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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0109
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86 Der Antichrist. Fluch auf das Christenthum

der [...] Scala der Verstandesgrade." (Von „bestiarum" bis „erfundene" von N.
mit Randstrich markiert; von ihm Unterstrichenes kursiviert.) Liebmann sieht
das Unterscheidungsmerkmal zwischen Mensch und Tier im Sprachvermögen
und in der Fähigkeit, abstrakte Begriffe zu entwickeln, ohne den Tieren des-
halb Verstand abzusprechen: „Die Thiere haben Verstand. Und wenn man
sie für psychologische Maschinen erklärt, so ist der Mensch dies
auch." (Liebmann 1880, 507).
Monistische Konsequenzen aus Descartes' Vorgaben zieht hingegen Höff-
ding 1887, 12: „Descartes selbst fand nur bei den Menschen Anlass zur
Annahme eines Bewusstseins; die Tiere betrachtete er als blosse Maschinen.
Dies war ein Paradoxon, deutet jedoch auf eine Reform der Naturauffassung
hin. Anstatt an mystisch wirkende Kräfte zu appellieren, kann jetzt, nachdem
die ,Seele' aus der körperlichen Welt ausgeschieden ist, eine rein mechanische
Naturerklärung eingeleitet werden." (Vgl. auch ebd., 19, Lesespur N.s). In der
Radikalisierung des Cartesianismus 180, 15-21 wird der Mensch ausschließlich
maschinal begriffen. Der einst von Descartes propagierte Substanzendualismus
weicht (wie schon in Julien Offray de La Mettries L'homme machine von 1748)
einem Monismus, der alles Mentale als physisches Epiphänomen zu begreifen
vorschlägt. Auch Heine 1861a, 115 f. stellt die entsprechende philosophische
Tradition bis La Mettrie vor und notiert etwa zu Locke: „Er machte den
menschlichen Geist zu einer Art Rechenkasten, der ganze Mensch wurde eine
englische Maschine." (Ebd., 115) AC 14 legt eine materialistische Auslegung des
Menschen nahe und entzieht damit der christlichen Lehre vom Menschen und
seiner Anbindung an das Göttliche den Boden. Falls es keine vom Leiblichen
unabhängige Seele gibt, ist die ganze Jenseitsmetaphysik hinfällig. Zum Thema
NK KSA 6, 129, 25 f., zur Auseinandersetzung um den Materialismus als Weltan-
schauung bereits um 1850 siehe die Beiträge in Bayertz / Gerhard / Jaeschke
2007, 2.
180, 17 machina] In Mp XVI 4: „Mechanismus" (KSA 14, 440).
180, 21 ist] In Mp XVI 4: „wird" (KSA 14, 440).
180, 21-24 Ehedem gab man dem Menschen als seine Mitgift aus einer höheren
Ordnung den „freien Willen": heute haben wir ihm selbst den Willen genommen,
in dem Sinne, dass darunter kein Vermögen mehr verstanden werden darf.] In
seiner Opposition gegen die Lehre vom freien Willen berühren sich N.s Überle-
gungen mit Herzen 1887, 173-196, vgl. Wahrig-Schmidt 1988, 460.
180, 24-28 Das alte Wort „Wille" dient nur dazu, eine Resultante zu bezeich-
nen, eine Art individueller Reaktion, die nothwendig auf eine Menge theils wider-
sprechender, theils zusammenstimmender Reize folgt: — der Wille „wirkt" nicht
 
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