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handelt. Hier soll es ein großes Kloster gegeben,'^ viele Mönche sollen in der Region gelebt haben,
und die Könige der umliegenden Gegenden sollen miteinander im Gabenspenden gewetteifert habend^
Sollte es tatsächlich im Darel-Tal oder in der Umgebung von Shatial zu lokalisieren sein und (mit Fuss-
man) Reiseziel von Pilgern gewesen sein, scheint es doch einigermaßen verwunderlich, daß nicht viel
mehr Buddhisten dorthin pilgerten. Warum sind in Shatial weniger als ein Drittel aller Gravuren buddhi-
stisch und die meisten von diesen nicht einmal besonders kunstvoll ausgeführt? Das buddhistische Zen-
trum Chilas-Thalpan enthält im Gegensatz dazu buchstäblich Tausende von anspruchsvollen buddhisti-
schen Gravuren, in manchen Teilen gar fast buddhistische Ritzungen. Wenn schon nicht-
buddhistische Sogdier den "kleinen Umweg"^ über Shatial nicht scheuten, um das 'berühmte' buddhi-
stische Heiligtum zu besuchen, dürften Buddhisten doch wohl erst recht dorthin gepilgert sein.
Darüber hinaus bleibt zu beantworten, warum die nicht-buddhistischen Sogdier gerade diesem einen bud-
dhistischen Heiligtum ihre Reverenz erwiesen haben sollten, das viel größere buddhistische Zentrum Chi-
las-Thalpan aber ganz offensichtlich außer acht ließen. Hier gibt es weniger als zehn(!) sogdische Inschrif-
ten/^ und das, obwohl die Sogdier vermutlich hier vorbeikamen oder doch einen weit kürzeren Umweg
hätten machen müssen, als den, nach Shatial zu gehen. Wenn es bei ihnen Brauch gewesen wäre, buddhi-
stische Stätten zu besuchen, warum sind sie fast ausschließlich in Shatial gewesen? Sicher waren nicht alle
heiligen Stätten Ziel von Wallfahrten, doch gerade Chilas-Thalpan und auch das abgelegene Shing-Nala
scheinen durchaus von nicht wenigen, allerdings nicht sogdisch schreibenden Pilgern besucht bzw. aufge-
sucht worden zu sein. In Dadam Das, wo nach Shatial die meisten sogdischen Inschriften gefunden wur-
den, gab es, den wenigen buddhistischen Gravuren nach zu schließen, mit Sicherheit kein buddhistisches
Heiligtum.
Auch paßt nicht recht zu dieser Theorie, daß bislang trotz mehrerer entsprechender Versuche nirgendwo
im Darel-Tal und auch nicht an dessen Mündung buddhistische Gravuren gefunden wurden. Die wenigen
Ritzungen, die Jettmar an der Mündung des Darel-Flusses sah, stammen vermutlich ausschließlich von
Einheimischen.
Schließlich scheint nicht klar zu sein, warum Sogdier in Shatial warten sollten, bis eine größere Gruppe
zusammenkam, die dann geschlossen zum Heiligtum pilgerte.^ Es ist kaum anzunehmen, daß in diesen
Gegenden je ein reger Fernreiseverkehr geherrscht hat/^ Wie hätten die Sogdier also wissen sollen,
ob in den nächsten Tagen eine neue Gruppe in Shatial zu erwarten war, mit der sie sich hätten zusam-
menschließen können? Sie reisten doch vermutlich ohnehin in Karawanen, waren also schon ausreichend
geschützt. Und wenn es sich um eine regelmäßig wiederkehrende Wallfahrt gehandelt hätte, wäre
dann nicht anzunehmen gewesen, daß dies irgendwo in den Inschriften des Oberen Indus erwähnt worden
wäre? Zwar belegen zwei Inschriften (34:115; 105:8), daß sich wenigstens diese Sogdier einige Tage in
Shatial aufhielten, doch bleiben die Gründe für diesen Aufenthalt nach wie vor im dunkeln.
Wie aus allem Gesagten hervorgeht, gibt es für keine der genannten Theorien eindeutige Beweise. Im-
merhin scheint einiges dafür zu sprechen, daß in Shatial zeitweise etwas wie eine Karawanserei unterhal-
ten wurde, die etwa von Chilas kommende Reisende dazu bewog, hier Station zu machen und nicht bei-
107 WATTERS 1904-05: 239.
108 LEGGE 1886: 24f.; vgl. auch JETTMAR oben S. 85.
109 FUSSMAN oben S. 83.
110 Und auch diese hegen fast ausschließlich an der äußersten Peripherie der Fundstellen.
111 So FUSSMAN oben S. 83f.
112 So auch FUSSMAN oben S. 73 u. 76.
 
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