, die genaueren Aufschluß über das Alter der Zeichnungen geben könnten.^
Es gibt zudem auch keine historische Quelle, in der die Felsbilder von Shatial erwähnt wären und die da-
durch einen Datierungshinweis liefern würde. Daher bilden die einzigen relativ sicheren Anhaltspunkte
die Inschriften.
Die älteste Gruppe der Inschriften stellen vermutlich einerseits die Kharosthi-Inschriften dar. Diese aus
dem aramäischen Alphabet abgeleitete Schrift wurde seit Asoka im heutigen NW-Pakistan und im Süden
Afghanistans verwendet. Im wesentlichen bediente man sich ihrer zum Schreiben der Gändhäri, der
mittel-indo-arischen Sprache des ehemaligen Gandhära. Nach der Paläographie zu schließen, dürfte keine
Kharosthi-Inschrift in Shatial vor dem 2. Jh. n. Chr., die Mehrzahl vielmehr erst im 3. oder gar in der
Mitte des 4. Jh. entstanden sein.^" Zu berücksichtigen sind hier andererseits auch die beiden parthischen
Inschriften, die Sims-Williams in den Zeitraum zwischen 255-325 n. Chr. datiert.*^
Die Brähmi-Schrift wurde seit dem 3. Jh. v. Chr. dazu benutzt, alle indischen Sprachen mit Ausnahme der
Gändhäri wiederzugeben. Im Nordwesten des heutigen Pakistan hat sie im Faufe der Zeit die Kharosthl
abgelöst und breitete sich seit dem 2. Jh. n. Chr. mit dem Buddhismus auch in Transoxanien und dem Ta-
rimbecken aus. Dabei bildeten sich lokale Schriftvarianten aus. Was Shatial angeht, so dürfte das Gros
der über 400 Brähmi-Inschriften ab dem 3. oder 4. Jh. n. Chr., also erst nach der Epoche der Kusänas,
angefertigt worden sein.^ Bei einigen Inschriften läßt sich von der Paläographie her zwar nicht aus-
schließen, daß sie früher entstanden sind, doch erscheint dies angesichts der Masse an späteren Inschrif-

26 HÖLLMANN 1993: 66ff.
27 BEMMANN/HAUPTMANN 1993: 3201.
28 FussMAN 1994.
29 HARMATTA 1994: 438ff.
30 JETTMAR 1995: 501.
31 Zur Patina u.a. BEMMANN/KÖNIG 1994: 2.
32 FUSSMAN 1994: 43.
33 Siehe unten S. 66.
34 Hierzu L. Sander (Briel vom 15.3.1996): "Die Brähmi der Inschrilten von Shatial ist eher von Varianten geprägt als von
paläographischen Besonderheiten. Bei weitem die meisten Inschrilten stammen wahrscheinlich aus dem 5. Jh. n. Chr. Ihre
Schrilt entspricht den an der nördlichen Seidenstraße gelundenen Handschrilten des Alphabetes q (vgl. SANDER 1968: Ta-
lei 29-40), die Ausgangspunkt Ihr die Entwicklung der Brähmi sowohl der nördlichen als auch der südlichen Seidenstraße
ist. Soweit ich die Inschrilten lesen konnte, gibt es zwei Abweichungen. Ein wenig älter mag die Inschrilt 2:1 sein, deren
/na (Aoma°) aul die Spätkusäna-Zeit hinweist. Jünger ist die Irühe Proto-Säradä-Inschrilt 145:2, die aulgrund des altertüm-
lichen ya (Zeile 1-2: haüühäya) ins 7. Jh. gehören mag."
 
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