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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0124
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Stellenkommentar AC 17, KSA 6, S. 182-183 101

183, 6 wird Gott für Jedermann] Vgl. Wellhausen 1884, 87, wonach „der Schwer-
punkt des Judentums" „im Individuum" gelegen hat: „Aus zerstreuten Elementen
war es gesammelt, es beruhte auf der Arbeit des Einzelnen, sich selbst zum Juden
zu machen" (Kursiviertes von N. unterstrichen).
183, 6-13 wird Privatmann, wird Kosmopolit... Ehemals stellte er ein Volk, die
Stärke eines Volkes, alles Aggressive und Machtdurstige aus der Seele eines Vol-
kes dar: jetzt ist er bloss noch der gute Gott... In der That, es giebt keine andre
Alternative für Götter: entweder sind sie der Wille zur Macht — und so lange
werden sie Volksgötter sein — oder aber die Ohnmacht zur Macht — und dann
werden sie nothwendig gut...] N. greift hier wiederum Dostoievsky 1886a, 1,
274-276 auf, hat aber im Unterschied zu dessen Romanfigur Chatow kein Inte-
resse daran, das russische als das eigentliche Gottesvolk herauszustellen, son-
dern will eine allgemeine Dekadenzdiagnose stellen. Die Quelle ist wiedergege-
ben in NK 182, 11-13.
183, 12 Volksgötter] Vgl. NK 183, 31 f.

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183, 20 f. Sie heissen sich selbst nicht die Schwachen, sie heissen sich „die
Guten"...] Die Beobachtung, bezogen auf die Propheten des Alten Testamentes,
steht bei Renan 1867, 187 f. (1863, 180 f.) und ist von N. exzerpiert worden: „Les
prophetes, vrais tribuns et, on peut le dire, les plus hardis des tribuns, avaient
tonne sans cesse contre les grands et etabli une etroite relation entre les mots
de ,pauvre, doux, humble, pieux(') et de relation entre les mots ,riche, impie,
violent, mechant'." (NL 1887/88, KSA 13, ll[405], 186, korrigiert nach KGW IX
7, W II 3, 8, 12-18. „Die Propheten, wahre Tribunen und, dies kann man sagen,
die mutigsten der Tribunen, hatten ohne Unterlass gegen die Großen gedonnert
und eine enge Verbindung zwischen den Worten ,arm, sanft, bescheiden,
fromm' und den Worten ,reich, gottlos, gewalttätig, böse' geschaffen.") N. hat
die Stelle bereits in JGB 195, KSA 5, 117 verwendet.
183, 21-27 Man versteht, ohne dass ein Wink noch Noth thäte, in welchen
Augenblicken der Geschichte erst die dualistische Fiktion eines guten und eines
bösen Gottes möglich wird. Mit demselben Instinkte, mit dem die Unterworfnen
ihren Gott zum „Guten an sich" herunterbringen, streichen sie aus dem Gotte
ihrer Überwinder die guten Eigenschaften aus; sie nehmen Rache an ihren Herrn,
dadurch dass sie deren Gott verteufeln.] Vgl. NK 182, 29-183, 2. N. scheint
 
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