440 Ecce homo. Wie man wird, was man ist
Leben — aufsteigendem oder niedergehendem — es sich handelt, wenn man
dessen „Selbstsucht" qualifizieren will.
294, 7 Bewusstsein ist eine Oberfläche] Das ist die philosophische Verallge-
meinerung und metaphorische Entgrenzung einer im Horizont physiologischer
Lektüren stehenden Notiz aus NL 1883, KSA 10, 12[33], 406: „Das Bewußtsein
lokalisirt auf der Oberfläche der beiden Hemisphären". Während die Asso-
ziation von Bewusstsein und Oberfläche in NL 1883/84, KSA 10, 24[16], 654,
28 f. bereits in einem antiidealistischen philosophischen Kontext steht („Es ist
zu zeigen, wie sehr alles Bewußte auf der Oberfläche bleibt"), handelt es
sich bei der Notiz 12[33] um die äußerste Verknappung einer ausführlichen
Erörterung der zeitgenössischen Forschung in Sachen Gehirnfunktion, die N.
in Michael Fosters (1836-1907) Lehrbuch der Physiologie gefunden hat. (Auch
die Notiz NL 1883, KSA 10, 12[32], 406 ist Paraphrase nach Foster 1881, 195 —
von N. mit Eselsohr markiert: „Je mehr wir das Leben des Körpers kennen
lernen, um so mehr wird uns die Thatsache zur Ueberzeugung, daß er überaus
reichlich mit Ausgleichungs-Einrichtungen ausgestattet ist, deren Wirkung
nicht weniger überraschend und fein ist, als die der beiden eben beschriebe-
nen." Gleiches gilt für GM III 15, KSA 5, 374, 10-15 nach Foster 1881, 506).
Foster 1881, 523-548 bespricht anhand zahlreicher Tierversuche die Funk-
tion der Großhirnhemisphären und fragt nach der Lokalisierbarkeit bestimmter
intellektueller und emotionaler Fähigkeiten im Gehirn, ohne jedoch zu jener
pauschalen Äußerung zu kommen, die N. in 12[33] oder gar in 294, 7 vorbringt.
Resümierend heißt es bei Foster 1881, 552 nur: „Experimente an Thieren sind
wohl werthvoll für die Erforschung von Bewegungen, aber unvollkommene
Hülfsmittel für das Studium der bewußten Empfindungen. Wir haben bereits
gesehen, daß rohe, unverarbeitete Empfindungen in einem seiner Großhirnhe-
misphären beraubten Thiere entstehen können; und es ist sehr schwierig, die
Merkmale dieser primitiven Empfindungen von denen der höheren psychi-
schen Vorstellungen zu unterscheiden. Ueberdies wissen wir vorläufig nicht,
wie weit die weitere Entwicklung der Großhirnhemisphären beim Menschen
die gewöhnlichen Functionen der anderen Hirntheile beeinflußt hat. Es kann
sein, daß wichtige Functionen, welche beim Kaninchen dem Mittel- und Hin-
terhirn eigen sind, beim Menschen fast verschwunden sind, um diese Gebilde
zu nützlicheren Dienern der Hemisphären zu gestalten; aber es ist auch mög-
lich, daß die größere Thätigkeit der Windungen einfach die gewöhnlichen Ver-
richtungen des Mittel- und Hinterhirns vermehrt hat. Wir können vorläufig
nicht angeben, welcher Erfolg eingetreten ist; aber wir müssen inzwischen sehr
vorsichtig sein, wenn wir Vorkommnisse bei Experimenten an Kaninchen oder
Hunden auf die Functionen entsprechender Theile des menschlichen Hirns
übertragen wollen." Immerhin hatte Foster 1881, 540 bekannt: „Das Hauptinte-
Leben — aufsteigendem oder niedergehendem — es sich handelt, wenn man
dessen „Selbstsucht" qualifizieren will.
294, 7 Bewusstsein ist eine Oberfläche] Das ist die philosophische Verallge-
meinerung und metaphorische Entgrenzung einer im Horizont physiologischer
Lektüren stehenden Notiz aus NL 1883, KSA 10, 12[33], 406: „Das Bewußtsein
lokalisirt auf der Oberfläche der beiden Hemisphären". Während die Asso-
ziation von Bewusstsein und Oberfläche in NL 1883/84, KSA 10, 24[16], 654,
28 f. bereits in einem antiidealistischen philosophischen Kontext steht („Es ist
zu zeigen, wie sehr alles Bewußte auf der Oberfläche bleibt"), handelt es
sich bei der Notiz 12[33] um die äußerste Verknappung einer ausführlichen
Erörterung der zeitgenössischen Forschung in Sachen Gehirnfunktion, die N.
in Michael Fosters (1836-1907) Lehrbuch der Physiologie gefunden hat. (Auch
die Notiz NL 1883, KSA 10, 12[32], 406 ist Paraphrase nach Foster 1881, 195 —
von N. mit Eselsohr markiert: „Je mehr wir das Leben des Körpers kennen
lernen, um so mehr wird uns die Thatsache zur Ueberzeugung, daß er überaus
reichlich mit Ausgleichungs-Einrichtungen ausgestattet ist, deren Wirkung
nicht weniger überraschend und fein ist, als die der beiden eben beschriebe-
nen." Gleiches gilt für GM III 15, KSA 5, 374, 10-15 nach Foster 1881, 506).
Foster 1881, 523-548 bespricht anhand zahlreicher Tierversuche die Funk-
tion der Großhirnhemisphären und fragt nach der Lokalisierbarkeit bestimmter
intellektueller und emotionaler Fähigkeiten im Gehirn, ohne jedoch zu jener
pauschalen Äußerung zu kommen, die N. in 12[33] oder gar in 294, 7 vorbringt.
Resümierend heißt es bei Foster 1881, 552 nur: „Experimente an Thieren sind
wohl werthvoll für die Erforschung von Bewegungen, aber unvollkommene
Hülfsmittel für das Studium der bewußten Empfindungen. Wir haben bereits
gesehen, daß rohe, unverarbeitete Empfindungen in einem seiner Großhirnhe-
misphären beraubten Thiere entstehen können; und es ist sehr schwierig, die
Merkmale dieser primitiven Empfindungen von denen der höheren psychi-
schen Vorstellungen zu unterscheiden. Ueberdies wissen wir vorläufig nicht,
wie weit die weitere Entwicklung der Großhirnhemisphären beim Menschen
die gewöhnlichen Functionen der anderen Hirntheile beeinflußt hat. Es kann
sein, daß wichtige Functionen, welche beim Kaninchen dem Mittel- und Hin-
terhirn eigen sind, beim Menschen fast verschwunden sind, um diese Gebilde
zu nützlicheren Dienern der Hemisphären zu gestalten; aber es ist auch mög-
lich, daß die größere Thätigkeit der Windungen einfach die gewöhnlichen Ver-
richtungen des Mittel- und Hinterhirns vermehrt hat. Wir können vorläufig
nicht angeben, welcher Erfolg eingetreten ist; aber wir müssen inzwischen sehr
vorsichtig sein, wenn wir Vorkommnisse bei Experimenten an Kaninchen oder
Hunden auf die Functionen entsprechender Theile des menschlichen Hirns
übertragen wollen." Immerhin hatte Foster 1881, 540 bekannt: „Das Hauptinte-