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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0594
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Stellenkommentar EH Zarathustra, KSA 6, S. 345-349 571

ihm nun, daß er nicht vom Minotauros gefressen wurde? Was ihn nun jetzt
frißt, ist schlimmer als ein Minotauros.' Dionysos Du schmeichelst mir, antwor-
tete Ariadne, aber ich bin meines Mitleidens müde, an mir sollen alle Helden
zu Grunde gehen: man-muß-Gott sein werden^damit-iehUieben-kann -aber-ieh
will nicht mitleiden wenn ich liebe Das ist meine letzte Liebe zu Theseus:
,ich richte ihn zu Grunde'" (NL 1887, KSA 12, 9[115], 401, 27-402, 18, korrigiert
nach KGW IX 6, W II 1, 52, 8-40-53, 36-40-54, 36-42).
Ob man aus dem Labyrinth wirklich hinaus will oder nicht vielmehr
hinein, lassen andere verrätselte Äußerungen zum Thema ebenso offen wie
das Leserbedürfnis nach einer letzten und endgültigen Identifikation Ariadnes:
„Ein labyrinthischer Mensch sucht niemals die Wahrheit, sondern immer nur
seine Ariadne — was er uns auch sagen möge." (NL 1882, KSA 10, 4[55], 125,
20 f.) Vgl. DD Klage der Ariadne, KSA 6, 398-401.
348, 12-22 Ich wandle unter Menschen als unter Bruchstücken der Zukunft:
jener Zukunft, die ich schaue. / Und das ist all mein Dichten und Trachten, dass
ich in Eins dichte und zusammentrage, was Bruchstück ist und Räthsel und grau-
ser Zufall. / Und wie ertrüge ich es Mensch zu sein, wenn der Mensch nicht auch
Dichter und Räthselrather und Erlöser des Zufalls wäre? / Die Vergangnen
zu erlösen und alles „Es war" umzuschaffen in ein „So wollte ich es!" — das
hiesse mir erst Erlösung.] Aus: Za II Von der Erlösung, KSA 4, 179, 18-27 mit
geringfügigen stilistischen Änderungen. Hervorgehoben wird erst in der Adap-
tion die Wendung „Die Vergangnen zu erlösen" — eine Wendung, die auch für
N.s selbstexplikatives Unterfangen in EH als programmatisch gelten kann.
348, 29-349, 18 Nicht-mehr-wollen und Nicht-mehr-schätzen und Nicht-
mehr- schaffen: oh dass diese grosse Müdigkeit mir stets ferne bleibe! / Auch
im Erkennen fühle ich nur meines Willens Zeuge- und Werdelust; und wenn
Unschuld in meiner Erkenntniss ist, so geschieht dies, weil Wille zur Zeu-
gung in ihr ist. / Hinweg von Gott und Göttern lockte mich dieser Wille: was
wäre denn zu schaffen, wenn Götter — da wären? / Aber zum Menschen treibt
er mich stets von Neuem, mein inbrünstiger Schaffens-Wille; so treibt's den Ham-
mer hin zum Steine. / Ach, ihr Menschen, im Steine schläft mir ein Bild, das Bild
der Bilder! Ach, dass es im härtesten, hässlichsten Steine schlafen muss! / Nun
wüthet mein Hammer grausam gegen sein Gefängniss. Vom Steine
stäuben Stücke: was schiert mich das! / Vollenden will ich's, denn ein Schatten
kam zu mir, — aller Dinge Stillstes und Leichtestes kam einst zu mir! / Des
Übermenschen Schönheit kam zu mir als Schatten: was gehen mich noch — die
Götter an!...] Aus: Za II Auf den glückseligen Inseln, KSA 4, 111, 18-112, 4.
Geringfügig weicht die Vorlage in Orthographie und Interpunktion ab. 111, 19
hat „ach" statt „oh" (348, 30); 111, 29 hat „das Bild meiner Bilder" statt „das
 
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