496 Ecce homo. Wie man wird, was man ist
per der Hochschule und einem einzelnen Mitgliede" (alle Zitate nach Kr I, 33,
Fn. 24).
317, 26-28 Darunter Ewald in Göttingen, der zu verstehn gab, mein Attentat sei
für Strauss tödtlich abgelaufen.] Der Göttinger Theologe Heinrich Ewald (1803-
1875) hatte in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen sowohl Strauß' Spätschrift
Der alte und der neue Glaube ebenso scharf und im Geiste theologischer Apolo-
getik besprochen (Ewald 1873) als auch das Zwillingswerk zu UB I DS, Franz
Overbecks Ueber die Christlichkeit unserer heutigen Theologie (Ewald 1874). Bis-
lang meist unbeachtet ist geblieben, dass Ewald im Rahmen einer ausführli-
chen (und ablehnenden) Besprechung einer Arbeit von Wilhelm Weiffenbach
zum Papias-Fragment bei Eusebius in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen
Anfang 1875 auch auf UB I DS eingegangen ist. Weiffenbachs Werk war für
ihn ein Exempel der „Strauß-Baur'sche[n] Afterwissenschaft" (Ewald 1875, 117),
gegen die er N.s Werk gerichtet sah. Ewald war also ein konservativer Gegner
der historischen Kritik, wie sie sich in den Werken von David Friedrich Strauß
und Ferdinand Christian Baur (Ewald erwähnte auch Ernest Renan) gegen die
traditionelle Theologie formiert hatte, und instrumentalisierte N.s Schrift für
seine eigenen theologischen Interessen — was N. selbst wiederum in seiner
EH-Retraktation von UB I DS geflissentlich ausblendet. Ewald gab sogar seiner
Hoffnung Ausdruck, N. werde sich zu einem bildungsbeflissenen Christentum
bekehren: UB I DS sei ,,[e]ine höchst salzige und wohlgepfefferte aber weder
übergesalzte und ungesunde noch wie wir /120/ hoffen können unwirksame
Schrift, eine von denen deren in Deutschland schon seit langer Zeit viel zu
wenige dargereicht werden um die ungeheure Uebermenge ungesunder Gedan-
ken und Bestrebungen worin man das Deutsche Volk ersticken will zu vertrei-
ben. Sie ist nur gegen dieselbe letzte Schrift des Ludwigsburgers [sc. Strauß]
gerichtet welche wir sogleich bei ihrem Erscheinen in den Gel. Anz. 1878 St. 4
[sc. Ewald 1873] trafen: schlägt aber mit dieser letzten Schrift des Mannes wel-
che seine bleibendste auserlesenste und Hauptschrift werden sollte alle seine
früheren zu Boden, indem sie ihn als Bekenner der gerechten Verspottung
als Schriftsteller der verdienten Verachtung hingiebt. Mit ihm ist nun aber
zugleich auch seine ganze Schule gerichtet. Freilich müssen wir bedauern daß
der junge am classischen Alterthume gebildete Verf. als Christ kein Scaliger
ist, vielmehr die entsetzliche Einseitigkeit und christliche Unwissenheit theilt
worin so viele heutige classische Philologen unter uns aufwachsen. Allein da
er noch jung ist, so wird er künftig wenn er sein Salz nicht faul werden lassen
will dennoch entweder wieder ein Dav. Strauß und Hegelscher Friedr. Vischer
oder ein ächter Christ werden müssen. / Die Afterschule ist eben auch durch
diese Schrift für unsre Zeit vorläufig abgethan, während der Verf. der Schrift
von welcher wir hier ausgingen [sc. Weiffenbach] noch nicht einmal begreifen
per der Hochschule und einem einzelnen Mitgliede" (alle Zitate nach Kr I, 33,
Fn. 24).
317, 26-28 Darunter Ewald in Göttingen, der zu verstehn gab, mein Attentat sei
für Strauss tödtlich abgelaufen.] Der Göttinger Theologe Heinrich Ewald (1803-
1875) hatte in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen sowohl Strauß' Spätschrift
Der alte und der neue Glaube ebenso scharf und im Geiste theologischer Apolo-
getik besprochen (Ewald 1873) als auch das Zwillingswerk zu UB I DS, Franz
Overbecks Ueber die Christlichkeit unserer heutigen Theologie (Ewald 1874). Bis-
lang meist unbeachtet ist geblieben, dass Ewald im Rahmen einer ausführli-
chen (und ablehnenden) Besprechung einer Arbeit von Wilhelm Weiffenbach
zum Papias-Fragment bei Eusebius in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen
Anfang 1875 auch auf UB I DS eingegangen ist. Weiffenbachs Werk war für
ihn ein Exempel der „Strauß-Baur'sche[n] Afterwissenschaft" (Ewald 1875, 117),
gegen die er N.s Werk gerichtet sah. Ewald war also ein konservativer Gegner
der historischen Kritik, wie sie sich in den Werken von David Friedrich Strauß
und Ferdinand Christian Baur (Ewald erwähnte auch Ernest Renan) gegen die
traditionelle Theologie formiert hatte, und instrumentalisierte N.s Schrift für
seine eigenen theologischen Interessen — was N. selbst wiederum in seiner
EH-Retraktation von UB I DS geflissentlich ausblendet. Ewald gab sogar seiner
Hoffnung Ausdruck, N. werde sich zu einem bildungsbeflissenen Christentum
bekehren: UB I DS sei ,,[e]ine höchst salzige und wohlgepfefferte aber weder
übergesalzte und ungesunde noch wie wir /120/ hoffen können unwirksame
Schrift, eine von denen deren in Deutschland schon seit langer Zeit viel zu
wenige dargereicht werden um die ungeheure Uebermenge ungesunder Gedan-
ken und Bestrebungen worin man das Deutsche Volk ersticken will zu vertrei-
ben. Sie ist nur gegen dieselbe letzte Schrift des Ludwigsburgers [sc. Strauß]
gerichtet welche wir sogleich bei ihrem Erscheinen in den Gel. Anz. 1878 St. 4
[sc. Ewald 1873] trafen: schlägt aber mit dieser letzten Schrift des Mannes wel-
che seine bleibendste auserlesenste und Hauptschrift werden sollte alle seine
früheren zu Boden, indem sie ihn als Bekenner der gerechten Verspottung
als Schriftsteller der verdienten Verachtung hingiebt. Mit ihm ist nun aber
zugleich auch seine ganze Schule gerichtet. Freilich müssen wir bedauern daß
der junge am classischen Alterthume gebildete Verf. als Christ kein Scaliger
ist, vielmehr die entsetzliche Einseitigkeit und christliche Unwissenheit theilt
worin so viele heutige classische Philologen unter uns aufwachsen. Allein da
er noch jung ist, so wird er künftig wenn er sein Salz nicht faul werden lassen
will dennoch entweder wieder ein Dav. Strauß und Hegelscher Friedr. Vischer
oder ein ächter Christ werden müssen. / Die Afterschule ist eben auch durch
diese Schrift für unsre Zeit vorläufig abgethan, während der Verf. der Schrift
von welcher wir hier ausgingen [sc. Weiffenbach] noch nicht einmal begreifen