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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0684
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II Stellenl<ommentar

Nur Narr! Nur Dichter!
Dieser Dithyrambus entspricht zum größten Teil einem Text aus dem vierten
Teil des Zarathustra, den N. nicht zur Veröffentlichung freigegeben hatte (vgl.
zu 377, 1-378, 11 auch das nachgelassene Gedicht Sonnen-Bosheit in NL 1884,
KSA 11, 28[3], 297 f.; zu 378, 12-29 auch NL 1884, KSA 11, 28[21], 306 f.). Er steht
im Kapitel Das Lied der Schwermuth (KSA 4, 371-374) und wird vom „alte[n]
Zauberer" vorgetragen, der dabei „listig umher" „sah" (KSA 4, 371, 5). Die Fas-
sung in den Dionysos-Dithyramben hat zwei Verse weniger, aber eine Strophe
mehr (vgl. zur Gesamtcharakterisierung und zum Traditionshintergrund ÜK
DD). Thematisches Leitmotiv ist, neben der Titelformulierung, die vergebliche
Suche nach „Wahrheit" und die problematische Rolle des intellektuellen
Außenseiters, der kein Wissenschaftler oder Philosoph im traditionellen Sinne
ist und der religiösen oder metaphysischen Wahrheit nicht mehr huldigt (vgl.
GD Wie die „wahre Welt" endlich zur Fabel wurde, KSA 6, 80 f.). Zur Interpreta-
tion siehe auch Meuthen 1991, bes. 157-167 sowie Kaiser 1986.
377, 1 Nur Narr! Nur Dichter!] Im Druckmanuskript korrigiert aus „Aus der
siebenten Einsamkeit" (KSA 14, 516 u. Groddeck 1991, 1, Tafel 94).
377, 2 Bei abgehellter Luft] Diese Prägung stammt aus den Geist- und Weltli-
chen Poemata des Barockdichters Paul Fleming. N. fand sie, wie schon in
KSA 14, 342 nachgewiesen, als historischen Beleg für das Wort „abhellen" im
ersten Band von Jacob und Wilhelm Grimms Deutschem Wörterbuch. Dort lau-
tet die Definition für „abhellen": „declarare, abklären, den wein abhellen, sich
abhellen, sich aufklären, von lüft und wetter: bei abgehellter luft. Fleming 580"
(Grimm 1854-1971, 1, 56; gemeint ist Flemming [sic] 1651, 580: „bey abgehellter
Luft mit liechten Farben mahlen"). N. hatte sich markante Beispielsätze aus
dem ersten Band des Deutschen Wörterbuchs Ende 1874 exzerpiert, darunter
auch Flemings „bei abgehellter Luft" (NL 1874, KSA 7, 37[1], 826, 19, vgl.
ausführlich NWB 1, 9-11).
377, 3-10 wenn schon des Thau's Tröstung / zur Erde niederquillt, / unsichtbar,
auch ungehört / — denn zartes Schuhwerk trägt / der Tröster Thau gleich allen
Trostmilden — / gedenkst du da, gedenkst du, heisses Herz, / wie einst du durste-
test, / nach himmlischen Thränen und Thaugeträufel] Dass der Tau eine Trös-
tung sei, ist eine in den trockenen Ländern des Orients verbreitete Vorstellung,
die ihren Niederschlag im Alten Testament gefunden hat: „Ich will Israel wie
ein Thau seyn, daß er [sic] soll blühen wie eine Rose" (Hosea 14, 6 — Die Bibel:
 
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