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der einwandfrei buddhistische Name "Diener des Buddha"; doch ungeachtet seiner sogdischen
Schreibung ist es kein sogdischer Name, sondern iedigiich eine Transkription des indischen Namens Bu-
ddhadäsa. Dieser Buddhadäsa scheint als ein Kushän bezeichnet zu werden; auf alle Fälle war er wahr-
scheinlich wenigstens teilweise indischer oder baktrischer Herkunft und kein reinblütiger Sogdier. Ein Na-
me liefert natürlich nicht unbedingt einen zuverlässigen Hinweis auf die Religion seines Trägers (oder
derjenigen, die dem Kind den Namen gaben), da traditionelle Namen durchaus auch nach einem Wechsel
der Religionszugehörigkeit weiter in Gebrauch bleiben können. Wenn allerdings ein signifikanter Prozent-
satz der Sogdier Anhänger des Buddhismus oder einer anderen indischen Religion gewesen wären, würde
man vernünftigerweise erwarten, wenigstens ein paar Namen zu finden, die diese Tatsache widerspiegeln
- wie dies in den späteren sogdischen Texten aus Dunhuang und Turfan der Fall ist. Die Namen führen
also zu derselben negativen Schlußfolgerung wie die Texte selbst und die Gravuren: Was auch immer die
Sogdier motiviert haben mag, nach Shatial zu kommen, es war jedenfalls in erster Linie nicht die Reli-
gion.
Wenn wir durch Eliminierung aller anderen Möglichkeiten den Schluß ziehen, daß die Sogdier, die ihren
Namen in Shatial hinterließen, dorthin gekommen sein müssen, um Handel zu treiben, bleibt noch die
Frage zu beantworten, ob sie Bewohner Sogdianas waren, die einen Warenaustausch zwischen Indien und
dem Westen betrieben, oder ob sie aus den sogdischen Siedlungen in Xinjiang stammten und zwischen
Indien und China Handel trieben.
In einem vor kurzem erschienenen Aufsatz über "The Sogdian merchants in China and India"^ habe
ich die Hypothese entwickelt, Indien, China und Sogdiana hätten die drei Eckpunkte eines 'Dreiecks' bil-
den können, dessen 'Seiten' Handelsrouten waren, die sich fest in der Hand verschiedener Gruppen sog-
discher Kaufleute befanden. Die Inschriften in Shatial liefern natürlich keine Informationen über die
Handelsroute, die China und Sogdiana miteinander verband und die aus den Akte?? ß/iü/Di und anderen
Quellen gut bekannt ist, wohl aber enthalten sie gewisse Hinweise auf sogdische Aktivitäten sowohl ent-
lang der Route zwischen Indien und Sogdiana als auch derjenigen zwischen Indien und China.
Ein eindeutiges Indiz dafür, daß ein Sogdier von Shatial aus nordwärts in Richtung China reiste, liefert
die sogdische Inschrift 36:38, in welcher Yutaka Yoshida den alten Namen des im Westen Xinjiangs gele-
genen Tashkurgan identifizierte.^ Die Aussage der Brähmi-Inschrift 5:2-5, ein Mann mit dem typisch
sogdischen Namen Pekako (vgl. sogd. Pekakk, 31:102 usw.) sei "zum Khäsa-Reich gereist" ist weniger
hilfreich, da die Identifizierung des genannten Ortes umstritten ist.^ Keine andere Inschrift liefert direk-
te Hinweise auf die von den sogdischen Kaufleuten benutzten Routen, wenn auch viele Ableitungen von
Ortsnamen als Herkunftsadjektive oder als Personennamen bezeugt sind. Bei der Auswertung solcher Na-
men muß man zwischen solchen unterscheiden, die auf Städte und Dörfer in Sogdiana verweisen (bei de-
nen es sich vermutlich um den Heimatort der Namensträger oder zumindest ihrer Familien handelte),
und solchen, die auf fremde Völker und Städte verweisen und die sich "nicht unbedingt auf die Herkunft
ihrer Träger zu beziehen brauchen, sondern - wie in der griechischen Onomastik - beispielsweise ledig-
lich anzeigen könnten, daß ihre Träger oder deren Väter irgendwann eine (Geschäfts-)Reise in die be-
treffende Gegend unternommen hatten".^
Zur ersten Gruppe gehören Namen wie Chäch "(Mann aus) Tashkent" (4:3 usw.), Mäymarghch "Mann
44 SlMS-WlLLIAMS 1996.
45 YOSHIDA 1991: 2371.
46 Siehe FUSSMAN (unten S. 82) und von HINÜBER (Kommentar zu Inschrift 5:2-5).
47 So HUYSE 1996: 326.
der einwandfrei buddhistische Name "Diener des Buddha"; doch ungeachtet seiner sogdischen
Schreibung ist es kein sogdischer Name, sondern iedigiich eine Transkription des indischen Namens Bu-
ddhadäsa. Dieser Buddhadäsa scheint als ein Kushän bezeichnet zu werden; auf alle Fälle war er wahr-
scheinlich wenigstens teilweise indischer oder baktrischer Herkunft und kein reinblütiger Sogdier. Ein Na-
me liefert natürlich nicht unbedingt einen zuverlässigen Hinweis auf die Religion seines Trägers (oder
derjenigen, die dem Kind den Namen gaben), da traditionelle Namen durchaus auch nach einem Wechsel
der Religionszugehörigkeit weiter in Gebrauch bleiben können. Wenn allerdings ein signifikanter Prozent-
satz der Sogdier Anhänger des Buddhismus oder einer anderen indischen Religion gewesen wären, würde
man vernünftigerweise erwarten, wenigstens ein paar Namen zu finden, die diese Tatsache widerspiegeln
- wie dies in den späteren sogdischen Texten aus Dunhuang und Turfan der Fall ist. Die Namen führen
also zu derselben negativen Schlußfolgerung wie die Texte selbst und die Gravuren: Was auch immer die
Sogdier motiviert haben mag, nach Shatial zu kommen, es war jedenfalls in erster Linie nicht die Reli-
gion.
Wenn wir durch Eliminierung aller anderen Möglichkeiten den Schluß ziehen, daß die Sogdier, die ihren
Namen in Shatial hinterließen, dorthin gekommen sein müssen, um Handel zu treiben, bleibt noch die
Frage zu beantworten, ob sie Bewohner Sogdianas waren, die einen Warenaustausch zwischen Indien und
dem Westen betrieben, oder ob sie aus den sogdischen Siedlungen in Xinjiang stammten und zwischen
Indien und China Handel trieben.
In einem vor kurzem erschienenen Aufsatz über "The Sogdian merchants in China and India"^ habe
ich die Hypothese entwickelt, Indien, China und Sogdiana hätten die drei Eckpunkte eines 'Dreiecks' bil-
den können, dessen 'Seiten' Handelsrouten waren, die sich fest in der Hand verschiedener Gruppen sog-
discher Kaufleute befanden. Die Inschriften in Shatial liefern natürlich keine Informationen über die
Handelsroute, die China und Sogdiana miteinander verband und die aus den Akte?? ß/iü/Di und anderen
Quellen gut bekannt ist, wohl aber enthalten sie gewisse Hinweise auf sogdische Aktivitäten sowohl ent-
lang der Route zwischen Indien und Sogdiana als auch derjenigen zwischen Indien und China.
Ein eindeutiges Indiz dafür, daß ein Sogdier von Shatial aus nordwärts in Richtung China reiste, liefert
die sogdische Inschrift 36:38, in welcher Yutaka Yoshida den alten Namen des im Westen Xinjiangs gele-
genen Tashkurgan identifizierte.^ Die Aussage der Brähmi-Inschrift 5:2-5, ein Mann mit dem typisch
sogdischen Namen Pekako (vgl. sogd. Pekakk, 31:102 usw.) sei "zum Khäsa-Reich gereist" ist weniger
hilfreich, da die Identifizierung des genannten Ortes umstritten ist.^ Keine andere Inschrift liefert direk-
te Hinweise auf die von den sogdischen Kaufleuten benutzten Routen, wenn auch viele Ableitungen von
Ortsnamen als Herkunftsadjektive oder als Personennamen bezeugt sind. Bei der Auswertung solcher Na-
men muß man zwischen solchen unterscheiden, die auf Städte und Dörfer in Sogdiana verweisen (bei de-
nen es sich vermutlich um den Heimatort der Namensträger oder zumindest ihrer Familien handelte),
und solchen, die auf fremde Völker und Städte verweisen und die sich "nicht unbedingt auf die Herkunft
ihrer Träger zu beziehen brauchen, sondern - wie in der griechischen Onomastik - beispielsweise ledig-
lich anzeigen könnten, daß ihre Träger oder deren Väter irgendwann eine (Geschäfts-)Reise in die be-
treffende Gegend unternommen hatten".^
Zur ersten Gruppe gehören Namen wie Chäch "(Mann aus) Tashkent" (4:3 usw.), Mäymarghch "Mann
44 SlMS-WlLLIAMS 1996.
45 YOSHIDA 1991: 2371.
46 Siehe FUSSMAN (unten S. 82) und von HINÜBER (Kommentar zu Inschrift 5:2-5).
47 So HUYSE 1996: 326.