338 Ecce homo. Wie man wird, was man ist
Entsprechend viel erhofft sich N. von der Publikation: „Sobald ,Ecce homo'
heraus ist, bin ich der erste Mensch, der jetzt lebt." (An Naumann, 26. 11. 1888,
KSB 8, Nr. 1158, S. 490, Z. 19 f.).
N.s briefliche Äußerungen zu EH nehmen die Propaganda-Wirkung, die er
sich von der Veröffentlichung erhofft, nicht nur vorweg, sondern sind selbst
Propaganda für die Propaganda, angepasst an den jeweiligen Adressaten. Dem
alten Schulfreund Paul Deussen, den er um ein Darlehen für den Rückkauf
seiner Schriften aus den Händen des Verlegers Ernst Wilhelm Fritzsch anging,
schrieb er am 26. November 1888: „Dies Buch handelt nur von mir, — ich trete
zuletzt darin mit einer welthistorischen Mission auf. Es ist bereits im Druck. —
Darin wird zum ersten Mal Licht über meinen Zarathustra gemacht, das
erste Buch aller Jahrtausende, die Bibel der Zukunft, der höchste Ausbruch des
menschlichen Genius, in dem das Schicksal der Menschheit einbegriffen ist."
(KSB 8, Nr. 1159, S. 492, Z. 22-28) Während bislang Also sprach Zarathustra (Za)
in den Briefen bei der Selbstverständigung über das Selbstverständigungs-
Buch EH keine Rolle spielte, rückt dieses Werk nun ins Zentrum — und zwar,
weil N. den geplanten Rückkauf der Rechte und Restexemplare vom Verleger
finanziert zu haben wünscht, denn was hätte es für einen Sinn, den Kommen-
tar, nämlich EH, verfügbar zu haben, aber das Kommentierte, nämlich Za,
nicht? Anfang Dezember entwarf N. bereits Begleitbriefe für die Übersendung
von EH-Exemplaren, deren Druck und Auslieferung er unmittelbar bevorstehen
sah. Der erste Briefentwurf an Kaiser Wilhelm II., KSB 8, Nr. 1171, S. 503 f.
nimmt die Selbstbeschreibung als Schicksal in EH Warum ich ein Schicksal
bin 1 fast wörtlich auf, um seiner Schrift die allerhöchste Aufmerksamkeit zu
sichern (vgl. KSB 8, Nr. 1172, S. 504, Z. 3). Das Begleitschreiben an Bismarck
charakterisiert EH als Feindschaftserklärung an den Adressaten. Unterschrie-
ben ist es „Der Antichrist" (KSB 8, Nr. 1173, S. 504, Z. 9). Zeitgleich schmie-
dete N. Übersetzungspläne: „Ecce homo soll in der That deutsch, franzö-
sisch und englisch zugleich erscheinen", ließ er am 08. 12. 1888 August
Strindberg wissen (KSB 8, Nr. 1176, S. 508, Z. 27 f.). „Denn, unter uns, meinen
,Ecce homo' zu übersetzen, bedarf es eines Dichters ersten Rangs; es ist im
Ausdruck, im raffinement des Gefühls, tausend Meilen jenseits aller bloßen
,Übersetzer'" (ebd., S. 508 f., Z. 37-40). Die Folgen werden dabei immer mitre-
flektiert: „Da es vollkommen unerhörte Dinge sagt und mitunter, in aller
Unschuld, die Sprache eines Weltregierenden redet, so übertreffen wir
durch Zahl der Auflagen selbst Nana... [...] Um mich gegen deutsche Brutalitä-
ten (,Confiscation' —) sicher zu stellen, werde ich die ersten Exemplare, vor
der Publikation, dem Fürsten Bismarck und dem jungen Kaiser mit einer brief-
lichen Kriegserklärung übersenden: darauf dürfen Militärs nicht mit
Polizei-Maßregeln antworten. — Ich bin ein Psychologe..." (Ebd., S. 509,
Entsprechend viel erhofft sich N. von der Publikation: „Sobald ,Ecce homo'
heraus ist, bin ich der erste Mensch, der jetzt lebt." (An Naumann, 26. 11. 1888,
KSB 8, Nr. 1158, S. 490, Z. 19 f.).
N.s briefliche Äußerungen zu EH nehmen die Propaganda-Wirkung, die er
sich von der Veröffentlichung erhofft, nicht nur vorweg, sondern sind selbst
Propaganda für die Propaganda, angepasst an den jeweiligen Adressaten. Dem
alten Schulfreund Paul Deussen, den er um ein Darlehen für den Rückkauf
seiner Schriften aus den Händen des Verlegers Ernst Wilhelm Fritzsch anging,
schrieb er am 26. November 1888: „Dies Buch handelt nur von mir, — ich trete
zuletzt darin mit einer welthistorischen Mission auf. Es ist bereits im Druck. —
Darin wird zum ersten Mal Licht über meinen Zarathustra gemacht, das
erste Buch aller Jahrtausende, die Bibel der Zukunft, der höchste Ausbruch des
menschlichen Genius, in dem das Schicksal der Menschheit einbegriffen ist."
(KSB 8, Nr. 1159, S. 492, Z. 22-28) Während bislang Also sprach Zarathustra (Za)
in den Briefen bei der Selbstverständigung über das Selbstverständigungs-
Buch EH keine Rolle spielte, rückt dieses Werk nun ins Zentrum — und zwar,
weil N. den geplanten Rückkauf der Rechte und Restexemplare vom Verleger
finanziert zu haben wünscht, denn was hätte es für einen Sinn, den Kommen-
tar, nämlich EH, verfügbar zu haben, aber das Kommentierte, nämlich Za,
nicht? Anfang Dezember entwarf N. bereits Begleitbriefe für die Übersendung
von EH-Exemplaren, deren Druck und Auslieferung er unmittelbar bevorstehen
sah. Der erste Briefentwurf an Kaiser Wilhelm II., KSB 8, Nr. 1171, S. 503 f.
nimmt die Selbstbeschreibung als Schicksal in EH Warum ich ein Schicksal
bin 1 fast wörtlich auf, um seiner Schrift die allerhöchste Aufmerksamkeit zu
sichern (vgl. KSB 8, Nr. 1172, S. 504, Z. 3). Das Begleitschreiben an Bismarck
charakterisiert EH als Feindschaftserklärung an den Adressaten. Unterschrie-
ben ist es „Der Antichrist" (KSB 8, Nr. 1173, S. 504, Z. 9). Zeitgleich schmie-
dete N. Übersetzungspläne: „Ecce homo soll in der That deutsch, franzö-
sisch und englisch zugleich erscheinen", ließ er am 08. 12. 1888 August
Strindberg wissen (KSB 8, Nr. 1176, S. 508, Z. 27 f.). „Denn, unter uns, meinen
,Ecce homo' zu übersetzen, bedarf es eines Dichters ersten Rangs; es ist im
Ausdruck, im raffinement des Gefühls, tausend Meilen jenseits aller bloßen
,Übersetzer'" (ebd., S. 508 f., Z. 37-40). Die Folgen werden dabei immer mitre-
flektiert: „Da es vollkommen unerhörte Dinge sagt und mitunter, in aller
Unschuld, die Sprache eines Weltregierenden redet, so übertreffen wir
durch Zahl der Auflagen selbst Nana... [...] Um mich gegen deutsche Brutalitä-
ten (,Confiscation' —) sicher zu stellen, werde ich die ersten Exemplare, vor
der Publikation, dem Fürsten Bismarck und dem jungen Kaiser mit einer brief-
lichen Kriegserklärung übersenden: darauf dürfen Militärs nicht mit
Polizei-Maßregeln antworten. — Ich bin ein Psychologe..." (Ebd., S. 509,