Stellenkommentar EH Zarathustra, KSA 6, S. 336 539
es einige Wochen zuvor schon in Bezug auf das Gedicht „An den Schmerz"
getan hatte, das er ebenfalls von Lou überreicht bekommen hatte (N. an Köse-
litz, 01. 07. 1882, KSB 6, Nr. 252, S. 214; vgl. N. an Heinrich Köselitz, 13. 07.
1882, KSB 6, Nr. 263, S. 222). Durch die Anpassung an die bereits vorhandene
Komposition hatte Lous „Lebensgebet" unter N.s Feder eine veränderte Form
angenommen. Die Verfasserin bemerkte später dazu: „Nachdem ich es Nietz-
sche gelegentlich aus dem Gedächtnis niedergeschrieben und er es darauf in
Musik gesetzt hat, lief es feierlicher auf etwas verlängerten Versfüßen."
(Andreas-Salome 1968, 41) N.s „feierlichere" Fassung des Gedichts scheint Lou
von Salome nicht missfallen zu haben: Sie nahm sie 1885 in ihren Debütroman
Im Kampf um Gott auf (Andreas-Salome 2007, 160). Abgesehen von geringfügi-
gen Änderungen hielt sie gegenüber N.s Variante lediglich an ihrem Vers
„Schließ mich in Deine Arme ein" fest.
In N.s Fassung lautete das nun „Gebet an das Leben" genannte Gedicht
wie folgt: „Gewiß — so liebt ein Freund den Freund, / wie ich dich liebe,
räthselvolles Leben! / Ob ich in dir gejauchzt, geweint, / ob du mir Leid, ob
du mir Lust gegeben, / ich liebe dich mit deinem Glück und Harme, / und
wenn du mich vernichten mußt, / entreiße ich mich schmerzvoll deinem
Arme, / gleich wie der Freund der Freundesbrust. // Mit ganzer Kraft umfass'
ich dich, / laß deine Flamme meinen Geist entzünden / und in der Gluth des
Kampfes mich / die Räthsellösung deines Wesens finden! / Jahrtausende zu
denken und zu leben, / wirf deinen Inhalt voll hinein, — / Hast du kein Glück
mehr übrig mir zu geben, / wohlan — so gieb mir deine Pein." (N. an Köselitz,
01. 09. 1882, KSB 6, Nr. 295, S. 249).
Schon 1874 hatte N. an eine Chorfassung des Hymnus gedacht (vgl. N. an
Wagner, 20. 05. 1874, KSB 4, Nr. 365, S. 229); nun bat er Köselitz, eine solche
für das „Gebet an das Leben" zu schreiben. Den „Hymnus an das Leben", so
der Titel dieser neuen Fassung, für die auch die zweite Strophe des Gedichts
verwendet wurde, arbeitete Köselitz auf N.s Wunsch 1886 und 1887 mehrfach
um. 1886 entstand ein Klavierarrangement für vier Hände und 1887 jene Fas-
sung für Chor und Orchester, die Fritzsch in Leipzig verlegte. In dieser Fassung
hat der Text die folgende Form gefunden: „Gewiss, so liebt ein Freund den
Freund, / wie ich dich liebe, räthselvolles Leben! / Ob ich gejauchzt in dir,
geweint, / ob du mir Leid, ob du mir Lust gegeben, / ich liebe dich mit deinem
Glück und Harme, / und wenn du mich vernichten musst, / entreisse ich mich
schmerzvoll deinem Arme, / wie Freund sich reisst von Freundes Brust. // Mit
ganzer Kraft umfass' ich dich, — / Lass deine Flamme meinen Geist entzün-
den / und in der Gluth des Kampfes, mich / die Räthsellösung deines Wesens
finden! / Jahrtausende zu denken und zu leben / wirf deinen Inhalt voll
hinein! / Hast du kein Glück mehr übrig mir zu geben, / wohlan! noch hast
es einige Wochen zuvor schon in Bezug auf das Gedicht „An den Schmerz"
getan hatte, das er ebenfalls von Lou überreicht bekommen hatte (N. an Köse-
litz, 01. 07. 1882, KSB 6, Nr. 252, S. 214; vgl. N. an Heinrich Köselitz, 13. 07.
1882, KSB 6, Nr. 263, S. 222). Durch die Anpassung an die bereits vorhandene
Komposition hatte Lous „Lebensgebet" unter N.s Feder eine veränderte Form
angenommen. Die Verfasserin bemerkte später dazu: „Nachdem ich es Nietz-
sche gelegentlich aus dem Gedächtnis niedergeschrieben und er es darauf in
Musik gesetzt hat, lief es feierlicher auf etwas verlängerten Versfüßen."
(Andreas-Salome 1968, 41) N.s „feierlichere" Fassung des Gedichts scheint Lou
von Salome nicht missfallen zu haben: Sie nahm sie 1885 in ihren Debütroman
Im Kampf um Gott auf (Andreas-Salome 2007, 160). Abgesehen von geringfügi-
gen Änderungen hielt sie gegenüber N.s Variante lediglich an ihrem Vers
„Schließ mich in Deine Arme ein" fest.
In N.s Fassung lautete das nun „Gebet an das Leben" genannte Gedicht
wie folgt: „Gewiß — so liebt ein Freund den Freund, / wie ich dich liebe,
räthselvolles Leben! / Ob ich in dir gejauchzt, geweint, / ob du mir Leid, ob
du mir Lust gegeben, / ich liebe dich mit deinem Glück und Harme, / und
wenn du mich vernichten mußt, / entreiße ich mich schmerzvoll deinem
Arme, / gleich wie der Freund der Freundesbrust. // Mit ganzer Kraft umfass'
ich dich, / laß deine Flamme meinen Geist entzünden / und in der Gluth des
Kampfes mich / die Räthsellösung deines Wesens finden! / Jahrtausende zu
denken und zu leben, / wirf deinen Inhalt voll hinein, — / Hast du kein Glück
mehr übrig mir zu geben, / wohlan — so gieb mir deine Pein." (N. an Köselitz,
01. 09. 1882, KSB 6, Nr. 295, S. 249).
Schon 1874 hatte N. an eine Chorfassung des Hymnus gedacht (vgl. N. an
Wagner, 20. 05. 1874, KSB 4, Nr. 365, S. 229); nun bat er Köselitz, eine solche
für das „Gebet an das Leben" zu schreiben. Den „Hymnus an das Leben", so
der Titel dieser neuen Fassung, für die auch die zweite Strophe des Gedichts
verwendet wurde, arbeitete Köselitz auf N.s Wunsch 1886 und 1887 mehrfach
um. 1886 entstand ein Klavierarrangement für vier Hände und 1887 jene Fas-
sung für Chor und Orchester, die Fritzsch in Leipzig verlegte. In dieser Fassung
hat der Text die folgende Form gefunden: „Gewiss, so liebt ein Freund den
Freund, / wie ich dich liebe, räthselvolles Leben! / Ob ich gejauchzt in dir,
geweint, / ob du mir Leid, ob du mir Lust gegeben, / ich liebe dich mit deinem
Glück und Harme, / und wenn du mich vernichten musst, / entreisse ich mich
schmerzvoll deinem Arme, / wie Freund sich reisst von Freundes Brust. // Mit
ganzer Kraft umfass' ich dich, — / Lass deine Flamme meinen Geist entzün-
den / und in der Gluth des Kampfes, mich / die Räthsellösung deines Wesens
finden! / Jahrtausende zu denken und zu leben / wirf deinen Inhalt voll
hinein! / Hast du kein Glück mehr übrig mir zu geben, / wohlan! noch hast