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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0499
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476 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

Mal mit tiefer Bewegung Ihre Tragödie; es hat mich über alle Maaßen über-
rascht, ein Werk kennen zu lernen, in dem mein eigner Begriff von der Liebe —
in ihren Mitteln der Krieg, in ihrem Grunde der Todhaß der Geschlechter —
auf eine grandiose Weise zum Ausdruck gebracht ist." (KSB 8, Nr. 1160, S. 493,
Z. 4-9) In der Reclam-Ausgabe von Strindbergs Tragödie (unter dem deutschen
Titel Der Vater), die N. um den 17. 12. 1888 auch Overbeck empfahl (KSB 8,
Nr. 1194, S. 531, Z. 28-30) — N. hatte das Werk ursprünglich in der von Strind-
berg selbst besorgten, französischen Version mit einem Vorwort von Emile Zola
gelesen —, klingen die Äußerungen zum Geschlechterkampf programmatisch:
„Mann und Frau sind hier im Kampfe miteinander, unaufhörlich, den ganzen
Tag." (Strindberg o. J., 11) Oder: „die Liebe zwischen den beiden Geschlechtern
ist ein Kampf" (ebd., 43). Zu N.s Rezeption von Strindbergs Fadren siehe auch
Dahlkvist 2009, 96-99.
306, 20-23 Hat man meine Antwort auf die Frage gehört, wie man ein Weib
kurirt — „erlöst"? Man macht ihm ein Kind. Das Weib hat Kinder nöthig, der
Mann ist immer nur Mittel: also sprach Zarathustra.] Tatsächlich sprach Zara-
thustra genau so noch nirgendwo, vgl. aber Za I Von alten und jungen Weib-
lein, KSA 4, 84, 22-85, 2: „Alles am Weibe ist ein Räthsel, und Alles am Weibe
hat Eine Lösung: sie heisst Schwangerschaft. / Der Mann ist für das Weib ein
Mittel: der Zweck ist immer das Kind." Christian Dietrich Grabbe hatte in seiner
Oper Der Cid (1835) — der Band ist in N.s Bibliothek erhalten — zynisch auf
den damals die Öffentlichkeit bewegenden Suizid der Schriftstellerin Charlotte
Stieglitz (1806-1834) angespielt mit den auf den Ehemann Heinrich Wilhelm
Stieglitz gemünzten Versen: „Nur Vögel, Stieglitze — / Hätt'st Du der Frau ein
Kind gemacht, / Sie hätte sich nicht umgebracht" (Grabbe 1874-1875, 4, 117).
306, 23 immer nur] statt „ihm bloß" in der Vorstufe (KSA 14, 486).
306, 23-307, 13 „Emancipation des Weibes" — das ist der Instinkthass des
missrathenen, das heisst gebäruntüchtigen Weibes gegen das wohlgera-
thene, — der Kampf gegen den „Mann" ist immer nur Mittel, Vorwand, Taktik.
Sie wollen, indem sie sich hinaufheben, als „Weib an sich", als „höheres Weib",
als „Idealistin" von Weib, das allgemeine Rang-Niveau des Weibes herunter-
bringen; kein sichereres Mittel dazu als Gymnasial-Bildung, Hosen und politische
Stimmvieh-Rechte. Im Grunde sind die Emancipirten die Anarchisten in der
Welt des „Ewig-Weiblichen", die Schlechtweggekommenen, deren unterster In-
stinkt Rache ist... Eine ganze Gattung des bösartigsten „Idealismus" — der übri-
gens auch bei Männern vorkommt, zum Beispiel bei Henrik Ibsen, dieser typi-
schen alten Jungfrau — hat als Ziel das gute Gewissen, die Natur in der
Geschlechtsliebe zu vergiften... Und damit ich über meine in diesem Betracht
ebenso honnette als strenge Gesinnung keinen Zweifel lasse, will ich noch einen
 
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