456 Ecce homo. Wie man wird, was man ist
Berlin an, die eigentlich Neue Preußische Zeitung hieß und ihren Übernamen
dem Eisernen Kreuz in ihrer Titelleiste verdankte. Die Benennung der liberal-
fortschrittlichen, ebenfalls in Berlin erscheinenden National-Zeitung als „preus-
sische Zeitung" soll herausstreichen, dass N. sich um die politischen Richtungs-
gegensätze von Liberalen und Konservativen nicht schere; man verstehe ihn
nirgendwo. Die Kreuzzeitung wird in Michaelis' Rezension übrigens nicht aus-
drücklich genannt; ein Verriss von Jenseits von Gut und Böse ist auch in der
Sonntagsbeilage der Kreuzzeitung erschienen (31. Oktober 1886, abgedruckt in
KGB III 7/3, 2, S. 863).
2
Nach der Durchsicht von EH Anfang Dezember 1888 schickte N. den Text dieses
Abschnitts an Naumann mit dem Hinweis: „Im Capitel ,warum ich so gute
Bücher schreibe' an Stelle des ganzen bisherigen Paragraph 2". Die frühere
Fassung lautet: „Die Deutschen haben bisher noch Nichts von mir verstanden,
geschweige denn mich. — Hat überhaupt Jemand Etwas von mir verstanden, —
mich verstanden? — Einer, sonst Keiner: Richard Wagner, ein Grund mehr zu
meinem Zweifel, ob er eigentlich ein Deutscher war... Wer von meinen deut-
schen ,Freunden' (— der Begriff Freund ist in meinem Leben ein Gänsefuß-
Begriff) hätte im Entferntesten die Tiefe des Blicks gestreift, mit der Wagner
vor sechszehn Jahren an mir zum Propheten wurde? Er stellte mich
damals, in einem Brief, der in der Norddeutschen Zeitung erschien, den Deut-
schen mit diesen unsterblichen Worten vor: ,Was wir von Ihnen erwarten, kann
nur die Aufgabe eines ganzen Lebens sein, und zwar des Lebens eines Mannes,
wie er uns auf das Höchste noth thut und als welchen Sie allen denen sich
ankündigen, welche aus dem edelsten Quell des deutschen Geistes, dem tief-
sinnigen Ernste in Allem, wohin er sich versenkt, Aufschluß und Weisung
darüber verlangen, welcher Art die deutsche Bildung sein müsse, wenn sie
der wiedererstandenen Nation zu ihren edelsten Zielen verhelfen soll.' Wagner
hat einfach recht behalten: heute hat er Recht. Ich bin die einzige force
majeure, stark genug, die Deutschen zu erlösen und zuletzt nicht nur die Deut-
schen... Er vergass vielleicht, daß wenn ich der Cultur die Wege zu zeigen
bestimmt bin, ich sie auch einem Richard Wagner zu zeigen hatte? Cultur und
Parsifal — das geht nicht..." (KSA 14, 481 f.) Die Stelle findet sich in einem
offenen Brief Wagners an N. vom 12. 06. 1872 aus Anlass von Ulrich von Wila-
mowitz-Möllendorffs Polemik gegen GT (Wagner 1871-1873, 9, 357 f. = Wagner
1907, 9, 301. N. hat die Stelle am Rand markiert).
Zu der endgültigen Fassung von EH Warum ich so gute Bücher schreibe 2
gibt es noch eine im EH-Druckmanuskript erhaltene Vorstufe, die N. offensicht-
Berlin an, die eigentlich Neue Preußische Zeitung hieß und ihren Übernamen
dem Eisernen Kreuz in ihrer Titelleiste verdankte. Die Benennung der liberal-
fortschrittlichen, ebenfalls in Berlin erscheinenden National-Zeitung als „preus-
sische Zeitung" soll herausstreichen, dass N. sich um die politischen Richtungs-
gegensätze von Liberalen und Konservativen nicht schere; man verstehe ihn
nirgendwo. Die Kreuzzeitung wird in Michaelis' Rezension übrigens nicht aus-
drücklich genannt; ein Verriss von Jenseits von Gut und Böse ist auch in der
Sonntagsbeilage der Kreuzzeitung erschienen (31. Oktober 1886, abgedruckt in
KGB III 7/3, 2, S. 863).
2
Nach der Durchsicht von EH Anfang Dezember 1888 schickte N. den Text dieses
Abschnitts an Naumann mit dem Hinweis: „Im Capitel ,warum ich so gute
Bücher schreibe' an Stelle des ganzen bisherigen Paragraph 2". Die frühere
Fassung lautet: „Die Deutschen haben bisher noch Nichts von mir verstanden,
geschweige denn mich. — Hat überhaupt Jemand Etwas von mir verstanden, —
mich verstanden? — Einer, sonst Keiner: Richard Wagner, ein Grund mehr zu
meinem Zweifel, ob er eigentlich ein Deutscher war... Wer von meinen deut-
schen ,Freunden' (— der Begriff Freund ist in meinem Leben ein Gänsefuß-
Begriff) hätte im Entferntesten die Tiefe des Blicks gestreift, mit der Wagner
vor sechszehn Jahren an mir zum Propheten wurde? Er stellte mich
damals, in einem Brief, der in der Norddeutschen Zeitung erschien, den Deut-
schen mit diesen unsterblichen Worten vor: ,Was wir von Ihnen erwarten, kann
nur die Aufgabe eines ganzen Lebens sein, und zwar des Lebens eines Mannes,
wie er uns auf das Höchste noth thut und als welchen Sie allen denen sich
ankündigen, welche aus dem edelsten Quell des deutschen Geistes, dem tief-
sinnigen Ernste in Allem, wohin er sich versenkt, Aufschluß und Weisung
darüber verlangen, welcher Art die deutsche Bildung sein müsse, wenn sie
der wiedererstandenen Nation zu ihren edelsten Zielen verhelfen soll.' Wagner
hat einfach recht behalten: heute hat er Recht. Ich bin die einzige force
majeure, stark genug, die Deutschen zu erlösen und zuletzt nicht nur die Deut-
schen... Er vergass vielleicht, daß wenn ich der Cultur die Wege zu zeigen
bestimmt bin, ich sie auch einem Richard Wagner zu zeigen hatte? Cultur und
Parsifal — das geht nicht..." (KSA 14, 481 f.) Die Stelle findet sich in einem
offenen Brief Wagners an N. vom 12. 06. 1872 aus Anlass von Ulrich von Wila-
mowitz-Möllendorffs Polemik gegen GT (Wagner 1871-1873, 9, 357 f. = Wagner
1907, 9, 301. N. hat die Stelle am Rand markiert).
Zu der endgültigen Fassung von EH Warum ich so gute Bücher schreibe 2
gibt es noch eine im EH-Druckmanuskript erhaltene Vorstufe, die N. offensicht-