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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0639
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616 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

Aufgabe [sc. mit Za] gelöst war, kam die neinsagende, neinthuende Hälfte
derselben an die Reihe". Vgl. zum „Jasagen" NK KSA 6, 108, 20 f.
3
367, 6-22 Zarathustra hat zuerst im Kampf des Guten und des Bösen das
eigentliche Rad im Getriebe der Dinge gesehn, — die Übersetzung der Moral in's
Metaphysische, als Kraft, Ursache, Zweck an sich, ist sein Werk. Aber diese
Frage wäre im Grunde bereits die Antwort. Zarathustra schuf diesen verhäng-
nissvollsten Irrthum, die Moral: folglich muss er auch der Erste sein, der ihn
erkennt. Nicht nur, dass er hier länger und mehr Erfahrung hat als sonst ein
Denker — die ganze Geschichte ist ja die Experimental-Widerlegung vom Satz
der sogenannten „sittlichen Weltordnung" —: das Wichtigere ist, Zarathustra ist
wahrhaftiger als sonst ein Denker. Seine Lehre und sie allein hat die Wahrhaftig-
keit als oberste Tugend — das heisst den Gegensatz zur Feigheit des „Idealis-
ten", der vor der Realität die Flucht ergreift, Zarathustra hat mehr Tapferkeit im
Leibe als alle Denker zusammengenommen. Wahrheit reden und gut mit Pfei-
len schiessen, das ist die persische Tugend.] D'lorio 1993a, 396 f. macht auf
Friedrich von Hellwalds Culturgeschichte in ihrer natürlichen Entwicklung bis
zur Gegenwart als Vorlage für diese Stelle aufmerksam: „Die Religion des Zara-
thustra ist ein einfacher Deismus, indem sie nur Einen Gott, den Schöpfer,
Regierer und Erhalter der Welt erkennt, welcher ohne Gestalt und unsichtbar
ist. Diese Urgottheit (Zaruana akarana) vereinigte doppelseitig in sich einen
weissen oder heiligen und einen dunklen oder finsteren Geist. [...] Die Licht-
seite und die Nachtseite des göttlichen Willens trennten sich ab als doppelte
Wesen: Ormuzd und Ahriman. Die Herren des Lichtes und der Finsterniss strei-
ten sich seitdem um den Sieg, der übrigens von Anbeginn entschieden ist. /
So begegnen wir bei den alten Eräniern zum ersten Male dem Wahngebilde von
einer sittlichen Weltordnung, eine Vorstellung, zu welcher nur höher
gestiegene Völker gelangen und deren Einfluss auf die Culturentfaltung von
unberechenbarem Werthe ist. Daran schloss sich die Lehre von der Auferwe-
ckung der Todten, ebenfalls ein echt zoroastrischer Glaubenssatz. Doch hinder-
ten diese Vorstellungen, welche in der Sprache des modernen Idealismus
geläuterte zu nennen wären, nicht das Fortbestehen eines alten Fetischwahnes
[...]. /130/ So wie die sittlichen Begriffe die Vorstellungen von der Gottheit erfül-
len, wirkt der Irrthum, die Religion, als der stärkste Hebel der Veredelung; am
frühesten haben die Eränier in Persien Göttliches und Sittliches innig zusam-
mengeschmolzen. [...] Wahrheit ist die Grundlage jeder Trefflichkeit, Unwahr-
heit dagegen eine der strafbarsten Sünden. [...] /131/ [...] Wie schon erwähnt,
 
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