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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0473
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450 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

44 u. 59, 2-8 v. a. JGB 263, KSA 5, 218, 9-13, wonach man „der grossen Menge"
„angezüchtet" habe, „dass es heilige Erlebnisse giebt, vor denen sie die
Schuhe auszuziehn [...] hat"). Da N. in EH seine eigenen Schriften zu kanonisie-
ren strebte, versteht sich fast von selbst, dass ihnen auch das Barfuß-Privileg
heiliger Stätten zukommen soll, die erst recht von preußischen oder schweize-
rischen Stiefeln nicht entweiht werden dürfen.
298, 25-299, 5 Als sich einmal der Doktor Heinrich von Stein ehrlich darüber
beklagte, kein Wort aus meinem Zarathustra zu verstehn, sagte ich ihm, das sei
in Ordnung: sechs Sätze daraus verstanden, das heisst: erlebt haben, hebe
auf eine höhere Stufe der Sterblichen hinauf als „moderne" Menschen erreichen
könnten.] Vgl. N.s Brief an Köselitz vom 02. 09. 1884 im unmittelbaren
Anschluss an Steins Besuch bei N. in Sils-Maria: „Heinrich von Stein, ein
prachtvolles Stück Mensch und Mann, an dem ich Freude gehabt habe, sagte
mir ganz ehrlich, er habe von besagtem Z[arathustra] ,zwölf Sätze und nicht
mehr' verstanden. — Das tat mir sehr wohl." (KSB 6, Nr. 529, S. 525, Z. 37-
40) Bernauer 1998, 161, Fn. 283 weist darauf hin, dass man nicht wisse, was
Stein damals wirklich zu N.s Za gesagt habe (vgl. aber Steins enthusiastische
Briefe zu Za an N. vom 04. 10. 1883, KGB III 2, Nr. 210, S. 401 und vom 17. 05.
1884, KGB III 2, Nr. 232, S. 435-437).
299, 5-7 Wie könnte ich, mit diesem Gefühle der Distanz, auch nur wün-
schen, von den „Modernen", die ich kenne —, gelesen zu werden!] Den dezidier-
ten Antimodernismus, der sich als Gegenwartskritik artikuliert, teilte N. früh
schon mit seinem Freund und „Waffengenossen" Franz Overbeck, der die
„moderne Theologie" zur Zielscheibe machte (vgl. z. B. Peter 1992 sowie Som-
mer 1997 u. 2003a).
299, 7-9 Mein Triumph ist gerade der umgekehrte, als der Schopenhauer's
war, — ich sage „non legor, non legar".] „[M]an hat angefangen, mich zu
lesen, — und wird nun nicht wieder aufhören. Legor et legar", heißt es in der
Vorrede zur 2. Auflage von Schopenhauers Über den Willen in der Natur von
1854 (Schopenhauer 1873-1874, 4/1, XIII). N. hat die Stelle in UB III SE 3, KSA 1,
353, 14-18 schon einschlägig kommentiert: „Es macht uns traurig, ihn [sc.
Schopenhauer] auf der Jagd nach irgend welchen Spuren seines Bekanntwer-
dens zu sehen; und sein endlicher lauter und überlauter Triumph darüber,
dass er jetzt wirklich gelesen werde (,legor et legar') hat etwas Schmerzlich-
Ergreifendes." Non legor, non legar: Lateinisch für „Ich werde nicht gelesen,
ich werde nicht gelesen werden."
299, 11-16 Noch in diesem Sommer, zu einer Zeit, wo ich vielleicht mit meiner
schwerwiegenden, zu schwer wiegenden Litteratur den ganzen Rest von Litteratur
 
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