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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0493
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470 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

bisher Poesie hiess.] Za III Die sieben Siegel, KSA 4, 287-291. Das Kapitel trägt
den Untertitel: „(Oder: das Ja- und Amen-Lied.)" (KSA 4, 286, 2).
5
305, 10 f. wie gute alte Philologen ihren Horaz lasen] Zu N.s Horaz-Adaptionen
vgl. NK KSA 6, 154, 21-24, zu einem philologischen Urteil über Horaz NL 1875,
KSA 8, 3[31], 23.
305, 14-18 zum Beispiel jener Glaube, dass „unegoistisch" und „egoistisch"
Gegensätze sind, während das ego selbst bloss ein „höherer Schwindel", ein
„Ideal" ist... Es giebt weder egoistische, noch unegoistische Handlungen:
beide Begriffe sind psychologischer Widersinn.] Herkömmliche Moralphiloso-
phie zehrt von diesem Gegensatz, vgl. z. B. Schopenhauers Preisschrift über
die Grundlage der Moral (§ 16) wo als „Grund-Triebfedern der menschlichen
Handlungen" „Egoismus; der das eigene Wohl will", „Bosheit; die das fremde
Wehe will" und „Mitleid; welches das fremde Wohl will" gelten (Schopenhauer
1873-1874, 4, 210). Während N. als „Psychologe" hier die Unterscheidung von
egoistischer und unegoistischer Handlung als unsachgemäß zurückweist (ohne
freilich zu sagen, worauf die Zurückweisung dieser Dichotomie beruht), erör-
tert er in GD Streifzüge eines Unzeitgemässen 33 noch ganz selbstverständlich
den „Naturwerth des Egoismus". Vgl. NK KSA 6, 131, 27.
305, 16 ein „höherer Schwindel", ein „Ideal"] Vgl. EH MA 5, KSA 6, 327, 4.
305, 18 f. der Satz „der Mensch strebt nach Glück"...] Das Glück, die evöaipovia,
wünschen sich nach Aristoteles' Nikomachischer Ethik (I 2; 1095a 18 f.) alle
Menschen. N. deutet seine Einwände gegen diesen Satz etwa in NL 1887/88,
KSA 13, 11[111], 52 f. u. NL 1888, KSA 13, 22[20], 592 an. Zur Interpretation vgl.
z. B. Abel 1998, 106 f., zu den Quellen und weiteren Bezügen NK KSA 6, 61, 1-
2.
305, 19 f. Oder der Satz „das Glück ist der Lohn der Tugend"...] Die Vorstellung,
dass moralisch untadeliges Verhalten entsprechend positive Konsequenzen zei-
tigen, also etwa von Gott oder der Vorsehung mit Glück (und sei es auch mit
jenseitigem Glück) belohnt werden müsse, reicht schon in die Frühzeit der
Religionsgeschichte zurück. Philosophen pflegten seit längerem Vorbehalte
gegen einen solchen Nexus, um stattdessen beispielsweise Glück mit Tugend
zu identifizieren, vgl. z. B. Spinoza: Ethica ordine geometrico demonstrata V,
prop. 42: „Beatitudo non est virtutis praemium, sed ipsa virtus" („Glück ist
nicht Lohn der Tugend, sondern die Tugend selbst").
 
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