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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0548
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Stellenkommentar EH M, KSA 6, S. 329 525

nos (Apollon, der Eidechsentöter) bekannte Bronzeskulptur des Praxiteles (vgl.
Gaius Plinius Secundus Maior: Naturalis historia XXXIV 19, 10), die allerdings
nur in späteren Kopien erhalten ist. Sie stellt den knabenhaften, an einen
Baumstamm gelehnten Apollon dar, der mit einem Pfeil oder einer Feder in
der rechten Hand eine Eidechse ansticht, die den Baumstamm hochklettert.
Die Bedeutung war (und ist) umstritten. Friedrich Gottlieb Welcker führte in
seinen N. wohlbekannten Alten Denkmälern dazu u. a. Folgendes aus: „Win-
ckelmann, welcher der Statue zuerst die mit Recht herrschend gewordene
Benennung ertheilt hat, dachte sich nur einen zufälligen Zeitvertreib Apollons
als Hirten; der jedoch nicht einmal so knabenhaft erscheinen sollte. Harduin
und Visconti ([...]) verglichen die Erlegung des Pythischen Drachen durch die
Pfeile des Apollon. Doch dass Apollon sich ergötze jene unabwendbaren Pfeile,
welche einst den Python töden [sic] sollten, an einer furchtsamen Eidechse zu
versuchen, ist ein sonderbarer Gedanke [...]. Heyne aber ([...]) und Becker [...]
erinnern sich der Eidechse ([...]) an dem Bilde des Wahrsagers Thrasybulos
[...]; und der letztere nimmt ein Vorspiel des Siegs über den Python in so fern
an als der Gott, welcher aller Orakel sich zu bemächtigen suchte, auf diess mit
Weissagungsgabe ausgerüstete Thierchen, spielend wie es dessen Natur mit
sich bringe, Jagd mache. / Die Eidechse hatte eine Beziehung zu Apollon sofern
er als Sonnengott geachtet wurde, als Freundin der Sonne. Diese Beziehung
ist ausgedrückt auf den Rhodischen Münzen mit dem Sonnengesicht des Helios
und einer Eidechse, [...] worauf Zoega aufmerksam gemacht hat. Er erklärt
diess Sonnensymbol daraus, /409/ dass jenes kalte Thier die Sonne sucht wenn
die andern sich lieber im Schatten verbergen. [...] /410/ [...] /411/ [...] Apollon
ist als Wahrsager durch die Eidechse, nicht als ihr Feind gedacht; und Kampf
mit einem solchen Gegner würde auch auf jeden Fall einen albernen Mythus
abgegeben haben. [...] [A]ndere hier und dort ausgeübte Arten der Wahrsagung
wurden ihm untergeben, und weil man behauptete dass sie alle durch ihn
seyen und von ihm abhiengen, so konnte man um sie zu ehren jede einzelne
von ihm selbst ausüben lassen; ihn also auch als einen Galeotes [sc. als eine
Eidechse] denken. Dass diess geschehen sey, lehrt allein die Statue des Praxite-
les. Um aber doch zugleich den Abstand eines solchen altväterlichen Orakels
von weniger verbreiteter oder angesehener Ausübung /412/ von der Würde des
Pythischen Dreifusses anzudeuten, so wurde gesagt, der Gott habe noch als
Knabe, nach dem Homerischen Hymnus auf Hermes, von den ländlichen
Thrieen das Wahrsagen gelernt, also Thrieenorakel geübt, wie hier die durch
die Eidechse; und nach einer andern Sage hat der orakelgebende Pan ihn (als
Knaben also ebenfalls) im Prophezeien unterrichtet. Die Eidechsenorakel müs-
sen, wie der Name der Figur und die Worte des Plinius und Martialis lehren,
durch Belauschen und Durchspiessen des Thierchens bewerkstelligt worden
 
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