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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0783
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760 Nietzsche contra Wagner. Aktenstücke eines Psychologen

Etudes et portraits hat sich in N.s Bibliothek nicht erhalten, der zweite hinge-
gen schon (NPB 148). Nach dem Kolophon in Bourget 1889a, 1, (369) wurde
der Druck des ersten Bandes bereits am 25. Juli 1888 abgeschlossen. Vgl. zu
Heine NK KSA 6, 286, 14-24.
427, 28 f. deutsches Hornvieh] Vgl. EH Warum ich so gute Bücher schreibe 1,
KSA 6, 300, 25; ebd. 3, KSA 6, 303, 16 und NK KSA 6, 46, 6-8.
427, 30-428, 3 Was endlich Richard Wagner angeht: so greift man mit Händen,
nicht vielleicht mit Fäusten, dass Paris der eigentliche Boden für Wagner ist:
je mehr sich die französische Musik nach den Bedürfnissen der „äme moderne"
gestaltet, um so mehr wird sie wagnerisiren, — sie thut es schon jetzt genug. —
] JGB 254, KSA 5, 198, 28-32: „Was aber Richard Wagner betrifft: je mehr sich
die französische Musik nach den wirklichen Bedürfnissen der äme moderne
gestalten lernt, um so mehr wird sie ,wagnerisiren', das darf man vorhersa-
gen, — sie thut es jetzt schon genug!" Das Verb findet sich schon in Karl Gutz-
kows Dionysius Longinus von 1878, wo es über den „gebildeten Kaufmann"
heißt: „Fängt er aber an, ob nun zu schopenhauerisiren oder zu haeckelisiren
oder wie jetzt Mode ist zu Richard Wagnerisiren oder in einem reproduktiven
Lirum Larum von Versen zu heinisiren oder im Urtheil über Literatur sogar
kritisch zu hebbelisiren, so möchte man rufen: Schuster bleib bei deinen Leis-
ten!" (Gutzkow 1878, 22) Auch der notorische Wagner-Kritiker Eduard Hanslick
beklagte, dass „in Wien alle Gehirne vollständig wagnerisirt" gewesen seien
(Hanslick 1884, 200).
428, 2 „äme moderne"] Über die „moderne Seele" wurde in der zeitgenössi-
schen französischen Kulturpublizistik eifrig debattiert, um festzustellen, dass
diese für die Herausforderungen der Gegenwart womöglich nicht ausreicht.
Entsprechend heißt es in Paul Alberts La litterature frangaise au dix-neuvieme
siecle: „pour apprecier equitablement les oeuvres modernes, il faut se faire non
pas une äme moderne, mais l'äme de l'avenir" (Albert 1882, 1, 2. „Um angemes-
sen die modernen Werke zu schätzen, muss man sich keine moderne Seele,
sondern eine Seele der Zukunft machen". Vgl. ebd., 1, 107 u. Lemaitre 1886a,
78 sowie Faguet 1887, 50). Auch in Marie Baumgartners Übersetzung von UB
IV SE 6 wird der französische Ausdruck benutzt (Nietzsche 1877, 82 f., vgl. den
Nachweis in NK KSA 6, 13, 15-19). Die eigentliche Quelle für N.s Evokation der
„äme moderne" in JGB 254 bzw. 428, 2 dürften jedoch einmal mehr Bourgets
Nouveaux essais de psychologie contemporaine gewesen sein, wo etwa zu
Gedichtzeilen von Charles Marie Rene Leconte de Lisle steht: „Voilä le profond
sentiment d'harmonie qui a souleve l'äme grecque vers une theologie d'un
naturalisme heureux. Les Dieux defilent sur les plages lumineuses, jeunes et
nobles comme aux jours d'Homere: le poete n'a pas besoin des livres des com-
 
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