402 Ecce homo. Wie man wird, was man ist
(Strauß 1878, 126 f.) begegnet, auf die er in GD Was den Deutschen abgeht 2
anspielt, siehe NK KSA 6, 105, 1-3. Vgl. auch Löwenfeld 1887, 26: „Bekannt ist
der grosse Bierconsum in München und verschiedenen anderen bayerischen
Städten; dennoch bildet eigentlich Trunksucht hier kein auffallend häufiges
Vorkommnis, das Delirium tremens ist ein seltenes Vorkommnis in den hiesi-
gen Spitälern." Löwenfeld will den Nervenkranken den Alkoholkonsum keines-
wegs generell untersagen, sondern plädiert fürs Maßhalten. „Nicht blos zuzu-
lassen, sondern auf das Dringendste zu empfehlen ist der Genuss von Bier und
Wein bei heruntergekommenen, schlecht genährten, vorwaltend mit Schwäche-
erscheinungen behafteten Kranken." (Löwenfeld 1887, 27) Zum Begriff der Anti-
poden vgl. NK KSA 6, 415, 6 f.
280, 15-22 Gesetzt, dass ich dies ein wenig spät begriff, erlebt habe ich's
eigentlich von Kindesbeinen an. Als Knabe glaubte ich, Weintrinken sei wie
Tabakrauchen anfangs nur eine Vanitas junger Männer, später eine schlechte
Gewöhnung. Vielleicht, dass an diesem herben Urtheil auch der Naumburger
Wein mit schuld ist. Zu glauben, dass der Wein erheitert, dazu müsste ich
Christ sein, will sagen glauben, was gerade für mich eine Absurdität ist.] Die
Herbheit des Naumburger Weins ist geradezu sprichwörtlich. Immerhin merkt
das Warenlexikon für Handel, Industrie und Gewerbe von Klemens Merck an:
„Von norddeutschen W[einen] sind die Elbweine und die Saalweine oder
Naumburger hervorzuheben; sie sind oft besser als ihr Ruf" (Merck 1884, 617).
Zum christlichen credo quia absurdum vgl. NK KSA 6, 229, 27 f.
280, 22-33 Seltsam genug, bei dieser extremen Verstimmbarkeit durch kleine,
stark verdünnte Dosen Alkohol, werde ich beinahe zum Seemann, wenn es sich
um starke Dosen handelt. Schon als Knabe hatte ich hierin meine Tapferkeit.
Eine lange lateinische Abhandlung in Einer Nachtwache niederzuschreiben und
auch noch abzuschreiben, mit dem Ehrgeiz in der Feder, es meinem Vorbilde
Sallust in Strenge und Gedrängtheit nachzuthun und einigen Grog von schwers-
tem Kaliber über mein Latein zu giessen, dies stand schon, als ich Schüler der
ehrwürdigen Schulpforta war, durchaus nicht im Widerspruch zu meiner Physio-
logie, noch vielleicht auch zu der des Sallust — wie sehr auch immer zur ehrwür-
digen Schulpforta...] Zum römischen Historiker Gaius Sallustius Crispus (86-34
v. Chr.) als Stilvorbild bekennt sich N. auch in GD Was ich den Alten verdanke
1 (über seine einschlägige Arbeit in Schulpforta siehe NK KSA 6, 154, 12-19).
Wer abgesehen von Sallusts nicht immer ganz tugendhaftem Lebenswerk eine
Erklärung dafür benötigt, weshalb der erhebliche Alkoholkonsum „vielleicht
auch" zur Physiologie des „Vorbildes" gepasst haben könnte, mag sich einer-
seits mit einem Sallust-Fragment behelfen: „Staphylus primus docuit vinum
acqua misceri" (Sallustius 1833, 224, 6 f.) („Staphylus lehrte als erster Wein mit
(Strauß 1878, 126 f.) begegnet, auf die er in GD Was den Deutschen abgeht 2
anspielt, siehe NK KSA 6, 105, 1-3. Vgl. auch Löwenfeld 1887, 26: „Bekannt ist
der grosse Bierconsum in München und verschiedenen anderen bayerischen
Städten; dennoch bildet eigentlich Trunksucht hier kein auffallend häufiges
Vorkommnis, das Delirium tremens ist ein seltenes Vorkommnis in den hiesi-
gen Spitälern." Löwenfeld will den Nervenkranken den Alkoholkonsum keines-
wegs generell untersagen, sondern plädiert fürs Maßhalten. „Nicht blos zuzu-
lassen, sondern auf das Dringendste zu empfehlen ist der Genuss von Bier und
Wein bei heruntergekommenen, schlecht genährten, vorwaltend mit Schwäche-
erscheinungen behafteten Kranken." (Löwenfeld 1887, 27) Zum Begriff der Anti-
poden vgl. NK KSA 6, 415, 6 f.
280, 15-22 Gesetzt, dass ich dies ein wenig spät begriff, erlebt habe ich's
eigentlich von Kindesbeinen an. Als Knabe glaubte ich, Weintrinken sei wie
Tabakrauchen anfangs nur eine Vanitas junger Männer, später eine schlechte
Gewöhnung. Vielleicht, dass an diesem herben Urtheil auch der Naumburger
Wein mit schuld ist. Zu glauben, dass der Wein erheitert, dazu müsste ich
Christ sein, will sagen glauben, was gerade für mich eine Absurdität ist.] Die
Herbheit des Naumburger Weins ist geradezu sprichwörtlich. Immerhin merkt
das Warenlexikon für Handel, Industrie und Gewerbe von Klemens Merck an:
„Von norddeutschen W[einen] sind die Elbweine und die Saalweine oder
Naumburger hervorzuheben; sie sind oft besser als ihr Ruf" (Merck 1884, 617).
Zum christlichen credo quia absurdum vgl. NK KSA 6, 229, 27 f.
280, 22-33 Seltsam genug, bei dieser extremen Verstimmbarkeit durch kleine,
stark verdünnte Dosen Alkohol, werde ich beinahe zum Seemann, wenn es sich
um starke Dosen handelt. Schon als Knabe hatte ich hierin meine Tapferkeit.
Eine lange lateinische Abhandlung in Einer Nachtwache niederzuschreiben und
auch noch abzuschreiben, mit dem Ehrgeiz in der Feder, es meinem Vorbilde
Sallust in Strenge und Gedrängtheit nachzuthun und einigen Grog von schwers-
tem Kaliber über mein Latein zu giessen, dies stand schon, als ich Schüler der
ehrwürdigen Schulpforta war, durchaus nicht im Widerspruch zu meiner Physio-
logie, noch vielleicht auch zu der des Sallust — wie sehr auch immer zur ehrwür-
digen Schulpforta...] Zum römischen Historiker Gaius Sallustius Crispus (86-34
v. Chr.) als Stilvorbild bekennt sich N. auch in GD Was ich den Alten verdanke
1 (über seine einschlägige Arbeit in Schulpforta siehe NK KSA 6, 154, 12-19).
Wer abgesehen von Sallusts nicht immer ganz tugendhaftem Lebenswerk eine
Erklärung dafür benötigt, weshalb der erhebliche Alkoholkonsum „vielleicht
auch" zur Physiologie des „Vorbildes" gepasst haben könnte, mag sich einer-
seits mit einem Sallust-Fragment behelfen: „Staphylus primus docuit vinum
acqua misceri" (Sallustius 1833, 224, 6 f.) („Staphylus lehrte als erster Wein mit